Paradies Pollensa
Paradies Pollensa
D as Schiff von Barcelona nach Mallorca brachte Mr Parker Pyne in den frühen Morgenstunden nach Palma – und schon begannen die Enttäuschungen. Alle Hotels waren voll! Das Beste, was man ihm anbieten konnte, war eine muffige Kammer zum Innenhof eines Hotels in der Stadtmitte – und das wollte Mr Parker Pyne auf keinen Fall. Der Hotelbesitzer zeigte sich ungerührt.
»Was wollen Sie?« meinte er mit einem Achselzucken.
Palma war gerade ausgesprochen in Mode! Der Wechselkurs war sehr günstig. Die ganze Welt Engländer, Amerikaner – kam im Winter nach Mallorca. Alles war überfüllt. Es war kaum anzunehmen, dass der Engländer woanders noch etwas bekäme – außer vielleicht in Formentor, wo die Preise so gigantisch waren, dass sogar die Fremden dagegen protestierten.
Mr Parker Pyne trank einen Kaffee und aß ein Brötchen und wollte dann die Kathedrale besichtigen, aber er war nicht in der Stimmung, architektonische Schönheiten zu genießen.
Als Nächstes hatte er eine Unterhaltung mit einem freundlichen Taxifahrer in schlechtem Französisch und Insel-Spanisch. Man sprach über Vor- und Nachteile von Soller, Alcudia, Pollensa und Formentor – wo es schöne, aber sehr teure Hotels gebe.
Mr Parker Pyne wollte unbedingt wissen, wie teuer.
Man verlange dort einen Betrag, der geradezu absurd sei, sagte der Taxifahrer. War es nicht so, dass die Engländer vor allem wegen der vernünftigen Preise hierherkamen?
Mr Parker Pyne sagte, das stimme natürlich, aber trotzdem: Wieviel wurde in Formentor tatsächlich verlangt?
Eine unglaubliche Summe!
Also gut – aber wie viel genau?
Der Fahrer entschloss sich endlich, mit Zahlen herauszurücken.
Da er gerade frisch geschröpft aus Hotels in Jerusalem und Ägypten kam, beeindruckte die Zahl Mr Parker Pyne nicht allzusehr.
Man wurde handelseinig. Mr Parker Pynes Koffer wurden nachlässig auf das Taxi geladen, und los ging die Inselrundfahrt, um unterwegs eventuell ein billiges Hotel zu finden – mit dem Endziel Formentor.
Aber sie erreichten nie dieses Eldorado der Plutokratie, denn nach der Fahrt durch die engen Straßen von Pollensa kamen sie über die kurvenreiche Küstenstrecke zum Hotel Pino d’ Oro – einem kleinen Haus am Meer, dessen Anblick im nebligen Dunst dieses schönen Morgens an die exquisite Verschwommenheit eines japanischen Drucks erinnerte. Sofort wusste Mr Parker Pyne, dass es das war, was er suchte. Er ließ anhalten und ging durch das bemalte Tor in der Hoffnung, hier eine Unterkunft zu finden.
Das ältere Paar, dem das Hotel gehörte, konnte weder Englisch noch Französisch. Trotzdem ließ sich alles zufrieden stellend regeln. Mr Parker Pyne bekam ein Zimmer mit Blick aufs Meer, die Koffer wurden ausgeladen, der Fahrer gratulierte ihm, weil er die absurden Preise »dieser neuen Hotels« umgangen hatte, erhielt sein Trinkgeld und fuhr mit einem fröhlichen spanischen Gruß von dannen.
Mr Parker Pyne sah auf die Uhr und stellte fest, dass es erst Viertel vor zehn war, ging hinaus auf die kleine Terrasse, die jetzt in der strahlenden Morgensonne lag, und bestellte heute zum zweiten Mal Kaffee und Brötchen.
Da standen vier Tische, sein eigener, einer, von dem gerade das Geschirr abgetragen wurde, und zwei, an denen noch Gäste saßen. An dem einen in seiner Nähe frühstückte eine deutsche Familie – Vater, Mutter und zwei ältere Töchter. Hinter ihnen, in der Ecke der Terrasse, saß eine unverkennbar englische Mutter mit ihrem Sohn.
Die Dame war etwa fünfundfünfzig. Sie hatte gepflegtes, graues Haar, war geschmackvoll, aber nicht modisch gekleidet in Tweedmantel und -rock – und zeigte jenes ausgeprägte Selbstbewusstsein einer Engländerin, die gewohnt ist viel im Ausland zu reisen.
Der junge Mann, der ihr gegenübersaß, mochte vielleicht fünfundzwanzig sein und war ebenfalls typisch für seine Klasse und sein Alter. Er sah weder gut noch schlecht aus, war weder groß noch klein. Er stand offensichtlich in bestem Einvernehmen mit seiner Mutter – sie scherzten miteinander, und er umsorgte sie in zuvorkommendster Weise.
Als sie sprachen, fiel ihr Blick auf Mr Parker Pyne. Sie sah gekonnt über ihn hinweg, aber er wusste, dass er registriert und etikettiert worden war.
Er war treffsicher als Engländer eingestuft worden, und zweifellos würde nach Verstreichen einer Anstandsfrist eine unverbindliche Bemerkung an ihn gerichtet werden.
Mr Parker Pyne hatte weiter nichts dagegen. Im Ausland neigten
Weitere Kostenlose Bücher