Wahn - Duma Key
Zum Beispiel Shannington.«
»Ich weiß«, erwiderte Jack. »Genau davon rede ich ja. Also haben Elizabeth und ihr Dad und die Haushälterin … sich einfach dumm gestellt?«
»Was hätten sie sonst tun sollen?«, fragte ich. »Hätte John Eastlake vierzig oder fünfzig Freiwilligen erklären sollen: ›Die Butzefrau hat meine Töchter entführt, sucht die Butzefrau‹? Er hat es vielleicht nicht mal gewusst.Allerdings muss er’s irgendwann erfahren haben.« Ich dachte an das Bild, auf dem er schrie. Schrie und blutete.
»Das genügt mir als Erklärung«, sagte Wireman. »Ich möchte wissen, was passiert ist, nachdem die Suche eingestellt worden war. Miss Eastlake hat kurz vor ihrem Tod davon gesprochen, dass man sie ertränken muss, damit sie weiterschläft. Hat sie damit Perse gemeint? Und wenn ja, wie funktioniert so was?«
Ich schüttelte den Kopf. »Weiß nicht.«
» Warum weißt du das nicht?«
»Weil die restlichen Antworten am Südende der Insel zu finden sind«, sagte ich. »In den Ruinen der ursprünglichen Villa Heron’s Roost. Und ich glaube, dass auch Perse dort ist.«
»Also gut«, sagte Wireman. »Falls wir nicht bereit sind, Duma schnellstens zu verlassen, müssen wir dorthin, glaube ich.«
»Wenn man bedenkt, was Tom zugestoßen ist, bleibt uns gar nichts anderes übrig«, sagte ich. »Ich habe einen Haufen Bilder verkauft, und die Leute in der Scoto werden sie nicht ewig zurückhalten.«
»Kauf sie zurück«, schlug Jack vor. Daran hatte ich allerdings auch schon gedacht.
Wireman schüttelte den Kopf. »Viele der Besitzer würden nicht verkaufen wollen, nicht mal zum doppelten Preis. Und eine solche Geschichte würde sie nicht überzeugen.«
Dazu sagte keiner etwas.
»Aber bei Tageslicht ist sie nicht ganz so stark«, sagte ich. »Ich würde neun Uhr vorschlagen.«
»Einverstanden«, sagte Jack. »Ich bin um Viertel vor da. Jetzt fahre ich über die Brücke nach Sarasota zurück.« Die Brücke. Das setzte mir eine Idee in den Kopf, wo sie fortan umherschwirrte.
»Du kannst gern hier übernachten«, sagte Wireman.
»Nach diesem Gespräch?« Jack zog die Augenbrauen hoch. »Bei allem Respekt, Mann, kommt nicht infrage. Aber ich bin morgen da.«
»Morgen sind lange Hosen und Stiefel angesagt«, fügte Wireman hinzu. »Dort unten ist alles überwuchert, und vielleicht gibt’s Schlangen.« Er rieb sich das Gesicht mit einer Hand. »Sieht so aus, als würde ich das morgige Abschiednehmen bei Abbot-Wexler verpassen. Miss Eastlakes Verwandte werden gegeneinander die Zähne fletschen müssen. Wie schade … he, Jack.«
Jack war zur Tür unterwegs. Jetzt machte er halt und drehte sich um.
»Du hast nicht zufällig etwas, das Edgar gemalt oder gezeichnet hat?«
»Hmmm … nun …«
»Raus mit der Sprache. Beichten ist gut für die Seele, compañero .«
»Eine Skizze«, sagte Jack. Er scharrte mit den Füßen, und ich bildete mir ein, ihn erröten zu sehen. »Bleistift, laviert. Auf der Rückseite eines Briefumschlags. Eine Palme. Ich... äh … hab sie eines Tages aus dem Papierkorb geangelt. Entschuldige, Edgar. Tut mir leid.«
»Schon gut, aber verbrenn sie«, sagte ich. »Vielleicht kann ich dir eine andere Zeichnung schenken, wenn dies alles vorbei ist.« Falls es jemals vorbei ist, dachte ich, ohne es jedoch auszusprechen.
Jack nickte. »Okay. Soll ich dich zum Big Pink mitnehmen?«
»Ich bleibe hier bei Wireman«, sagte ich, »aber ich möchte, dass du mir etwas aus dem Big Pink holst.«
»Ich weiß schon, was«, sagte Jack. »Schlafanzug und Zahnbürste.«
»Nein«, sagte ich. »Den Picknickkorb und diese silbernen Har…«
Das Telefon klingelte, und wir sahen uns gegenseitig an. Ich glaube, ich wusste sofort, dass uns schlechte Nachrichten erwarteten; ich hatte das Gefühl, dass mein Magen fahrstuhlartig in die Tiefe sank.
Das Telefon klingelte wieder. Ich sah zu Wireman hinüber, aber Wireman sah mich nur an. Auch er wusste es. Ich nahm den Hörer ab.
»Ich bin’s.« Pam, mit bedrückter Stimme. »Mach dich auf was gefasst, Edgar.«
Wann immer man diese Warnung hört, versucht man eine Art mentalen Sicherheitsgurt anzulegen. Aber das funktioniert nur selten. Die meisten Leute haben keinen.
»Spuck’s aus.«
»Ich habe Bozie zu Hause erreicht und ihm ausgerichtet, was du gesagt hast. Er hat angefangen, Fragen zu stellen, was keine Überraschung war, aber ich habe ihm erklärt, ich hätte es eilig und wüsste ohnehin keine Antworten. Also hat er - in Kurzform - sich
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