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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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verließ ich dieses Land und reiste in diesen Gegenden umher. Einigen ihrer Führer diente ich, trieb Handel und erwarb mir sogar einen gewissen Ruhm als Kriegshäuptling. Ihre Art zu herrschen ist wie ein Rauschmittel, sie steigt einem zu Kopf und nimmt jeden für sie ein. Eine Zeit lang war ich ganz im Banne dieser Schwindel erregenden Macht. Aber am Ende erkannte ich, wie schädlich sie war, denn sie frisst die Seele auf.« Er warf einen Blick auf Neuntöter. »Als ich sah, was aus mir geworden war und wie viel ich von mir selbst verloren hatte, ging ich fort. Eines Nachts ließ ich Reichtum und Macht, die mir zugefallen waren, hinter mir. Damals flüchtete ich auf meine kleine Insel. Und dort wäre ich heute, hätte mich nicht Sonnenmuschel gebeten, ihren Freund zu verteidigen. Hätte sie mir Reichtümer oder Ansehen oder Sklavinnen oder Ländereien geboten, hätte ich sie abgewiesen. Tatsächlich aber bot sie sich selbst. Weil sie glaubt, dass ein Mann für ein Verbrechen beschuldigt wird, das er nicht begangen hat.«
    »Ich soll dir glauben, dass du kein Verlangen mehr nach Macht und Reichtum hast?«, fragte Jagender Falke argwöhnisch. »Dass du hier bist, weil dieses Mädchen dich gebeten hat, für ihren Freund einzutreten?«
    Jaguar zuckte die Achseln. »Glaub, was du willst, Weroansqua. Ich sage die Wahrheit.« Er lachte leise. »Es ist sonderbar. Einst spann ich Lügengeschichten wie eine Spinne ihr Netz. Jetzt biete ich die Wahrheit, und sie schmeckt den Leuten längst nicht so gut wie eine hübsche Lüge. Was lernen wir daraus, Weroansqua?
    Die unwahrscheinlichste Lüge wird leichter angenommen als die einfachste Wahrheit.«
    »Kupferdonners Anschuldigungen leugnest du also nicht?«
    »Warum sollte ich? Eine Geschichte ist wie eine Maispflanze. Sie wächst in die Höhe, treibt neue Blätter, aber alles begann mit einem einzigen Samenkorn. Grasmatte hat nur einige der Samen gesehen, die ich gesät hatte.«
    »Grasmatte?« Jagender Falke neigte fragend den Kopf zur Seite.
    »Das war einmal sein Name. Ich nehme jedoch an, dass er kein Interesse daran hat, seine bescheidenen Anfänge bekannt zu machen. Der Große Tayac - das klingt ja auch viel besser, nicht wahr?«
    Neuntöter rutschte unruhig auf seinem Platz herum und blickte von einem zum andern. Rosenknospe war inzwischen davongehuscht. Nur Sonnenmuschel schien ohne Furcht. Mit ausdruckslosem Gesicht hielt sie die Keule in ihrem Schoß.
    »Lassen wir die Vergangenheit ruhen«, fuhr Jaguar fort. »Ich habe viele Blätterblüten hinter mich gebracht und so manches getan, mit dem ich nun leben muss, Gutes und Schlechtes, und alles hat mich zu dem gemacht, der ich bin, Weroansqua. So wie du vieles getan hast, was dich zu der gemacht hat, die du heute bist. Wir sollten uns mit der Gegenwart beschäftigen.«
    »Und die Gegenwart macht dir Sorgen?« Jagender Falke schien nicht überzeugt.
    »Ich hasse das Chaos. Eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Okeus und mir.« Der Alte bemerkte, dass seine Pfeife kalt geworden war und klopfte die Reste ins Feuer. »Jagender Falke, sitzt du tief in der Klemme, und um dich herum braut sich ein Sturm zusammen. Stimmt das etwa nicht?
    Du bist eine alte Frau, und der Tod streckt schon die Hände aus, um deine Seele zu liebkosen. Dein Leben lang hast du gearbeitet, Pläne gemacht und für die Sicherheit deiner Familie, deines Clans und deiner Freunde Opfer gebracht. Aber jetzt droht ganz plötzlich alles auseinander zu fallen. Du fürchtest, dass die Mühen deines Lebens vergeblich gewesen sein könnten - und dass deine Welt deinen Tod nicht überleben würde.
    Deine größte Angst ist, dass dein Geist die Vernichtung deiner Träume mit ansehen muss. Diese Vorstellung konntest du nicht ertragen. Deshalb suchtest du ein Bündnis mit Kupferdonner und glaubtest, damit deinem Volk ein letztes großes Geschenk zu machen. Du sahst eine Möglichkeit, dem wachsenden Einfluss des Mamanatowick zu entgehen. Du wolltest deine Enkeltochter mit Kupferdonner verheiraten, weil er dir das geeignetste Gegengewicht zu Wasserschlange zu sein schien.«
    Jagender Falke schluckte schwer, ihr Blick war ins Leere gerichtet, aber sie hörte aufmerksam zu.
    »Doch gerade, als alles glatt zu laufen schien, wurde Rote Schlinge ermordet, und jetzt ist deine Lage verzweifelter als vorher. Du bist mutlos, schwankst am Rande eines Abgrunds und ringst um dein Gleichgewicht in einem letzten Versuch, dich zu retten.«
    »Und deshalb hast du mich gegen

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