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Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Titel: Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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und bemerke, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben allein vom Durchlesen dreier Fragen ohnmächtig werde. Als ich wieder zu mir komme, sitze ich bereits im Studio vor laufender Kamera und höre den Moderator fragen:
    – Was gefällt Ihnen an Rheinland-Pfalz am besten?
    Versuche, sofort wieder ohnmächtig zu werden, aber mein Körper weigert sich. Warum auch immer. Stattdessen höre ich mich sagen:
    – Orange.
    Der Moderator ist irritiert.
    – Was?
    – Na, Orange, also die Farbe Orange. Die gefällt mir eigentlich am besten an Rheinland-Pfalz. Alles, was hier orange ist, finde ich irgendwie super.
    – Ach.
    – Ja, in anderen Bundesländern, also in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel, da finde ich alles Blaue toll. Weiß auch nicht, wieso. Aber in Rheinland-Pfalz, da mag ich Orange am meisten.
    – Ah, ja, na das ist ja … wirklich … spannend … und sonst?
    – Neun.
    – Was?
    –Die Zahl neun finde ich auch super an Rheinland-Pfalz. Also alles, wo eine Neun drin ist, das mag ich. Wenn beispielsweise etwas im Restaurant neun Euro kostet, dann fühl ich mich sehr wohl.
    – Soso.
    Sehe, wie jetzt der Moderator ohnmächtig wird. Als er wieder zu sich kommt, starren wir uns circa dreißig Sekunden wortlos an. Dann bricht die Aufnahmeleitung die Aufzeichnung ab. Zur Strafe schickt man mich in die Service-Ecke des Studios. Hier muss ich mit der Starköchin der Landesschau verschiedene Weihnachtsplätzchen probieren, die Zuschauerinnen eingeschickt haben, und sagen, wie sie schmecken. Die Starköchin ist wirklich nett. Nach den ersten Plätzchen fragt sie mich:
    – Und wie finden Sie den Zimtstern?
    Weil sie so nett ist, will ich ihr eine Freude machen und sage:
    – Oh, ich finde, der schmeckt ein bisschen wie Pirmasens.
    – Wie meinen Sie?
    – Na, wie Pirmasens, also irgendwie.
    – Ach, und die anderen?
    – Die Zitronenplätzchen schmecken für mich nach Worms, während die Schokotaler, die haben so einen feinen Hauch Speyer.
    Ich möchte gerade noch was zu den Makronen sagen, die sehr nach Bad Kreuznach duften, da heißt es auf einmal, alles sei fertig aufgenommen. Ich werde aus dem Studio geschoben. Man bedankt sich, ich sei ein ganz toller Gast gewesen.
    Als ich abends im Hotel die Wiederholung der Sendung sehe, muss ich feststellen, dass man mich rausgeschnitten hat. Stattdessen wird eine Aufzeichnung vom letzten Jahr gezeigt, wie jemand in Landau noch im November einen Riesenkürbis geerntet hat. 25 , 8 Kilo. Wahnsinn! Aber als die Starköchin später die Weihnachtsleckereien testet, sagt sie plötzlich bei einem zarten Buttertrüffel, der schmecke für sie beinahe wie Mainz. Dabei hat sie sehr nett gelacht. Ich wusste sofort, was sie meint.

Der gütige Siegfried
    Philipp und Jana haben drei Kinder. Das ist einerseits praktisch, weil man so dem Ältesten, also Konrad, mit seinen neun Jahren schon mal Verantwortung für die anderen beiden übertragen kann. Andererseits gilt aber auch und gerade für Neunjährige der Satz Abraham Lincolns: «Willst du den wahren Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.»
    Alles begann, als Jana und Philipp im letzten Jahr beschlossen, Konrad sei nun alt genug, um die Wahrheit über den Weihnachtsmann zu erfahren. Ihr Sohn durchschritt daraufhin in großer Geschwindigkeit die drei üblichen Stadien der Desillusionierung.
    1 .) Fassungslosigkeit: «Warum? Warum sagt ihr so was? Ist es, weil ich mein Zimmer nicht aufgeräumt habe? Habt ihr zur Strafe den Weihnachtsmann weggeekelt? Welchen Sinn hat das hier jetzt überhaupt noch alles?»
    2 .) Wiedererlangen der Fassung und erstaunlicher Realismus: «Also gut, wie viele Menschen wissen bereits Bescheid? Also von der Nichtexistenz des Weihnachtsmannes? Werden die dichthalten? Wie können wir angesichts dieser Situation eine Panik vermeiden?»
    3 .) Blanker Zynismus und Misanthropie. Die Erklärung tiefen Abscheus vor der Verlogenheit der Welt und der Menschheit an sich, endend in aufrichtiger moralischer Entrüstung: «Ich werde am diesjährigen Weihnachtsfest nicht teilnehmen. Auch nicht an etwaigen Weihnachtsfesten der nächsten Jahre. Ich bin nicht bereit, mich mitschuldig zu machen an diesem verlogenen und würdelosen Schauspiel. Ich fordere ehrliche Weihnachten in unserer Familie. Ohne Baum, ohne Kugeln, ohne Kerzen, ohne doofes Gesinge und vor allem ohne die Weihnachtsmannlüge. Weihnachten soll sich wieder ganz auf seinen eigentlichen, ursprünglichen, tieferen Sinn beschränken. Also nur auf die

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