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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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die Arme vor der Brust.
    »Doch!«,
schrie Lucia, krebsrot im Gesicht.
    Dorothee
ging zu der Kleinen hin, hob sie auf und küsste ihr sanft die dicken Tränchen
von den Wangen. »Ist ja gut«, murmelte sie. »Mama kocht dir was ganz Leckeres.«
    »Eli
soll nix kriegen«, motzte sie und zog einen Flunsch.
    Dorothee
lachte auf. »Willst du denn, dass dein Bruder verhungert?«
    Trotzig
nickte die Kleine.
    »Nun
komm mal mit in die Küche. Willst du mir zugucken?«
    Sofort
veränderte sich Lucias Gesichtsausdruck. Eifrig folgte sie ihrer Mutter mit
Trippelschrittchen in die Küche.
    Dorothee
setzte sie in den Hochstuhl. Sie hörte, wie ihr Sohn den Fernseher im
Wohnzimmer einschaltete. Normalerweise protestierte sie. Aber gut, sollte er
die kurze Zeit, bis sie mit dem Essen fertig war, fernsehen.
    Schnell
briet sie das Hackfleisch an, gab klein geschnittene Zwiebeln, Knoblauch und
Gemüse dazu. Tomatenmark, frische Kräuter und etwas Brühe rundeten das Ganze
ab. Dazu Reis. Das war das Lieblingsessen der Kinder. Das gab es mindestens
einmal in der Woche.
    »Elias,
komm. Essen ist fertig.«
    Der
Junge kam in die Küche geschlurft.
    »Hunger«,
sagte Lucia und trommelte auf ihr Tablett.
    »Du
brauchst erst das da.« Elias band seiner Schwester ein Lätzchen um. »Damit du
dich nicht schmutzig machst«, erklärte er mit ernster Miene. Dann setzte er
sich auf seinen Platz.
    Er kann
so fürsorglich sein, dachte Dorothee. Und im nächsten Augenblick bringt er mit
seinem Verhalten seine Schwester zur Weißglut. Aber so waren Geschwister nun
mal. Jeder in ihrer Bekanntschaft bestätigte ihr, dass dies vollkommen normal
sei.
    So ganz
konnte Dorothee da nicht mitreden, sie war als Einzelkind aufgewachsen. Viele
Freunde hatte sie nicht gehabt und nicht selten fühlte sie sich als
Außenseiterin. Michael war ebenfalls ein Einzelkind, doch er war derjenige von
ihnen beiden, der viele Kinder wollte. Sie lächelte, als sie daran dachte, dass
er von einer kleinen Fußballmannschaft gesprochen hatte. Das wusste sie wohl zu
verhindern. Ihr hätte eines genügt. Zwei waren auch ganz nett. Aber nun war
Schluss.
    Lächelnd
schöpfte Dorothee Reis und Hackfleischsoße auf die Teller. »Guten Appetit.«
Alle begannen zu essen.
    »Schmeckt
gut«, sagte Elias, und Lucia nickte eifrig. Ihr Mund war von rötlichen
Essensspuren umrandet. Auch auf ihrem Lätzchen war einiges hängen geblieben.
    Zum
Nachtisch schälte Dorothee Äpfel und verteilte die Schnitze.
    Dann
schickte sie die Kinder hinaus in den Garten. Das Wetter war so schön, da war
es eine Schande, wenn man den ganzen Tag im Haus blieb. Im Garten hatte Michael
eine Schaukel und einen Sandkasten gebaut. Seit es die letzten Tage so heiß
war, hatten sie ein aufblasbares Planschbecken aufgestellt. Ein richtiges
kleines Paradies, dachte sie. Was hätte ich darum gegeben, hätte ich als Kind
nur ein kleines Stückchen davon gehabt.
    Eine
Taube auf dem Nachbardach gurrte. Vielleicht ist das ein Liebesruf, dachte sie
lächelnd. Durch die hohen Bäume schimmerte das Wasser der Mosel, in dem sich
die Sonne spiegelte. Mit lautem Motorengeräusch fegte ein Schnellboot heran. Am
Uferweg führten Spaziergänger ihre Hunde aus. Blieben stehen, hielten ein
Schwätzchen.
    Dorothee
liebte dieses friedliche, beschauliche Leben. Nur einen Katzensprung vom Fluss
entfernt. Oft ging sie mit den Kindern spazieren, sie fütterten Enten und Möwen
und winkten den Ausflugsschiffen. Was für ein Segen, dass sie dieses Haus
gefunden hatten, das einigermaßen erschwinglich war.
    Sie und
ihre Familie wohnten noch nicht lange hier, aber schon jetzt konnte sie sich
nicht mehr vorstellen, in einem der Wohnblocks zu leben, mit maroden
Spielplätzen auf magerem Rasen und aufgereihten Mülltonnen an den hinteren
Hauswänden. Sie war so froh, hierher gezogen zu sein. Stadtnah und dennoch fast
wie auf dem Land. Hier konnten die Kinder unbehelligt spielen. Man musste sie
nicht auf Schritt und Tritt bewachen. Das war ihr wichtig gewesen.
    Sie
selbst war in der Stadt groß geworden, in einer engen Dreizimmerwohnung ohne
Balkon und Garten. Umso mehr genoss sie den großzügigen Raum, der ihr jetzt zur
Verfügung stand.
    Eigentlich
war es Michaels Idee gewesen, dieses Haus zu kaufen. Aber sie hatte sich in dem
Moment, als sie es gesehen hatte, sofort vorstellen können, hier zu leben. Sie
taten sich zwar ein wenig schwer mit den hohen Kreditraten, zumal Michael in
seinem Beruf als Altenpfleger nicht allzu viel verdiente und sie

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