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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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funkelten im Licht.
    Der Rabe machte einen Hüpfer in die Luft und kam Maisfaser näher, den Kopf neugierig etwas auf die Seite gelegt.
    Auf der vollen Plaza drehten sich jetzt ihre Verwandten nach ihr um und flüsterten hinter vorgehaltener Hand.
    »Also hör mal, Bruder«, sagte sie und deutete auf die Leute. »Jetzt hast du's wieder geschafft, jetzt flüstern sie wieder über mich. Willst du, daß sie mich für eine Hexe halten? Wir sind der Ameisen-Clan. Wir mögen das Rabenvolk nicht. Deswegen scheuchen wir euch immer aus unseren Dörfern hinaus. Seit der Schöpfer uns seinen Atem eingehaucht und uns zum Leben erweckt hat, hat das Rabenvolk die Ameisenleute verschlungen. Warum sollte ich dich füttern, wo du so viele meiner Ahnen im Bauch hast?«
    Der Rabe ließ ein tiefes klagendes Krächzen hören und plusterte sich auf, als wäre er über die Bemerkung verstimmt.
    »Nein«, sagte Maisfaser.
    Sie nahm den Handstein und schlug auf die Mahlsteinplatte mit den roten Maiskörnern ein. Nach jedem scharfen Schlag schob sie ihren Handstein hin und her, zermalmte die Körner und mahlte sie zu grobem Mehl. Es dauerte ewig.
    Der Rabe bat mit klopfenden Lauten aus seiner Gurgel.
    »Nein! Nichts bekommst du! Und jetzt flieg weg!«
    Der Rabe reckte seinen schwarzen Hals und krächzte laut. Er schlug mit den Flügeln. Die Kinder aus Zikades Gruppe liefen auf die Plaza und sammelten sich neben der Kiva, wo die langhalsigen Wasserkrüge standen. Während sie sich noch stritten, wer als erster trinken durfte, deuteten einige mit großen Augen auf Maisfaser. Zikade kam "nun mit den Nachzüglern auf die Plaza und erstarrte, als sie den Raben sah.
    Maisfaser schaute den großen Vogel düster an. »Was stimmt nicht mit dir? Jeden Tag scheuche ich dich weg. Werfe Steine nach dir. Schrei dich an. Und nichts klappt. Bist du vielleicht Coyote, der tückische Gauner, und hast dich verkleidet? Bloß um zu sehen, wieviel Unheil du anrichten kannst?« Coyote hatte einen schlechten Ruf. Nachdem die Ersten Menschen von den Unterwelten emporgestiegen waren, hatte sich Coyote im Gras versteckt, den langen Penis aufgerollt in einem Korb auf seinem Rücken. Er hatte sich nicht gerührt, bis die erste Frau vorbeikam; dann hatte er den Penis aufgerollt und ihn durchs Gras hinter ihr herschlittern lassen. Als sie das sah, hielt sie das Ding für eine Schlange, nahm einen festen Zweig und hub an, den Penis halb totzuschlagen. Seit dieser Zeit hegte Coyote einen Groll - nun schon seit Tausenden von Sonnenkreisen. Er rächte sich, wo immer er konnte, brachte Menschen zu Fall, narrte sie und lenkte sie auf der Jagd in die falsche Richtung. Maisfaser beäugte den Raben. Sie warf ihm wiederholt kleine Stückchen Mais hin. »Und jetzt geh!« Der Rabe verschlang sie, faltete zufrieden die Flügel zusammen und hüpfte näher.
    »Heilige Thlatsinas«, schrie sie. »Geh weg!« Sie wedelte wütend mit den Armen und rief: »Mach, daß du weiterkommst! Laß mich in Ruhe! Fort mit dir!«
    Der Rabe zog nur den Kopf ein und wartete ab, bis sie aufhörte zu schimpfen. Als Maisfaser die Arme wieder fallen ließ, richtete er sich auf und machte versuchsweise einen Schritt auf sie zu. Mürrisch schöpfte sie das Maismehl von ihrer groben Platte ab und schüttete es in die schwarzweiße Schale neben sich. Dann stand sie auf und ging zum Feuer.
    Der Rabe hüpfte ihr nach, mit ausgestreckten Flügeln das Gleichgewicht haltend.
    Die Kinder bei der Kiva schubsten sich gegenseitig an; eines stieß darauf einen schrillen Schrei aus, und alle rasten durch die kollernden Truthennen, die nach allen Richtungen auseinanderstoben. Federn flogen in die Luft und schwebten kreiselnd über die Plaza.
    Die Erwachsenen tuschelten besorgt. Auf Kleeblatts altem Gesicht sah Maisfaser einen Blick äußerster Mißbilligung.
    Sie schüttete den Inhalt der Mehlschale in den Topf über der Glut und rührte mit einem Löffel darin herum, bis die Maisbröckchen dampften, etwas Feuchtigkeit ausschwitzten und sich leicht bräunten. Die Feuchtigkeit beschleunigte den Verderb; die Erwärmung sorgte also dafür, daß der Mais sich länger hielt und besser schmeckte. Sie rührte noch eine Weile und schöpfte dann den grob gemahlenen Mais mit dem Löffel wieder in die Schale.
    Aller Augen ruhten auf ihr, als sie sich erhob und in ihren Mokassins geräuschlos auf dem festgetretenen Boden der Plaza zu ihren Mahlsteinen zurückkehrte. Der Ameisen-Clan verputzte die Häuser mit einem rostbraunen Mörtel,

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