Wächterin des Mondes (2) - Arthur, K: Wächterin des Mondes (2) - Kissing Sin
Mein Herz klopfte mir bis in den Hals, und mein Magen drohte erneut zu rebellieren.
Entweder hatten sie die Leiche und die Verletzten gefunden – oder es hatte jemand mitbekommen, dass ich nicht mehr dort war, wo ich eigentlich sein sollte. Wie dem auch sei, ich saß jedenfalls in der Klemme.
Gleichzeitig mit dem Alarm flammten Scheinwerfer auf. Die plötzliche Helligkeit brannte mir in den Augen. Ich rannte fluchend weiter und hielt mich möglichst im Schatten der Ladenfronten. Der Zaun um das Gelände herum leuchtete wie ein Weihnachtsbaum. Schon der Versuch, ihn unbemerkt zu überwinden, war vollkommen aussichtslos.
Schritte polterten durch die Dunkelheit. Ich blieb stehen und drückte mich hastig in einen Türeingang. Fünf halbbekleidete Wächter rannten an mir vorbei, als wären Höllenhunde hinter ihnen her.
Als sie außer Sicht waren, glitt ich aus meinem Versteck und lief die Gasse in entgegengesetzter Richtung hinunter. Vor mir tauchte der Stall auf, und der Geruch nach Pferd, Heu und Dung wurde so stark, dass ich angewidert die Nase rümpfte. Nach dem vielen Schnauben und Stampfen zu urteilen, war dort mehr als ein Tier untergebracht. Wenn ich sie frei ließ, konnte ich in dem allgemeinen Durcheinander vielleicht fliehen.
Vor mir tauchte die Stalltür auf, während ich hinter mir Schritte hörte. Hastig stieß ich die kleinere der beiden Türen auf, tauchte hinein, schloss sie hinter mir und sah mich um.
Es gab zehn Stallboxen, von denen neun belegt waren. Mitten in dem Gang hing eine runde Lampe an einem Draht von der Decke und beleuchtete mit ihrem blassen Licht die Heuballen auf der Tenne.
Die Pferde drehten mir ihre Köpfe zu und betrachteten mich aufmerksam mit ihren glänzenden dunklen Augen. Sie waren kräftig und groß, und die meisten waren grau oder braun. Der Hengst, der am nächsten zu mir stand, war ein wunderschönes, mahagonifarbenes Tier. Allerdings wirkte er mit den angelegten Ohren und gebleckten Zähnen alles andere als freundlich.
Was mich nicht weiter erstaunte. Pferde und Werwölfe waren selten gute Freunde.
»He, Freundchen«, murmelte ich und packte seine Schnauze, als er nach mir schnappen wollte. »Dass ich hier bin, stinkt mir genauso wie dir, aber wenn du dich benimmst, lasse ich deine Freunde und dich frei.«
Das Pferd schnaubte, starrte mich einen Augenblick an und nickte dann mit dem Kopf, als wäre es einverstanden. Als es sich bewegte, hörte ich das Rasseln von Ketten. Ich trat näher heran. Ich hatte richtig gehört. Allerdings war dieser Hengst nicht mit einer simplen Kette gefesselt. Nachdem ich ein paar Mal mit Silberkugeln beschossen worden war, reagierte meine Haut übersensibel auf dieses Metall.
Und es gab nur einen Grund, ein Pferd mit einer Silberkette anzubinden.
Ich betrachtete den Hengst scharf. »Bist du ein Gestaltwandler?« Nur, wenn dem so war, wieso hatte ich es dann nicht gleich gespürt? Gestaltwandler waren keine Werwölfe und mussten nicht bei jedem Vollmond zwangsweise ihre Gestalt verändern, doch sie stammten eher von unserer Spezies als von den Menschen ab. Menschen konnte ich nicht spüren, aber ihn hätte ich sofort aufgrund seines Geruchs identifizieren müssen.
Wieder nickte der Hengst.
»Und die da?« Ich deutete auf die anderen Pferde.
Ein drittes Nicken.
Mist . Offenbar war ich nicht die Einzige, die an diesem verfluchten Ort feststeckte. Was für ein Ort das hier auch immer sein mochte.
»Versprichst du, mich nicht zu treten, wenn ich in deine Stallbox komme?«
Wieder schnaubte der Hengst, und irgendwie klang es ein bisschen verächtlich. Vorsichtig öffnete ich das Gatter. Ich hatte noch nicht häufig mit Gestaltwandlern zu tun gehabt, aber die paar, die mir begegnet waren, hatten sich uns Werwölfen gegenüber ebenso respektlos verhalten wie die Menschen. Ich hatte keine Ahnung warum, vor allem da unsere »tierischen« Neigungen ähnlich gelagert waren.
Abgesehen freilich von der Mondhitze, aber deshalb rümpften sie wohl kaum die Nase über uns. Schließlich amüsierten sich viele von ihnen in der Woche der Mondhitze ebenso gut wie wir.
Der Hengst rührte sich nicht, sondern starrte weiter auf mich hinunter. Eigentlich war ich nicht gerade klein, aber neben diesem Pferd kam ich mir winzig vor.
Ich hörte, wie ein Riegel zur Seite geschoben wurde, und mir gefror das Blut in den Adern. Ich drehte mich herum und sah, dass sich die Haupttore zum Stall öffneten. Ich fluchte leise vor mich hin, schloss das Tor zur
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