VT10 - Tod im Blut
zweitausend Soldaten und fünfzig Rozieren auf Brest, da werden wir mit diesem Pack doch mit Leichtigkeit fertig.«
»Das heißt noch lange nicht, dass diese Gruh nicht gefährlich sind!«, meinte Yves schlechtgelaunt und stemmte sich auf den Kurbelschwengel. »Die Zeichen der Götter verheißen nichts Gutes – und so ein Vogelreiter hat vielleicht auch gar nicht den Durchblick.«
»Du und dein Aberglaube! Wenn wir erst dort sind, bekomme ich Informationen aus erster Hand«, behauptete Henri. »Meine Cousine ist Köchin im Palast der Regentin auf Orleans-à-l’Hauteur!«
»Was sagst du dazu, dass es eine von Kaiser de Roziers Töchtern erwischt haben soll?«, fragte Yves halblaut. »Ich meine – wenn es schon Mitglieder der Kaiserfamilie erwischt, ist das doch ein Beweis dafür, wie gefährlich diese Gruh sind.«
»Ach, diese Lourdes ist doch so dumm wie Brot – oder war es zumindest. Genau wie ihre Schwester Antoinette«, murmelte Henri und sah sich achtsam um. Er glaubte zwar, dass kein Lauscher in der Nähe war, aber man konnte nie ganz sicher sein. Abfälliges Gerede über die kaiserliche Familie wurde hart bestraft. Auch wenn niemand wirklich abstreiten konnte, dass viele Mitglieder eben dieser Familie Dummköpfe oder Emporkömmlinge waren. Ausnahmen bestätigten die Regel, so wie Kaiser de Rozier selbst und seine Tochter Marie, die sich allerdings eher aufführte wie ein Junge.
»Was gibt es dort zu schwatzen? Geht das nicht etwas schneller? Sie sollten weniger reden und dafür schneller arbeiten!« Eine hohe näselnde Stimme ließ die beiden Versorger Henri Talleyrand und Yves Touree aufschrecken.
Fast wäre ihnen die Kurbel aus den Händen geglitten.
Ein mickrig aussehender Militär in feiner dunkelblauer Samtuniform trat hinter dem Kurbelhaus hervor, die Hände auf dem Rücken gefaltet und die Adlernase hochgereckt. Sein Gesichtsausdruck zeugte von Hochmut. Ein weiteres Beispiel für die Gesinnung von de Roziers Nachwuchs. Prinz Akfat war der Sohn einer syrischen Sklavin, die der Kaiser sich vor nunmehr zweiundzwanzig Jahren zur Frau genommen hatte.
»Eure… Eure Excellenz! Verzeiht! Wir hatten Euch nicht bemerkt!« Henri bückte sich tief, um seine Ehrerbietung zu zeigen, und Yves beeilte sich, es ihm gleichzutun.
»Los, los! Sagt an, was hattet ihr da zu tuscheln? Raus mit der Sprache!«
Den Göttern sei Dank, er hat nichts mitbekommen!
Henri und Yves beeilten sich, einen weiteren Bückling zu machen. »Excellenz, wir haben nur dahergeredet, wie die zwei Dummköpfe, die wir nun einmal sind. Verzeiht, aber wir machen uns sofort wieder an die Arbeit!«
Prinz Akfat nickte arrogant. »Dann vite, vite!« Er wandte sich ab. »Ich denke, ich muss auch noch die anderen Kurbelhäuser inspizieren, damit die Arbeit getan und nicht so viel herumgeredet wird!« Damit marschierte er hoch erhobenen Hauptes davon.
Henri atmete hörbar aus. »Das war knapp!«, zischte er Yves zu.
»Meinst du, er hat wirklich nichts gehört? Ich habe keine Lust, im Kerker eingesperrt zu werden.«
»Meinst du, dann hätte er es bei einer Verwarnung belassen? Ich mache mir viel mehr Sorgen darum, dass der Kommandant ausfallen könnte. Dann würde die Befehlsgewalt auf diesen eingebildeten Prinzen übergehen!«
Henri schluckte schwer. »Daran will ich gar nicht denken. Aber keine Sorge. Kommandant Bambooto ist ein alter Haudegen, den wirft so schnell nichts um. Und die Garnison ist bestens ausgebildet, die räumt mit diesen Gruh schnell und gründlich auf, davon bin ich überzeugt.«
Das Ankertau war eingeholt. Henri klappte die Haltevorrichtung aus und blockierte damit die Kurbel. »Jemand sollte dem Kaiser endlich mal reinen Wein über seinen Sohn einschenken«, raunte er. »Warum nimmt Bambooto hin, dass der Prinz die Erfolge der Soldatenstadt an seine eigenen Fahnen heftet?«
»Weil er so weitgehend freie Hand hat«, vermutete Yves.
»Man kann nur hoffen, dass der Kaiser bald selbst merken wird, wer hier in Wahrheit das Zepter führt!«
»Jetzt lass es gut sein«, wiegelte Henri ab. »Wie gesagt, du siehst das alles zu schwarz, auch in Bezug auf die Gruh. In drei Tagen sind wir bei der Großen Grube und können uns selbst davon überzeugen, was dort los ist. Wahrscheinlich ist alles nur halb so schlimm, wie man es uns glauben machen will. Und Prinz Akfat kann auch nur halb so viel Dummheiten machen, wenn der Kaiser in der Nähe ist.«
»Das sagst du«, knurrte Yves noch ungnädig, dann schwieg er. Vielleicht hatte
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