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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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»Er war der Sohn des Onkels meiner Mutter.« Damit wandte er sich ab und ging davon. Zaunkönig rappelte sich hoch, klopfte sich die größten Erdklumpen von ihrem Gewand und folgte Polterer in die Ruinen des einstigen Buntfelsendorfes. Ein großer Schwärm Krähen erhob sich kreischend in die Lüfte und ließ sich in den umliegenden Baumwipfeln nieder.
    Der Anblick des völlig verwüsteten Dorfes ließ Zaunkönig erstarren.
    Zu ihrer Linken, am Rand der alten Eichen, markierten acht verkohlte Trümmerhaufen die Orte, an denen früher einmal Hütten gestanden hatten. Dazwischen bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leichen, die Arme und Beine unnatürlich verdreht, die Münder zu einem lautlosen Schrei aufgerissen. Heilige Masken lagen auf dem Dorfplatz verstreut, als hätten die Bewohner sie aus den brennenden Hütten retten wollen und fallen lassen, als sie tödlich getroffen zu Boden stürzten. Ein paar Schritte entfernt entdeckte sie die Maske von Roter Tau-Adler. Sie steckte schräg in der Erde, das Gesicht ihr zugewandt, der lange Schnabel und die Muschelaugen waren mit Dreck verschmiert. Der Blick dieser Maske löste jetzt auch in ihr eine unbändige Wut aus.
    Entsetzt wandte sie sich ab.
    Überall Leichen. Und plötzlich klangen ihr die Geschichten wieder in den Ohren, mit denen Springender Dachs und seine Krieger ihren großen Sieg beschrieben hatten. Die Frauen und jungen Mädchen lagen alle auf dem Rücken, mit gespreizten Beinen. Wilde Tiere hatten ihre aufgeblähten Leiber ausgeweidet und das meiste Fleisch von den Knochen gerissen. Zu ihrer Rechten dann die Leichen von Säuglingen, manche auf dem Bauch liegend, andere auf dem Rücken - als hätten Wölfe sie herumgeschleppt und damit gespielt.
    Zaunkönigs Herz hämmert dumpf gegen ihre Rippen.
    Die Knaben und Männer waren verstümmelt worden, man hatte ihnen die Genitalien abgeschnitten und sie ihnen in die Münder gestopft. Zaunkönig sah die fleischigen Batzen zwischen halb geöffneten Zahnreihen hervorquellen. Die Leichen der Männer waren wohl starr geworden, ehe die Tiere sie fanden; die Wölfe hatten ihnen die Unterkiefer noch nicht abgefressen.
    Polterer erwachte als Erster aus der Erstarrung und begann weiterzugehen, indem er mit quälender Langsamkeit und ohne einen Laut zu verursachen einen Fuß vor den anderen setzte. Zaunkönig folgte ihm.
    »Das ist Rote Pfeife«, wisperte er und deutete auf einen alten Mann, der mit dem Gesicht nach unten im Dreck lag. Ein wunderschöner Büffelfellumhang, der am Kragen mit blauen und gelben Stachelschweinborsten bestickt war, verhüllte seinen Körper. »Er war das Oberhaupt unseres Klans.« Zögernd ging Polterer ein paar Schritte weiter. Er holte tief Luft, ehe er auf ein kleines Mädchen zeigte. »Meine Cousine Luchs, erinnerst du dich? Ich habe dir von ihr erzählt.« Seine Stimme begann zu zittern. Tränen stiegen ihm in die Augen. »Die Geschichte mit der Ente und dem… Maisbrei…« »Ja, ich erinnere mich.«
    Wolfsspuren bedeckten den Boden um den angefressenen Leichnam des Mädchens. Zaunkönig hob den Blick und spähte in den Wald hinein. Dunkle Schatten bewegten sich zwischen den Bäumen. Ihre Ankunft hatte die Wölfe anscheinend bei ihrem Festmahl gestört, doch sobald es dämmerte, würde das Rudel zurückkehren -und sie täten gut daran, demnächst wieder zu verschwinden, wenn sie nicht auch gefressen werden wollten. Ein paar Wölfe konnte man verscheuchen, selbst Kinder brachten das fertig, doch gegen ein ganzes Rudel, das eine so leichte Beute vor sich hatte, waren sie machtlos.
    »Hier stand die Hütte meiner Mutter.« Polterer hob das Kinn und deutete auf den Haufen verkohlter Holzbalken auf der anderen Seite der großen Feuerstelle. Mit kaum hörbarer Stimme wisperte er: »Siehst du sie dort irgendwo, Zaunkönig?«
    Zaunkönig kniff die Augen zusammen und ließ den Blick über die schwarzen Überreste der einstigen Hütte schweifen. »Nein. Auf dem Dorfplatz hast du sie auch nicht gefunden?« Er schüttelte nur stumm den Kopf.
    »Könnte sie vielleicht in einer anderen Hütte gewesen sein?« Ein winziger Hoffnungsschimmer flackerte in seinen Augen auf, und Zaunkönig sah, wie dieser binnen Augenblicken zu einer frohen Gewissheit heranwuchs. »Als deine Leute uns angriffen, saßen wir beide in unserer Hütte. Dort sah ich sie zum letzten Mal. Wenn sie also nicht dort ist und auch nicht…«
    »Wie war das, als deine Augen umherflogen, Polterer? Nachdem Moosschnabel und Schädelkappe

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