Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen
sich die Hände hinter die Ohren, um besser hören zu können.
»Verdreher!« schrie Otter, Perle mußte grinsen. »Na schön, Grüne Spinne, hör genau zu. Perle und ich möchten, daß du jedes Wort verstehst. Wir wollen unbedingt, daß du unsere geheimsten Gedanken hörst.«
Grüne Spinne stieß einen Seufzer aus, bevor er enttäuscht an seinen Platz zurückkroch und wieder zum Paddel griff.
»Was wolltest du sagen?« fragte Perle.
»Hm? Ach… Rote Mokassins.« Noch immer schaute Otter unruhig zu dem Verdreher. Sei ehrlich, Otter! »Das ist für immer vorbei. Nehmen wir mal an, Viertöter würde sich von Rote Mokassins trennen. Sie würde mich nicht nehmen, Perle, und ich sie nicht. Sie wird das Gebiet des Riesenschilfclans nie verlassen. Und ich werde niemals nur zu Hause bleiben und ein verantwortungsbewußter Ehemann sein können.«
Perle drehte sich, um seinem Blick zu begegnen. »Ich kann nicht in ihrem Schatten leben, Otter.«
Ernst sagte er: »Du wirfst deinen eigenen Schatten. Während des Unwetters wurde mir klar, wie sehr ich dich liebe.«
»Warum hast du nichts gesagt?«
Otter zuckte unglücklich mit den Schultern. »Warum? Weil ich Angst hatte. Angst, dich zu erschrecken. Nach dem Sturm schienst du unschlüssig.«
»Das ist richtig - aber nur, weil du schuldbewußt wie ein Dieb ausgesehen hast!«
»Weil ich dachte, noch einen Mann abzuwehren, wäre zuviel für dich! Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
Sie senkte den Kopf und betrachtete ihr Spiegelbild im Wasser. Es zitterte in den kleinen Wellen, die der Verdreher beim Paddeln machte.
»Behandelst du Frauen immer, als hättest du es mit Mokassinschlangen zu tun, denen man besser aus dem Weg geht?«
»Es gehört nicht viel dazu, sich unbeliebt zu machen.« Beide paddelten jetzt nicht mehr.
»Bei den heiligen Ahnen, wirst du von jetzt ab mit mir reden ? Was die Khota mir angetan haben, habe ich hinter mir, Otter. Grüne Spinne, na ja, in der Nacht, als er die Wurzel verbrannte, zeigte er mir einen Weg aus meiner Qual.«
»Er ist eben etwas Besonderes.« Otter blickte zum Himmel, wo die ersten Abendsterne leuchteten. Er atmete tief ein und genoß den kühlen Geruch des Wassers.
»Ja.« Mit einem Lächeln nahm sie seine Hand. »Und Schwarzschädel auch. Ihr alle seid mir mehr zur Familie geworden als meine richtigen Verwandten. Aber sag mir, Otter, was wird, wenn wir zum Weißmuschelclan zurückkehren? Werde ich in Gegenwart von Rote Mokassins leiden müssen?«
Er rieb ihren Handrücken. »Leiden? In ihrer Gegenwart? Das glaube ich nicht. Wenn wir das hier überstehen und zurückgehen, ist es sowieso nicht für lange. Ich habe ein Abkommen mit Großmutter; sie wird mich nicht halten.«
»Und wenn sie es doch tut?«
»Dann würde ich einfach gehen. Das habe ich oft genug gemacht.«
»Das löst nicht das Problem, Otter. Welche Rolle übernehme ich in deinem Leben?«
Er beugte sich vor und wollte sie in seine Arme ziehen, aber sie ließ es nicht zu.
»Aufrichtiger als jetzt kann ich nicht sein«, sagte er, und schob dabei Haarsträhnen von ihren weichen Wangen. »Rote Mokassins war meine Geliebte. Ihr Verantwortungsbewußtsein hat ihre Entscheidungen beeinflußt - und das war richtig. Aber jetzt… ich möchte dich lieben, Perle. Willst du das? In der Nacht des Unwetters waren wir uns so nah, arbeiteten Hand in Hand, taten, was wir beide gern tun. Ich kann mir keine Frau außer dir vorstellen, die bereit wäre, mein verrücktes Leben zu teilen.«
Sie schmiegte sich jetzt eng an ihn. Mit einem Glühen in den Augen schaute sie ihn von der Seite an.
»Und wenn wir ein Liebespaar werden sollten? Wie wird die Zukunft, Wasserfuchs? Für wie lange werden wir Gefährten sein?«
»Für immer, wenn es nach mir geht. Vielleicht würdest du mich sogar irgendwann heiraten.«
»Das solltest du dir lieber noch mal überlegen.« Sie neigte den Kopf. »Was bedeutet dir eine Ehefrau?
Erkläre es mir. Die Ilini leiten ihre Abstammung von den Männern her. Das Kind einer Frau gehört dem Mann. Besitz gehört dem Mann. Deshalb konnte Forelle sagen, er würde mich heiraten.
Aber bei den Weißmuschelleuten hat die Mutter das Recht zu sagen, wen du heiraten darfst, wen nicht.
Mein Clan hat mich bereits dem Khota gegeben, und wenn sie erführen, daß ich Schande über sie gebracht habe, würde ihnen das sicher nicht gefallen. Ich denke, mein Bruder würde mich töten.
Glaubst du, deine Mutter würde dir erlauben, mich zu heiraten?«
»Ich
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