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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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sie aneinander vorbei. Manchmal zogen sehr mächtige heilige Personen staunend die Luft ein und starrten sie an, als erkennten sie Slumber wie durch dichten Nebel, und einige wenige versuchten sogar, mit ihr zu sprechen. Aber das klappte nie. Sie konnte ihre Sprache nicht verstehen, und sie verstanden Slumbers Sprache nicht. Maggie sagte: »Noch vor einem Jahrhundert hat die Bundesregierung dieses Landes die Religionen der Ureinwohner verboten. Der erste Verfassungszusatz, der die freie Religionsausübung garantiert, habe für Indianer keine Gültigkeit. Darum ging es am Wounded Knee. Die Leute machten ihren Geistertanz, und es war ihnen gesagt worden, das sei gegen das Gesetz. Die Soldaten schössen über hundert Männer, Frauen und kleine Kinder tot.«
    »Ich glaube«, betonte Ms. Fenton übertrieben höflich, »daß da mehr dahintersteckte.« »Ja.« Maggie nickte. »Das ist richtig. Ich will sagen, daß der Kongreß 1978 das Gesetz Nr. 95-341 verabschiedete, den American Indian Religous Freedom Act. Das Gesetz erkannte vergangenes Unrecht an und garantierte, daß es von nun an die Politik der Vereinigten Staaten sei, das Recht der Indianer zu schützen, ihrem Glauben nachzugehen, ihm Ausdruck zu geben und ihre traditionellen Andachten zu halten - ganz besonders dann, wenn ihre heiligen Stätten sich auf öffentlichem Grund und Boden befinden. Genau das versucht unser neuer Parkplan zu tun.«
    »Gibt dieses Gesetz der Bundesregierung auch das Recht, heilige Stätten der Indianer neu zu ›schaffen‹?« fragte Ms. Fenton. »Denn das machen Sie jedesmal, wenn Sie eine alte Begräbnisstätte ausgraben und hier in den Canyon verpflanzen. Wie viele Leichen haben Sie letztes Jahr hier neu begraben? Von wie vielen Stätten haben Sie noch vor, mich fernzuhalten?«
    »Wir haben im letzten Jahr eine Umbettung gehabt. Nur eine.« Maggie schlug die Arme übereinander. »Das Grab wurde bei einer Straßenerweiterung weiter südlich bei den Gila-Klippen entdeckt. Es war offensichtlich ein Anasazi-Mann, unter einer Felsenplatte begraben. Seine Kleidung und sein Schmuck waren eindeutig. Die Stämme baten uns, ihn zu übernehmen. Wir stimmten zu, weil -« »Weil Sie, je mehr religiöse Stätten Sie im Park haben, um so mehr Geld brauchen, um sie instand zu halten, und desto mehr Land können Sie absperren. Stimmt's? Das ist doch ein Komplott, um noch mehr Steuergelder einzuheimsen.«
    Maggie warf die Hände hoch. »Ich habe gewußt, daß dies eine schwierige Unterhaltung wird. Wollen wir das nicht verschieben, bis wir wieder etwas ruhiger geworden sind?«
    Ms. Fenton trat dicht an Maggie heran. Ihre blauen Augen glitzerten böse. »Wenn Sie Indianern die amtliche Erlaubnis geben, ihre Religion an diesem staatlich finanzierten Ort auszuüben, dann verletzen Sie die Bestimmung der ›Trennung zwischen Kirche und Staate Meine Kinder dürfen nicht in der Schule beten - aber Indianer können ganze Abschnitte des Parks sperren, um ihre heiligen Riten abzuhalten? Na so was. Was haben Sie eigentlich vor? Offiziell eine neue Religion für die Nationalparks in Amerika ins Leben zu rufen? Eine Indianer-Religion?«
    »Nein, nein, wir «
    »Ich verlange Gleichberechtigung! Ich will ein Stück Park im Juni für mich reserviert haben, für meine private Religionsausübung. Und ich will keine ›Außenseiter‹ um mich herum haben, die mich stören. Ich verlange absolute Abgeschlossenheit, um meine Andacht zu halten -«
    »Wollen Sie damit sagen«, fragte Maggie, matt lächelnd, »daß ich nicht mit meinem Blitz kommen darf, um Sie zu fotografieren, wenn Sie nackt meditieren?«
    Ms. Fentons Gesichtsausdruck wurde hart, aber Kyle lachte. »He!« sagte er und hielt seine Hände in die Höhe wie zum Zeichen der Kapitulation. »Ich glaube, Maggie hat recht. Machen wir Schluß für heute und reden wir weiter, wenn wir alle erst einmal…«
    Als Slumber in dem gigantischen Pueblo um eine Ecke ging, verklangen ihre Stimmen. Sie hatte in der vergangenen Nacht einen Traum gehabt, in dem ihr geraten wurde, diesen Pfad heute zu gehen. Er schlängelte sich zwischen Mauern hindurch und an Kivas vorbei. Slumber blieb stehen, als sie an die Glastür gelangte. Sie drückte sich die Nase an der Scheibe platt und spähte ins Innere. Uralte Malereien schmückten die Wände; sie hatte sie vor vielen Jahren zum ersten Mal gesehen. Damals hatte sie mit offenem Mund die wunderschönen grünen und blauen Rauten gezählt, die in Zickzacklinien auf den weißen Untergrund

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