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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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Demokratie sind vor allem durch drei Kriterien gekennzeichnet:
– Faktische Alleinherrschaft oder nahezu Alleinherrschaft des Regierungschefs,
– Abhängigkeit der Gefolgsleute und der nachgeordneten Amtsträger,
– Geschlossenheit des Mechanismus.
    Faktische Alleinherrschaft in der Demokratie – ist so etwas vorstellbar? Ja, es ist möglich. Strauß hat in Bayern nahezu unumschränkt geherrscht, das bedarf keiner näheren Darlegung. Schon kurz nach seinem Regierungsantritt als Ministerpräsident witzelte der Wirtschaftsminister Anton Jaumann über die Kabinettssitzungen: »Wir fassen jetzt unsere Beschlüsse nur noch einstimmig.« Der langjährige CSU -Fraktionsvorsitzende Alois Glück äußerte später, es sei Strauß gewesen, der bestimmt habe, wer wo bei Wahlen kandidierte. Und der frühere Innenminister Bruno Merk beklagte, »wie sehr die CSU auf ihren alles dominierenden Vorsitzenden ausgerichtet war«.
    Bei Stoiber lief es nicht anders. Wie schon erwähnt, bekannte Erwin Huber in einem Interview gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit im November 2009 , dass Stoiber im Wesentlichen allein entschieden habe: »Wir von der Parteispitze haben ihn wegen seiner Erfolge in diese absolute Machtposition hineinwachsen lassen.« Man bedenke: »absolute Machtposition« – und das in einer Demokratie!
    Mit Horst Seehofer verhält es sich ähnlich. Das zeigte sich bekanntermaßen etwa daran, dass er der Sozialministerin Christine Haderthauer den Rausschmiss aus dem Kabinett androhte, nachdem sie in einem Interview ehrlicherweise erklärt hatte, Strauß sei nicht ihr Vorbild oder an der von ihm gegen den entschiedenen Willen der Parteibasis betriebenen Installation der skandalbefrachteten Monika Hohlmeier in Oberfranken als Kandidatin für das Europaparlament. Dass Seehofer bei seinem Amtsantritt erklärt hatte, künftig werde der Wille der Basis maßgeblich sein, bekümmert ihn dabei nicht. Immer wieder berichtet die Presse, dass die Landtagsfraktion weniger zu sagen habe als je zuvor – Seehofer entscheide einsam und allein –, ganz seinem Idol Strauß folgend. In der CSU -Fraktion rede man von »Monokratie«.
    In Hessen regierte Roland Koch uneingeschränkt, weil er sich ihm bedingungslos ergebene Gefolgsleute wie zum Beispiel den Finanzminister Karlheinz Weimar und den Innenminister Volker Bouffier gezogen hatte. Inmitten einer formalen Demokratie etablierte sich ein Unrechtssystem. Nur so erklärt es sich, dass Roland Koch den Skandal der vier für unheilbar paranoid erklärten und zwangspensionierten Steuerfahndungsbeamten überstehen konnte. In einer funktionierenden Demokratie wäre er längst aus dem Amt gefegt worden.
    Das Kriterium »Abhängigkeit« schafft Folgsamkeit. Beamte und Staatsanwälte wollen befördert, Abgeordnete bei der nächsten Wahl wieder aufgestellt werden oder ins Kabinett aufrücken. Wer Kabinettsmitglied ist, möchte es bleiben. Sie alle blicken nach oben, sie alle hüten sich, als »unzuverlässig« aufzufallen. Auch wenn sie sich alle zu ihrer Verantwortung dem Volk gegenüber bekennen, machen sie in Wahrheit doch das, was ihnen aufgetragen wird. Selbst eine hohe Position als Ministerialbeamter, Präsident, Generalstaatsanwalt, Leitender Oberstaatsanwalt erzeugt – trotz des stolzen Titels – nicht die gebotene Selbstachtung, sich ungesetzlichen Machenschaften zu verweigern.
    Das gleichgerichtete Handeln aller staatlichen Organe ist Voraussetzung dafür, dass das Unrechtssystem zur Wirkung kommt. Wird zum Beispiel eine Aufsichtsbeschwerde oder Gegendarstellung gegen eine Entscheidung aus pseudopolitischen Gründen zurückgewiesen, so kann sich der Betroffene, nennen wir ihn A., an das zuständige Ministerium wenden. Geschah die Zurückweisung indessen auf Wunsch des Ministeriums, so wird er von dort eine erneute Zurückweisung erleben. Nunmehr erstattet er vielleicht Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Der Leitende Oberstaatsanwalt weiß, was er zu tun hat. Er möchte schließlich noch zum Landgerichtspräsidenten befördert werden. Oder er erhält eine Weisung des Generalstaatsanwalts, zumindest führt er mit diesem einen »Meinungsaustausch«.
    A. wendet sich nach der Zurückweisung seiner Strafanzeige in Wahrnehmung seines Petitionsrechts vertrauensvoll an den Landtag. Das Ministerium nimmt zu seiner Eingabe Stellung. Was passiert? Die Regierungspartei wird mit ihrer Mehrheit die Petition aufgrund dieser Stellungnahme für erledigt erklären. Eine wirkliche Gewaltentrennung

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