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Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin P. Meranius
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diesem Augenblick laut auf, als wollte sie dazu etwas sagen, wenn sie nur gekonnt hätte.
    ***

Und so vergingen noch ein paar Tage. Bis zu diesem einen Tag, an dem sich endlich alles ändern sollte.
    Beatas Mutter hatte die Nacht über wieder unruhig geschlafen und war somit schon früh aufgestanden.
    Sie überbrückte die viele Zeit am Morgen mit leichter Hausarbeit, wobei sie mehr Unordnung schaffte als Ordnung.
    Gedanklich war sie nicht bei der Sache, sondern schon wieder im Krankenhaus.
    Als endlich gegen acht Uhr das Taxi hupte, nahm sie erleichtert ihre Handschuhe und ihren Schal von der Garderobe und lief nach draußen.
    Es war sehr kalt, und der Weg glänzte und blitzte, wurde aber in der Frühe schon mit Splitt bestreut, damit keiner auf den vereisten Stücken ausrutschte. Das konnte sie jetzt so kurz vor Silvester, im alten Jahr, wirklich nicht mehr gebrauchen.
    Es wurde hell vor Beatas innerem Auge.
    Sie hörte die vertraute Stimme ihrer Mutter, die wie ein leises Gewissen zu ihr sprach.
    Und Beata schlug die Augen auf, spürte, wie Schläuche aus ihrer Nase kamen.
    Sie fühlte sich noch immer wie gelähmt vom kalten Wasser. Ihre Mutter saß direkt neben ihr am Bett, auf ihre Bettkante gestützt, und hielt ihre Hand fest umschlossen.
    ***

„Und es war wirklich so, wie Didier gesagt hatte“, erklärte Beata dem Reporter, der gemeinsam mit der Frankfurter Oberbürgermeisterin und vielen anderen Gästen zur Eröffnungsfeier erschienen war.
    „Ich selbst habe herausgefunden, was die Weltseele ist, ich habe sie nämlich einmal durchquert – und wieder verlassen.“
    Beata hatte, bevor sie auf das Eis gestiegen war, gespürt, dass es Zeit war zu gehen, so wie man ihr anfangs versprochen hatte, dass sie es zur rechten Zeit spüren werde. Sie hatte sich auch selbst dafür entschieden, wohin sie ging. Sie wollte leben – und hatte die Welten trennende Eisdecke durchbrochen.
    „Das Erste, was ich hörte, war: ‚Sie ist wach‘. Und dass man zu meiner Mutter sagte, sie solle dafür sorgen, dass ich weniger arbeite. Sie wollten mich nicht wieder vom nächsten Meeting abholen müssen.“
    „Was hatte Ihre Mutter geantwortet?“, fragte ein anderer Reporter, der zugehört hatte.
    „Dafür sorge ich“, antwortete Beata.
    Beata erinnerte sich, dass ihr erster Blick der dürren Wachkomapatientin galt, die direkt neben ihr in dem Bett lag.
    Und schließlich ihr zweiter Blick dem leeren Bett neben sich.
    Als man ihr viel später erzählte, dass dort eine alte Dame mit so beeindruckend schön ergrautem Haar gelegen habe, die es nicht mehr geschafft habe, mit ihrem Kummer zu leben, war sie nicht überrascht.
    Sie wusste bereits, dass sie sich nicht, so wie Beata, für das Leben entschieden hatte, sondern für den Weg ihrer Tochter.
    Doch von all dem, das sie nach dem letzten Meeting erlebt hatte, erzählte Beata erst bei dieser Eröffnungsfeier, die feierlich im Park stattfand, vor den neuen Räumlichkeiten der Krankenhausklinik.
    Wer hätte ihr auch schon geglaubt?
    Schließlich konnte ein ganzes Ärzteteam bestätigen, dass sie die letzten acht Wochen ihres Lebens im Krankenhaus gelegen hatte – ohne das Zimmer auch nur einmal verlassen zu haben. Auch wenn Beata wusste, dass das nur die halbe Wahrheit war.
    Doch der Weg dorthin war kein einfacher.
    Sie begann nach ihrer Krankenhausentlassung zum Ausgleich ihrer ersten, ichbezogenen Lebenshälfte, sich in der zweiten und letzten den anderen Menschen zu widmen – um von einem Extrem über das andere Extrem an ihrem Ende die gesunde Mitte gefunden zu haben.
    Die Agenda, die bis zu diesem Zeitpunkt noch immer keinen Titel hatte, wurde von Beata „Wachkoma“ genannt und um eine kleine Geschichte erweitert.
    Sie handelte von einer ausgebrannten Frau, die wie durch eine rote Ampel im Leben ausgebremst wurde, um innezuhalten, an einem Ort irgendwo im Norden, den man nicht so einfach erreichen kann. Zumindest nicht körperlich. Doch erst einmal würde sie aufgreifen, wofür sie hauptsächlich gekommen war.
    „Ich bedanke mich bei allen, die mich beim Aufbaumeiner Stiftung unterstützt haben und dass sie in den neuen Räumlichkeiten des örtlichen Krankenhauses als zentrale Anlaufstelle für jeden zur Verfügung steht, und ich freue mich auch, dass selbst unsere Oberbürgermeisterin ihr als Ehrenmitglied beigetreten ist.“
    Es folgte Applaus von allen Anwesenden, doch ganz besonders von ihren Mitgliedern, den Angehörigen von Wachkomapatienten, die Beatas Stiftung

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