Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
dieser Art könnte man wirklich Schaden anrichten. Dann dachte ich: Mein Vater war Sporttaucher.
    Ich verdrängte diesen Gedanken und rief in meinem ehemaligen Zuhause an.
     
     
     
     
     
     
    IX »Hi, Pam, ich bin’s noch mal.« »Ich will nicht mehr mit dir reden, Edgar. Wir haben uns gesagt, was wir zu sagen hatten.«
    »Nicht ganz. Aber ich mach’s kurz. Ich muss auf eine alte Lady aufpassen. Sie schläft jetzt, aber ich möchte sie nicht lange allein lassen.«
    Pam, wider Willen neugierig: »Eine alte Lady?«
    »Sie heißt Elizabeth Eastlake. Sie ist Mitte achtzig und hat seit Kurzem Alzheimer. Ihr eigentlicher Betreuer behebt gerade ein elektrisches Problem in irgendjemands Sauna, und ich helfe hier aus.«
    »Wolltest du einen Goldstern, den du in deinem Arbeitsheft auf die Gute-Taten-Seite kleben kannst?«
    »Nein, ich rufe an, um dich davon zu überzeugen, dass ich nicht verrückt bin.« Ich hatte meine Zeichnung mitgenommen. Jetzt klemmte ich mir den Hörer zwischen Ohr und Schulter, um nach ihr greifen zu können.
    »Was liegt dir daran?«
    »Du bist davon überzeugt, dass dies alles mit Ilse angefangen hat, aber das stimmt nicht.«
    »Mein Gott, du bist unglaublich! Würde sie aus Santa Fe anrufen und dir erzählen, dass ihr Schnürsenkel gerissen ist, würdest du losfliegen, um ihr einen neuen zu bringen!«
    »Außerdem gefällt es mir nicht, dass du glaubst, ich drehe hier allmählich durch, denn das stimmt nicht. Also... hörst du zu?«
    Nur Schweigen an ihrem Ende, aber Schweigen genügte mir. Sie hörte zu.
    »Du hast vor zehn Minuten oder einer Viertelstunde geduscht. Das vermute ich, weil deine Haare noch auf dem Kragen deines Hausmantels aufliegen. Der Föhn ist dir offenbar noch immer zuwider.«
    »Woher...«
    » Woher, weiß ich nicht. Als ich angerufen habe, hast du in einem Schaukelstuhl gesessen. Den musst du dir irgendwann nach unserer Scheidung gekauft haben. Du hast ein Buch gelesen und einen Keks gegessen. Ein Grandma’s Oatmeal Cookie. Die Sonne ist herausgekommen und scheint zum Fenster herein. Du hast einen neuen Fernseher, einen mit Flachbildschirm.« Ich machte eine Pause. »Und eine Katze. Du hast jetzt eine Katze. Sie schläft unter dem Fernseher.«
    Totenstille an ihrem Ende. An meinem blies der Wind und peitschte den Regen gegen die Scheiben. Ich wollte eben fragen, ob sie noch da sei, als sie wieder sprach: mit lebloser Stimme, die überhaupt nicht nach Pam klang. Ich hatte bisher geglaubt, sie könnte mein Herz nicht mehr verletzen, aber ich hatte mich getäuscht. »Hör auf, mich zu bespitzeln. Wenn du mich je geliebt hast - hör auf, mich zu bespitzeln.«
    »Dann hör du auf, mir Vorwürfe zu machen«, sagte ich mit heiserer, nicht ganz brechender Stimme. Ich erinnerte mich plötzlich an Ilse kurz vor dem Rückflug, an Ilse, die in der heißen tropischen Sonne vor dem Terminal von Delta Airlines stand, zu mir aufblickte und sagte: Du verdienst es, wieder gesund zu werden. Manchmal frage ich mich, ob du das selbst genug glaubst. »Was mir passiert ist, war nicht meine Schuld. Der Unfall war nicht meine Schuld, und das hier ist es auch nicht. Ich hab mir das nicht gewünscht.«
    Sie kreischte: »Meinst du, ich etwa?«
    Ich schloss die Augen, flehte etwas, irgendwas an, mich davor zu bewahren, Zorn mit Zorn zu vergelten. »Nein, natürlich nicht.«
    »Dann lass mich damit in Ruhe! Hör auf, mich anzurufen! Hör auf, mich zu ERSCHRECKEN!«
    Sie legte auf. Ich stand weiter mit dem Hörer am Ohr da. Nach kurzer Stille hörte ich ein lautes Klicken. Dann folgte das für Duma Key charakteristische trillernde Summen. Heute klang es fast untermeerisch. Vielleicht wegen des Regens. Ich legte auf und betrachtete die Ritterrüstung. »Ich finde, das ist doch prächtig gelaufen, Sir Lancelot«, sagte ich.
    Keine Antwort, was genau das war, was ich verdiente.
     
     
     
     
     
     
    X Ich ging durch die von Pflanzen gesäumte Haupthalle zur Tür des Porzellansalons, sah nach Elizabeth und stellte fest, dass sie weiter mit unbequem zurückgelegtem Kopf schlief. Ihr Schnarchen, das mir zuvor als unverbrämtes Alterszeichen bemitleidenswert erschienen war, wirkte jetzt tatsächlich beruhigend; sonst hätte man sich zu leicht vorstellen können, sie säße mit gebrochenem Genick da. Ich überlegte, ob ich sie wecken sollte, und beschloss, sie weiterschlafen zu lassen. Dann sah ich nach rechts, zu der breiten Haupttreppe hinüber, und dachte daran, wie sie gesagt hatte: Oh, Sie finden es

Weitere Kostenlose Bücher