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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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mit Hilfe einer Spindel das Herz eines Verwandten heraus und schob es sich in die eigene Brust.
    Als Nordlichts zweite Schwester verschwunden war, ging Spannerraupe tagelang von einem Familienmitglied zum andern mit der Bitte, ihm zu helfen, Nordlicht zu töten. Beide waren damals sehr jung gewesen, Spannerraupe dreizehn, Nordlicht vierzehn Jahre alt. Spannerraupes Anschuldigung hatte man sehr ernst genommen. Nordlicht, erzählte man sich, hatte wirklich um sein Leben gebangt. Zauberei wurde mit dem Tode bestraft, und des Schlafmachers eigene Familie hatte das Urteil zu vollstrecken. Wenn sie ihn getötet hatten, warfen sie ihn in ein Grab, Gesicht nach unten, und bedeckten den Leichnam mit schweren Sandsteinplatten, damit sein Geist nie mehr entwischen konnte. Allein und im Dunkeln eingeschlossen, klagte der Geist in alle Ewigkeit. Aber niemand hörte ihn. Niemand konnte ihn retten.
    Rehkitz schrak zusammen, als ein Schwarm Blauhäher über den Canyon-Rand strich. Gegen den flimmernden Hintergrund der Abendleute wirbelten sie herum wie windzerstreute schwarze Blätter. Vor langer Zeit hatten die Häher als heilige Spaßmacher unter ihrem Volk gelebt; sie hatten getanzt, die Leute zum Lachen gebracht und sie über Dinge des Geistes unterrichtet. Dann hatten sie sich dafür entschieden, als Vögel wiedergeboren zu werden, damit sie über das Volk der Mogollon wachen konnten.
    Wacht über mich, meine Schutzgeister, ich fürchte, ich habe heute euren Schutz nötig. Nordlicht wisperte: »Sag mir das nicht! Ich … ich kann das nicht.«
    Rehkitz schaute zu ihm hinüber. Er hielt eine Hand zu jemandem ausgestreckt, den sie nicht sehen konnte. Sie ballte die Fäuste über ihrem Leib und wartete ab. Wie ungestüm es sie auch drängte, wegzulaufen - sie konnte nicht. Es wäre eine Schande für ihren Meister und würde ihr eine schauderhafte Bestrafung einbringen.
    Im letzten Mond hatte das Eheweib von Gesegnete Sonne Rehkitz als Sonnenwend-Mädchen ausgesucht. Es war eine Wahl zwischen Rehkitz und ihrer besten Freundin, Trauertaube, gewesen, was sie beide sehr erfreut hatte. Gewöhnlich wurde diese Ehre älteren und klügeren Sklavinnen zugesprochen. Deswegen erfüllte Rehkitz ihre Aufgaben mit besonderer Sorgfalt. Sie wusch die Priestertracht mit Yucca-Seife und Kiefernnadeln, um ihr Wohlgeruch zu geben; sie hielt seine heiligen Kräuter an ihr Herz gedrückt, um ihren Geist warmzuhalten; sie sorgte dafür, daß das Blut seiner Fleischspeisen nicht auf den Boden tropfte, um nicht den Geist seiner Tierhelfer zu beleidigen. Ungeachtet ihrer Jugend versuchte sie, das beste Sonnenwend-Mädchen zu sein, das es je gegeben hatte.
    Aber als das Kind in ihrem Bauch wuchs, wurde die Arbeit immer schwerer.
    Nordlicht erhob sich mühsam und stand auf zittrigen Beinen. Die Türkis- und Jett-Armbänder flimmerten und funkelten im silbernen Licht.
    Sie rief: »Ältester, geht es dir gut?«
    Er fuhr herum, die Glöckchen an seinem Kupferhalsband klingelten wild. Seine Augen wurden riesengroß. »Wer - wer bist du?«
    »Ich bin Rehkitz. Erinnerst du dich nicht?«
    Als der Sonnenaufgang näher rückte, raste das böse Geisterkind, Windjunge, durch den Canyon, drückte die dürren Kräuter zu Boden, wirbelte Staub auf und pfiff um die Felsblöcke herum. Es zerrte am Putenfeder-Umhang von Rehkitz und bohrte mit eiskalten Fingern in ihr weißes Kleid. Sie erschauerte.
    »Rehkitz?« Nordlicht kam zu ihr wie ein Mann, der sich durch ein Nest von Klapperschlangen tastet. »Du bist Rehkitz?«
    »Ja, Ältester.«
    Ein heißes Gefühl wallte in ihr auf. Was für ein schöner Mann! Er hatte eine gerade Nase und volle Lippen. Als er ein kleines Kind war, hatte ihm das Wiegenbrett den Hinterkopf flachgedrückt, und das hatte seine Backenknochen noch betont und seine tiefliegenden braunen Augen zur Geltung gebracht. Wenn seine Mokassins auf den Boden auftrafen, klingelten die an den Schnüren befestigten Muscheln melodisch. In seinem knielangen Hemd, aus feinster Baumwolle gewoben, zeichnete sich jeder Muskel ab.
    Er sieht aus wie einer der heiligen Himmelgötter, die auf die Erde gefallen sind.
    Eine Handbreit vor ihr blieb er stehen und sagte mit gequälter Stimme: »Ich habe gebetet, du wärst nicht hier; warum bist du hier?«
    »Ich bin das Sonnenwend-Mädchen in diesem Sonnenkreis. Ich gehe, wohin du gehst. Ich tue, was du mir befiehlst.«
    Sie nahm seinen Arm und führte ihn sanft den Pfad hinab. Sie betraten ein Gehölz zurückgestutzter

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