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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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glaube, das hast du doch.« Er hielt inne.
    »Was wirklich ein beängstigender Gedanke ist.«
    Grüne Spinne rollte seine Zunge ein und tat so, als würde er sie verschlucken. »Macht dir angst?
    Überlege, was es mir macht!«
    Schwarzschädel war zufrieden, nur zu atmen, das Gefühl zu genießen, wie die Luft durch seine Lungen strömte.
    Er hob den Kopf. »Wohin, Verdreher? Wie soll einer hier draußen ohne Landmarken die Richtung wissen?«
    »Das Meer ist wie die Seelen.« Mit beiden Händen deutete Grüne Spinne umher. »In der Morgendämmerung, bei der Geburt, ist der Weg deutlich. In der Lebensmitte, im grellen Licht der Mittagssonne, gerät alles ins Schwimmen. Erst am Lebensabend blicken wir zurück und fragen uns, wo wir gewesen sind, was wir versäumt haben und warum.«
    »Jetzt ist Morgen. Die Sonne geht auf. Wo ist das Ufer?«
    »Da!« Grüne Spinne zeigte nach Westen.
    »Dann ist es im Osten, Narr.« Schwarzschädel fand sein Paddel. Er nahm es und paddelte dem Sonnenaufgang entgegen.
    Wie viele sind übrig? Wolf der Toten suchte den weißen Strand ab. Das blaue Wasser war friedlich, als schliefe das Süßwassermeer in traumloser Vergessenheit. Er und seine Krieger waren mit knapper Not dem Ertrinken entgangen. War es dasselbe Wasser gewesen?
    Mit der Hand über den Augen blickte er suchend über die fahlen Sandflächen. Die winzigen Punkte weit im Norden könnten einige seiner Krieger sein. Oder Ilini? Zweifel überfiel ihn. Die Gebiete der Ilini mit zweimal zehn Kanus mit je zehn Kriegern zu durchqueren, das war eine Sache - eine kleine Gruppe Khota in Feindesland zu sein dagegen eine andere.
    Er kniff die Augen zusammen. Wie der Wolf, von dem seine sagenhaften Ahnen abstammten, witterte er die Luft, sog die feuchte Frische des Morgens tief ein. Dabei spielte ein grausames Lächeln um seinen Mund.
    Mit besorgter Miene kam Grizzlyzahn zu ihm. Seine Faust umschloß das Atlatl an seinem Gürtel.
    »Siehst du jemanden?«
    »Ich kann nur eine kleine Gruppe von Menschen weit draußen sehen.« Wolf der Toten zeigte in die Richtung. »Auf diese Entfernung kann ich nicht erkennen, ob es Khota sind oder Ilini. Dieses verwünschte Land ist zu voll von ihnen.«
    »Sieht nicht so aus, als wären es Khota.« Grizzlyzahn begann die Umgebung abzusuchen. »Nichts, nur Wasser, Sanddünen und dieses dünne Gras.«
    »Wie viele haben wohl überlebt, was meinst du?«
    Grizzlyzahn seufzte und blickte aufs Wasser. »Ich weiß nicht. Wir wären selbst ertrunken, wenn Mondnarbe nicht so klug gewesen wäre, uns sofort vor den Wind zu bringen und ans sichere Ufer zu steuern. So haben wir es gerade noch geschafft.«
    »Und Perle und der Wasserfuchs?« Wolf der Toten richtete seine Aufmerksamkeit nach Osten und suchte vergebens nach Booten.
    »Wer weiß?« Grizzlyzahn nahm eine Handvoll Sand und ließ ihn durch die Finger rinnen. »Das Kanu des Händlers ist groß; es liegt hoch im Wasser. Ist es im Sturm gekentert, oder haben sie das Unwetter heil überstanden?«
    »Woher soll ich das wissen? Was weiß ich vom Süßwassermeer? Vielleicht sind sie ertrunken. Um ein Haar wäre uns das selbst passiert.« Lebst du, Frau? Und du, Wasserfuchs? Seid ihr dort draußen?
    Lacht mich aus? Wolf der Toten schloß die Augen, um mit der Seele zu suchen. Was bedeutete dieses Gefühl? Konnte er sie dort draußen spüren? Am Ende siegte der nüchternen Verstand des Kriegers.
    »Ich denke… ich denke, sie sind am Leben. Dieses große Kanu mit dem Kiel könnte das Unwetter überstanden haben. Wir müssen wohl davon ausgehen, daß sie am Leben sind.«
    Grizzlyzahn brummte und ließ den Sand weiter zwischen seinen Fingern hindurchrinnen.
    »Unsere einzige Rettung ist, sie zur Strecke zu bringen, sie zu töten und ihre Köpfe nach Hause zu bringen, um allen Völkern zu zeigen, daß niemand die Khota beleidigt.« Wolf der Toten fuhr mit der Zunge über seine Zahnlücke. »Nun zeig mir die Lage dieses Süßwassermeers.«
    »Ich habe gehört, daß es so aussieht.« Grizzlyzahn zeichnete eine lange Schleife in den Sand. »Hier sind wir hergekommen, an der Südwestseite. Dieses Ufer südlich von uns zieht sich an gewaltigen Sanddünen vorbei nach Osten. Dann verläuft die Küste nach Norden.«
    Grizzlyzahn zeichnete noch eine Schleife wie einen großen Daumen in den Sand. »Das ist das Land hinter dem Ostufer. Wie du siehst, ist es eine große Halbinsel. Der größere Teil des Süßwassermeers liegt auf der anderen Seite. Ich bin noch nie hier gewesen. Ich

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