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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Magier. Wenn du immer alles richtig und gerecht getan hättest, dann hättest du dich nicht so schuldig gefühlt, daß du diesen Händler ermordet hast, um die Frau, die du liebtest, zu bekommen. Sterngucker hätte dich nicht wie einen Fisch am Speer zappeln lassen, als er die zornigen Geister erwähnte, oder doch?«
    Langer Mann ging eine Weile schweigend weiter, dann sagte er: »Ich habe auch Fehler gemacht.«
    »Und weshalb, Magier?«
    »Macht, Sternmuschel, ist von Natur aus weder gut noch böse. Sie existiert einfach. Die Menschen können sie für alles mögliche einsetzen. Wir sind alle mit Fehlern behaftet. Als ich jung war, ich muß es zugeben, war ich eitel. Schließlich war ich ein Zwerg, begehrt, geschätzt und von Geburt an mächtig. Ich brachte den Menschen Glück. Wenn man so aufwächst, sieht man die Dinge nicht, wie sie wirklich sind. Von jedem wird man verhätschelt. Wenn ich um etwas bat, bekam ich es.«
    »Und du wolltest alles.«
    »Ja. Und ich bekam es. Aber ein Mensch will natürlich immer mehr. Ich ging nach Süden zum Schlangenclan und bat um Aufnahme. Da war ich plötzlich niemand Besonderer mehr. Anfangs genoß ich die Anonymität, die Möglichkeit, mich mit anderen zu messen. Du mußt wissen, daß ich immer die Fähigkeit und Klugheit besaß zu erreichen, was ich wollte. Und durch angestrengtes Lernen stieg ich zur Spitze auf. Es half mir, daß ich ein Zwerg bin. Die meisten hegten noch den Glauben an die angeborene, natürliche Überlegenheit eines Zwergs. Und das nutzte ich aus.«
    Sternmuschel beugte sich vor. »Dann bist du, der Urteile über andere fällt, nicht besser als deine Opfer?«
    »Menschen sind eben fehlbar.« Er seufzte. »Der Geist der Macht versteht es, Dinge auszugleichen, junge Sternmuschel. Ich entschuldige mich nicht. Ich habe vieles falsch gemacht… in vollem Bewußtsein. Diesen Händler zu vergiften war eine meiner bösen Taten. Es gibt andere, viel abstoßendere; aber du sollst wissen, daß ich meine Schulden an die Macht und an die Geister zurückzahle.«
    »Wirklich? Ich könnte fast glauben, daß du und die Maske mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede habt.«
    »Wir sind uns sehr ähnlich, junge Sternmuschel. Ich weise jedoch darauf hin, daß ein Mann viel schneller lernt als eine Maske.«
    »Mama, schau!« Silberwasser kam angerannt und hielt eine Dosenschildkröte in den Händen. »Ich habe sie gefunden! Sie hatte sich unter den Blättern vergraben. Darf ich sie behalten?«
    »Meine Kleine, wie denn? Wir haben nichts, wo wir sie hineintun könnten.«
    Silberwasser betrachtete den hübschen Panzer mit den gelben Flecken auf dem Braun. »Wir könnten sie essen. Dann machen wir aus dem Panzer eine Rassel, und ich könnte bei allem, in dem vielleicht ein Geist haust, rasseln.«
    »Und Geister mögen Rasseln nicht?«
    »Nein, Mama. Es stört sie, weil sie beim Klang einer Rassel Lust zum Tanzen bekommen. Und Geister wollen nicht immer tanzen, nur bei den Zeremonien.«
    »Woher weißt du, daß Geister tanzen möchten, wenn sie eine Rassel hören?«
    Silberwasser schürzte die Lippen. »Jemand hat es mir gesagt.«
    »Wer?«
    »Jemand. Ich habe versprochen, es nicht zu sagen.«
    Sterngucker? »Schon gut, Kleines. Wir werden zurückgehen, und dann kannst du alles über die Sterne lernen - wenn wir unsere Aufgabe im Norden erledigt haben.«
    »Es ist zwecklos, Mama. Sterngucker ist tot.« Silberwasser betrachtete noch immer die Schildkröte.
    »Warum glaubst du das?« fragte Sternmuschel leise. Sie merkte, daß Langer Mann ihre Tochter nachdenklich beobachtete.
    »Ich weiß es einfach, das ist alles.«
    Sternmuschel sah den Magier mit Unbehagen an. Sein Schulterzucken verriet ihr, daß er verwirrt war.
    »Kleines, du kannst nicht wissen, daß Sterngucker…«
    »Ich weiß es, Mama!« sagte sie traurig. »Ich weiß es!« Mit diesen Worten rannte Silberwasser, die Schildkröte an die Brust gedrückt, in den Wald.
    Sternmuschel stand wie gelähmt. »Was bedeutet das? So hat sie sich noch nie verhalten!«
    »Angst vielleicht?« Langer Mann kam zu ihr. »Oder Zorn? Es ist sowieso erstaunlich, wie gut sie auf unserer Flucht durchgehalten hat.«
    »Ich werde ihr nachlaufen, sie übers Knie legen und …«
    »Sternmuschel, laß es!« sagte Langer Mann freundlich. »Wenn sie das öfter macht, kannst du sie immer noch bestrafen.«
    Sternmuschel schaute auf den Boden und achtete darauf, wohin sie ihre Mokassins setzte. Die Frage ging ihr nicht aus dem Sinn: Wie kann sie wissen, daß

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