Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
offenbar gang und gäbe.
    Andererseits sorgten die Menschen sehr gut für ihre Familien. Ein fünfzehnjähriger Junge litt an einer Spina bifida - ein Defekt, bei dem die Wirbelkörper sich nicht um die Wirbelsäule schließen, sondern auseinander klaffen. Dieser Defekt führt zu verschiedenen Krankheitserscheinungen: Rückgratverkrümmung, Atrophie der Beine, Geschwürbildungen und gefährliche Entzündungen.
    Bevor dieser Junge starb, hatte er seinen rechten Fuß verloren, dessen Stumpf entzündet und vereitert war. Der Junge war vermutlich mindestens drei Jahre lang schwerstbehindert gewesen. Dennoch war er am Leben geblieben; jemand hatte ihn genährt, gesäubert und herumgetragen, während das Dorf brutale Überfälle unternahm und vielleicht sogar in einen Krieg verwickelt war. Irgendjemand hatte diesen Jungen sehr geliebt.
    Vielleicht waren die Menschen von Windover doch nicht so viel anders als wir.

Einleitung
    Janet Mabry-Catton sah zum zehnten Mal auf ihre Uhr und seufzte. Sie saß am Waldrand und blickte über den weißen Meeresstrand. Möwen schössen auf ihrer Jagd nach Essbarem mit schrillen Schreien vor den Wellen her. Sie fragte sich beiläufig, ob auch Vögel jemals eine so niederschmetternde Enttäuschung erlebten wie sie an diesem Tag.
    Sie hob einen Kiefernzapfen auf, um den süßlichen Duft zu riechen. Nach fünfzehn Jahren Archäologie hatte sie sich ein gerüttelt Maß an Gefühlen der Ohnmacht und Entmutigung angeeignet.
    Das eine wie das andere war so unvermeidlich wie die Schwerkraft. Natürliche Prozesse wie Erosion und Zerfall, sogar Wurzeln und grabende Tiere, wirkten im Laufe der Zeit zusammen, um archäologische Zeugnisse Stückchenweise zu zerstören.
    Die Verstädterung in Amerika war ein weiteres Problem. Janet hatte ihren Teil geleistet; sie war wie verrückt umhergekrochen, als Bulldozer um sie herumbaggerten und dröhnten.
    Sie sah über ihre Schulter zurück. Bei der Stätte, die im Schatten des kühlen Waldes hinter ihr lag, würde alles wieder genauso verlaufen. Bald würde dort die Erschließung von Bauland einsetzen, und sie würde verzweifelt herumrennen, um irgendwo ein winziges Stückchen zu retten.
    Sie hatte sich oft gefragt, warum. Sie war manchmal ganz sicher, dass es da draußen Menschen gab, die sich wirklich für Amerikas großartige Vergangenheit interessierten, die liebend gern mehr über die faszinierenden Kulturen erfahren hätten, die sich dort entwickelt hatten.
    Aber dann gab es Tage wie diesen - voller Resignation darüber, dass kein Mensch sich darum kümmerte.
    Als sie den klapprigen alten Lastwagen über den Strand kommen sah, holte sie tief Luft und versuchte, sich für das Kommende zu wappnen, und wischte mit ihren klammen Händen über ihren braunen Rock.
    Wer hätte je gedacht, dass es einmal so weit kommen würde?
    Der Lastwagen kam quietschend zum Stehen; Johnny Grady stieg aus, der Verbindungsmann seines Stammes zur Erhaltung der kulturellen Errungenschaften. Ihm folgte ein Mann in einem blauen Anzug, den Janet noch nie gesehen hatte. Grady hielt die Tür auf und wartete. Nach einer Weile stieg ein sehr alter Mann vorsichtig aus; er trug lange silberne Zöpfe, und sein Gesicht glich einem verwitterten Fels. Grady und der Mann in Blau kamen auf sie zu, aber der alte Mann trippelte zur Brandung, das Gesicht emporgewandt, als wollte er den Sprühregen genießen.
    Grady hielt die Hand wie einen Trichter vor den Mund und rief: »Dr. Mabry-Catton, tut mir Leid, dass wir uns verspätet haben.«
    Janet erhob sich, wischte den Sand von ihrem Rock und versuchte, liebenswürdig zu lächeln.
    Grady hatte einen Gang, der anmaßend wirkte; mit großen, wiegenden Schritten kam er näher. Seine hellbraunen Shorts, seine Sandalen und sein gelbes T-Shirt, alles schien neu zu sein. Seine irische Hälfte kam in dem schmalen sommersprossigen Gesicht und seiner aufgeschossenen schlanken Figur zum Ausdruck. Zwei lange schwarze Zöpfe hingen ihm über die Brust. Der Stamm hatte ihn erst vor drei Monaten in sein Amt berufen, aber inzwischen hatte er schon ganz Florida in Angst und Schrecken versetzt.
    Als der Mann im blauen Anzug näher kam, stellte Janet fest, dass sie ihn tatsächlich nicht kannte. Er war etwa fünfundvierzig Jahre alt, etwa 1,75 groß und hatte kurz geschorenes schwarzes Haar.
    Johnny stellte ihn vor: »Dr. Mabry-Catton, das ist Peter Samson, der Anwalt des Stammes.«
    Samson betrachtete Janet prüfend; da war ein Funkeln in seinen dunklen Augen.

Weitere Kostenlose Bücher