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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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nannte er sich selbst nur noch bei dem, den ihm seine Opfer gegeben hatten: Jaguar.
    Manchmal blieb er stehen und benutzte seinen Stock wie einen Hebel, um eine Muschel aus dem Schlamm zu holen. Oder er schlug damit auf eine Krabbe im seichten Wasser und warf sie in den Eimer zu den Muscheln.
    Links von ihm ragte Spartgras in dichten Reihen auf, ein riesiger Teppich, der sich nach Osten hin ausbreitete, bis er in der Ferne endlich niedrigen Büschen Platz machte. Zu seiner Rechten lag die große Salzwasserbucht, deren Geist sich heute rätselhaft ruhig verhielt.
    Seine einzige Gesellschaft waren die Vögel. Reiher sahen ihm aus sicherer Entfernung zu; Regenpfeifer, Steinwälzer und Flussuferläufer trippelten ihm aus dem Weg und kehrten gleich wieder zurück, wenn er vorüber war. Über ihm kreiste eine Hand voll Möwen. Der alte Mann schlug eine Muschel mit dem harten Griff seines Stocks auf und warf den kreischenden Möwen die Delikatesse entgegen. Sie schnappten sich den Bissen in der Luft, und er grinste, immer wieder entzückt von der Anmut ihres Fluges.
    Er fand das Plätzchen, das er suchte, und stapfte ins Wasser, als setze er einfach seinen Weg fort. Im tieferen Wasser biss die Kälte in seine Waden und dann in seine Knie. Kleine Fische schwammen um ihn herum. Sein Spiegelbild schwankte, während er ging, und manchmal blickte er auf sein verzerrtes Abbild. Die schütteren, grauen Haare fielen lose über seine Schultern. Ein abgetragener Lendenschurz hing an den schmalen Hüften hinunter, und ein ausgeblichener, ausgefranster roter Stoffumhang lag über der linken Schulter. Seine Haut war mit dem Alter fleckig und an Armen, Beinen und Bauch schlaff geworden, aber seine Augen blickten unter dicken Brauen noch scharf und wachsam hervor.
    Die Nase über dem schmalen Mund hatte sich gebogen und in die Länge gezogen.
    Er hatte jetzt die Austernbank erreicht. Unter seinen Füßen wurde der weiche Boden von den harten, scharfen Kanten der Austern aufgeschnitten. Er ging weiter. Der Grund hob sich wieder, bis er fast nur noch bis zu den Knien im Wasser stand. Er spähte hinunter und stocherte mit seinem Stock auf dem Boden herum.
    Befriedigt beugte er sich nieder und holte eine Hand voll Austern aus dem Wasser. Er prüfte sie, grunzte und warf sie in den Eimer. Am nächsten Häuflein Austern klebte eine Purpurschnecke. Mit einem krummen Daumen kratzte er das Moos vom Gehäuse der Schnecke, die Farbe war noch gut, und er warf sie ebenfalls in den Eimer.
    Der war binnen Minuten gefüllt. Er schwang ihn sich auf den Rücken und stapfte durch das seichte Wasser zurück. Am Ufer schlug er den Weg nach Norden ein, zu der schmalen Landzunge mit der kleinen Baumgruppe.
    Ein schmaler Weg, nicht viel mehr als ein Trampelpfad durch Schlickgras, Teichrosen und Laichkraut, führte durchs Ried. Bei einem Büschel von wildem Reis blieb er stehen und prüfte die leeren Grannen, die er zuvor abgeerntet hatte.
    Der schmale Pfad führte zu einer leichten Anhöhe, die so trocken war, dass dort nur Gras, Sträucher und kleines Gehölz wachsen konnte. Er trat in die Schatten von Kiefern und Sassafras und dann in einen Eichenhain. Dort, auf dem höchsten Punkt der Insel, stand sein einfaches Haus. Er hatte es auf einer kleinen Lichtung errichtet, wo es im Schatten der ausladenden Äste mächtiger Eichen stand: ein kuppelförmiger Bau aus Holzbalken und Spartgras. Östlich und westlich davon standen kleinere Hütten, Schreine der Zwillingsgötter, mit schäbigen Hirschfellvorhängen vor den Eingängen.
    Die Reste des kleinen Feuers glommen noch in einer Grube vor der Tür. Seufzend stellte er seinen Eimer neben einen großen Holzblock, der neben dem Feuer zur Hälfte im Boden eingelassen war.
    »Bin nicht mehr so flink wie früher«, sagte er ins Leere. Er zuckte zusammen, als er die Arme im Kreis schwang und seine knochige Schulter massierte. Geduckt trat er ins Haus und betrachtete seine wenigen Habseligkeiten. Ein hölzernes Gestell war mit Hirschfellen bedeckt, die fast alle ihre Haare verloren hatten. In der Nacht war dies sein Lager. Eine zweite Feuermulde sah ihn aus der Mitte des Raums so finster an wie ein kaltes schwarzes Auge. Netztaschen hingen vom Dach herab, prall gefüllt mit getrockneten Kräutern, Maisähren, Nüssen, Schlickgrassamen und wildem Reis. Ein Bogen stand neben dem Lager, und gegenüber lehnten mehrere Pfeile an der Wand.
    Sein Blick blieb an dem großen runden Topf haften. Der Rand war gesprungen und

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