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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Träumer-Der-Heimgeht oder Wolfgeborenes Wasser. Das wären Namen von großer Macht. Er würde das Düne gegenüber einmal andeuten. Kreuzdorn trottete gutgelaunt nach Hause zurück. Das Licht hatte sich zu einer rostroten Tönung abgeschwächt, die die Klippen dunkel zinnoberrot färbte. In der Nacht wurden die Gerüche aus der Wüste intensiver, der Beifuß roch stechender, der Wacholder kräftig und würzig.
    Er stapfte durch ein Dickicht von Schneebeeren und sah Düne herauskommen. Der alte Mann stellte sich vor das Haus und faltete seine stockdünnen Arme. Die weißen Haare umrahmten sein runzliges Gesicht.
    Grinsend rannte Kreuzdorn auf ihn zu. »Ist das nicht ein herrlicher Abend, Ältester? Sieh nur diese Farben.« Düne fragte grollend: »Was ist los mit dir?« Kreuzdorn erstarrte. »W-wie bitte?« »So trägt man doch den heiligen Beifuß nicht! So ein Durcheinander! Willst du den Geist der Pflanze beleidigen? Bring Ordnung in die Zweige. Lege jeden in die Armbeuge, als wäre es ein Kind, das du liebst. Behutsam. Einen auf den andern. Steh nicht da herum. Laß die Zweige fallen und ordne sie. Jetzt!«
    Kreuzdorn warf seine Last hastig ab und nahm die Zweige wieder auf, wie ihm befohlen war, behutsam, einen nach dem andern. Doch er wunderte sich über diese Verrücktheit. Was machte es dem Geist der Pflanze aus, wie er die toten Zweige trug?
    Als er fertig war, hielt ihm Düne den Türvorhang auf, und Kreuzdorn trat ein. Er legte die Zweige neben der Feuergrube in der Mitte des Raums ab und schaute sich um.
    Was für ein armseliger Ort! Düne besaß fast nichts. Eine flache Steinplatte und ein Handstein, um Körner zu mahlen, lag neben der Tür. Daneben standen ein großer Wasserkrug und zwei Tontöpfe, einer für Maismehl und einer für Dörrfleisch. Maiskolben, Kürbisse, Sonnenblumen und andere Pflanzen hingen von den Dachbalken herab. Rechts von Kreuzdorn, in der Ecke, lehnte ein wackeliger Stapel bunter Körbe. Zwei einfache graue Decken waren an gegenüberliegenden Wänden aufgerollt. Keine Matten lagen auf der kalten Erde, keine Malereien schmückten die rußverdreckten Lehmwände. Düne trat ein und seufzte erschöpft. Er deutete auf den Holzstapel. »Mach Feuer. Unter der Asche ist noch Glut.«
    »Jawohl, Ältester.«
    Mit einem Stock stocherte er in der Feuergrube und trennte die Glut von der Asche. Als er ein Gluthäufchen in der Mitte der Mulde hatte, legte er vier kleinere Holzstücke obendrauf und blies vorsichtig. Weiße Asche wirbelte hoch. Langsam wurde die Glut feuerrot, und um das Häufchen in der Mitte schlugen Flammen hoch. Kreuzdorn legte weiter Holz auf und beobachtete den Heimatlosen. Der alte Mann stellte den Dreifuß auf, hängte den rußbefleckten Teekessel in die Mitte, ließ sich dann auf den Boden fallen und seufzte.
    Kreuzdorn fragte: »Ältester, wie kommt es, daß du keine Thlatsina-Bilder an den Wänden hast? Du bist ihr größter Verkünder. Du solltest wirklich welche haben, und das würde auch dein Haus verschönern. Wenn du willst, würde ich das sehr gern für dich machen.«
    Düne kniff die Augen zusammen. »Malereien und Besitz sind für Leute, die für längere Zeit im selben Haus schlafen wollen. Dazu gehöre ich nicht.«
    »Oh, verzeih.« Er hielt inne und verengte die Augen zu Schlitzen. »Ich hatte gedacht, du hättest hier schon immer gewohnt. Schwarzer Tafelberg wußte gleich, wo du zu finden wärst, und deshalb nahm ich an-«
    »Seit vierundvierzig Sommern.«
    Kreuzdorn schaute ihn an. »Du wohnst hier seit vierundvierzig Sommern?«
    »Fast fünfundvierzig.«
    »Also…« Kreuzdorn blinzelte verwirrt. »Wenn das so lange Zeit dein Heim gewesen ist, wo willst du denn schlafen, wenn nicht in diesem Haus?«
    Der alte Mann hob seine buschigen weißen Brauen. »Unter einer Steinplatte, wenn ich nicht aufpasse.«
    »Ältester! Über Hexerei darfst du dich nicht lustig machen.«
    »Warum nicht?« Düne kratzte sich an der Seite.
    »Heilige Thlatsinas! Mein Clan hat mich zum Lernen hergeschickt, damit ich mal ein Geistsinger werde. Es wäre nicht sehr gut für mich, wenn die Leute hinter vorgehaltener Hand tuschelten, daß mich ein Mann ausgebildet hat, der nachts im Körper eines Luchses durch die Wüste saust.« Die tiefen Falten in Dünes Gesicht verschoben sich, als er grinste.
    Kreuzdorn stand auf und deutete nervös zur Tür. »Ich … ich habe mein Bündel draußen gelassen. Da drin sind Kuchen aus blauem Mais; meine Mutter hat sie für uns zum Abendessen

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