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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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lächelnd, als kenne sie allein das Geheimnis der flutenden Wasser, die der Meerfrau gehorchen. Wenn sie so lächelte, sah man die scharfen Spitzen ihrer Zähne, die Rotalge an ein Haifischmaul erinnerten. Ihre Mutter lachte immer zu viel und verschenkte Taschen voller Schmuckstücke - Muschelarmbänder, Perlenketten, Haarnadeln aus Gehäusen der Wellhornschnecke und Halsbänder aus Gehäusen der Blutzahnschnecke, Dinge, die sie beim Spielen gewonnen hatte. Aber mit ihren Kindern verbrachte sie weniger als eine Zeithand am Tag, und wenn Teichläufer oder Rotalge versuchten, sie zu umarmen, oder ihre schönen Halsbänder berührten, schlug ihnen Schwarzer Regen auf die Hand und schob sie weg.
    »Teichläufer! Jetzt sieh dir das an! Du hast mir Sand auf mein Gewand gestreut! Mutter, der wird sein Leben lang wie ein wildes Tier sein, wenn du ihm keine Manieren beibringst. Und jetzt lauf, Teichläufer. Lauf weit weg, ich will dich nicht mehr sehen. Du auch, Rotalge, ich habe euch beide satt.«
    Als sie älter geworden waren, liefen Teichläufer und Rotalge einfach weg, sowie sie ihre Mutter kommen sahen. Sie hatten auch versucht, sich im Wald zu verstecken, aber irgendjemand fand sie immer und zerrte sie zurück. Dann hatten sie entdeckt, dass man durch hohle Schilfrohre aus dem Moor atmen konnte und dass es möglich war, beschwert von Korallen überall auf dem Grund irgendeines Gewässers versteckt zu bleiben. Da fand sie niemand, nicht einmal ihre Großmutter.
    Rotalge stapfte den Pfad zum Mittelpunkt des Dorfs hinauf. Die Hütten standen leer, Lebensmitteltaschen schwangen im Wind, und die Hunde lagen im kühlen Schatten unter den Dächern. Kinder und Erwachsene umringten gedrängt die Ratshütte. Sie blickten Rotalge verstohlen entgegen, die Frauen stumm, und die Männer flüsterten hinter vorgehaltener Hand.
    Rotalge blieb um Atem ringend stehen.« Wo ist meine Großmutter? Sie hat nach mir geschickt.«
    Ihre Tante, Muschelglanz, eine korpulente Frau mit buschigen schwarzen Augenbrauen, drängte sich durch die Menge und führte Rotalge etwas weiter weg. Sie legte ihr eine Hand auf die Schulter; die kleinen Schneckengehäuse ihres Armbandes glitzerten in der Sonne. »Mondschnecke hat deine Mutter zu ihrer Hütte gebracht, damit sie beim Gespräch auch Teichläufer im Auge behält«, murmelte sie.
    »Sei vorsichtig, Rotalge. Deine Mutter benimmt sich wie ein Geier, der Aas gerochen hat.«
    »So benimmt sie sich immer, Tante«, sagte Rotalge und deutete auf die Menge. »Glauben meine Verwandten etwa, dass ich mich auf die Seite meiner Mutter stelle? Sehen sie mich deswegen so misstrauisch an?«
    »Sie wissen nicht, was sie glauben sollen. Wir fürchten, dass Schwarzer Regen um Wiederaufnahme in den Clan bitten will.«
    Rotalge reckte das Kinn hoch. »Also ich stimme jedenfalls dagegen.«
    Muschelglanz lächelte düster. »Ich auch, selbst wenn sie meine Schwester ist. Sie hat zu oft Schande über unser Dorf gebracht. Aber davon später. Du gehst jetzt besser zu deiner Großmutter, Rotalge. Ich kümmere mich hier um alles.«
    »Bist du sicher, dass du keine Hilfe brauchst?«
    »Ja. Ich habe das boshafte Gesicht meiner Schwester gesehen. Ich glaube, da erwartet dich etwas Unerfreuliches in der Hütte deiner Großmutter. Geh jetzt, damit du es bald hinter dir hast. Komm heute Abend in meine Hütte. Dann erzähle ich dir, was heute hier vorgefallen ist.« »Vielen Dank, Tante.«
    Ein angsterfülltes Gemurmel erhob sich, als Rotalge weiterging. Sie wusste, wie ihnen zumute war, sie hatte sich ja selbst seit Tagen unwohl gefühlt. Erst Hundszahns Besuch bei den Vier Leuchtenden Adlern, dann hatte Teichläufer den Tod gestreift, und nun war ihre Mutter zurückgekommen.
    Vielleicht ging die Welt bald unter.
    Der Wind hatte aufgefrischt. Eichenäste knirschten und ächzten klagend, und das hängende Moos wurde herumgeworfen. Rotalge machte einen Bogen um die Halde, auf der die leeren Muscheln von gestern Abend jetzt in der Sonne trockneten. In wildem Durcheinander wogten Möwen flügelschlagend über dem stinkenden Hügel; sie bekämpften sich in der Hoffnung, etwas Muschelfleisch oder eine Auster zu erwischen. Ihr Gekreisch beschallte das Dorf den ganzen Tag.
    Die Hütte ihrer Großmutter kam in Sicht. Rotalge atmete tief ein, um sich zu wappnen.
    Schwarzer Regen lagerte anmutig auf einem Stapel Decken am Nordende der Hütte und starrte abwesend zum Dach hinauf, während Rotalges Großmutter Teichläufer einen Becher mit

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