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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Wind wehte durch die mondlose Nacht. Er kam aus Nordwesten und zog über die hügelige Halbinsel Conoy und die trägen Wasser des Fischflusses. Er stöhnte durch die kahlen Bäume hindurch, riss an den braunen Blättern und pfiff um die Palisaden von Flache Perle. Er schüttelte die Häuser und fegte Sand, Holzkohlenreste und Muschelstücke in Neuntöters angespanntes Gesicht. Er ging gerade über den Platz zum Haus seiner Schwester Rosenknospe.
    Er war sehr besorgt. Um seine Nerven zu beruhigen, war er schon kreuz und quer durchs Dorf gelaufen. Er war sogar so weit gegangen, Steinknolle und Krebsfuß, die nur widerwillig gehorchten, auf Wache zu schicken. Jetzt trat er geduckt in das windgeschützte Langhaus seiner Schwester und zog sich den Federumhang fest um die Schultern. Nicht einmal ein Geist ginge in einer solchen Nacht aus dem Haus.
    Die Kälte und das Unbekannte - beides zusammen ließ ihn frösteln. Vor den schärfsten Windstößen geschützt, lehnte er an der Schilfwand von Rosenknospes Haus und lauschte dem Brausen des Windes.
    Seit dem Tod von Rote Schlinge hatten ihn böse Ahnungen verfolgt und aus der stürmischen Dunkelheit starrte ihn das Übel aus unsichtbaren Augen an. An diesem Morgen hatte seine Welt begonnen, auseinander zu brechen, und er fühlte sich machtlos. Wo aber war die Wurzel des Übels?
    Der Mord bedeutete großes Unheil für sein Volk. Wenn es tatsächlich Mord war. Er zog eine Augenbraue hoch, als er aus dem Innern des Hauses leises Lachen hörte. Seine Nichte Weißer Otter wahrscheinlich. Das Mädchen kicherte und lachte ständig, selbst wenn es sich um seine kleinen Geschwister kümmerte, um Seidenrinde, Kleine Muschel, Zwei Vögel und Seereis.
    Hätte Amselflügel oder einer seiner Krieger Rote Schlinge getötet, dann ginge es nicht um Mord, sondern um Krieg. Eine taktische Maßnahme in dem tödlichen Spiel, das die Weroanzi und Mamanatowick spielten. Wäre dies der Fall - und Neuntöter wünschte sich sehnlichst, er könnte daran glauben -, dann wäre alles klar: Er würde seine Krieger sammeln, seine Kräfte in Weißer Pfahl einschleusen und Vergeltung üben. Wenn er daraufhin ohne bedeutende Verluste entkommen und Amselflügels unausweichlichen Gegenangriff vereiteln könnte, dann wäre das Gleichgewicht zwischen den Mächten wieder hergestellt.
    Wenn aber Amselflügel oder seine Krieger Rote Schlinge nicht getötet hatten? Wenn irgendjemand es darauf anlegte, dass er genau das glaubte? Was wäre dann?
    Dann würde mein Überfall Maisjägers Hass anstacheln. Er würde jedes Maß verlieren, und jedes Mittel wäre ihm recht, um uns zu vernichten.
    Schon einmal hatte er in einem solchen Krieg jeden einzelnen Krieger in den Unabhängigen Dörfern aufbieten müssen, um den Angriffen standzuhalten.
    Neuntöter rieb sich den Nacken. Drei Myrten würde ihnen nicht beistehen, nicht, solange eine Entschuldigung bei Schwarzer Dorn ausstand. Das Gleichgewicht unter den Unabhängigen Dörfern war gestört und schwankte wie ein verwundeter Krieger, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Vielleicht war diese Situation von Beginn an geplant gewesen.
    Neuntöter schob die Arme unter den Federumhang. Solange er lebte, war das Verhältnis der Unabhängigen Dörfer untereinander so beständig und verlässlich gewesen wie Ebbe und Flut. Kleinere Auseinandersetzungen waren durch ausgewählte Abgesandte aus anderen Dörfern geschlichtet worden, denn die Einigkeit gegen den wachsenden Einfluss des Mamanatowick war wichtiger als alles andere.
    Der Mord an Rote Schlinge kam Wasserschlange also sehr gelegen: der erste große Bruch im Bündnis, das ihn im Norden so lange blockiert hatte. Aber war er tatsächlich so gerissen? Wie hatte er einen so raffinierten und wirkungsvollen Streich in die Wege geleitet? Er hätte von Rote Schlinge wissen müssen.
    Neuntöter straffte sich; ein Wind, der kälter war als der Nachtwind, ließ seine Seele erschauern. Mit einem Verräter aus Flache Perle könnte er das Problem lösen. Wenn … wenn tatsächlich Wasserschlange der Schuldige war.
    Falls jedoch Kupferdonner verantwortlich war, wäre alles viel einfacher. Der Große Tayac hatte sowohl die Gelegenheit als auch die Mittel gehabt, Rote Schlinge durch seine Krieger verfolgen und aus dem Hinterhalt ermorden zu lassen. Andererseits hatte er durch eine Heirat mit Rote Schlinge Zugang zu den Unabhängigen Dörfern erhalten. Er bekam ohnehin alles - bei einem Minimum an Risiko. Nein, wie man es drehte und

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