Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Richter mit Schreiben vom 21 . September 2006 nochmals: Es sei »nach wie vor keine Entscheidung über die Beschwerde des Betroffenen herbeigeführt worden«. Schwarz blieb ungerührt. Als die Entmündigungsfrist am 6 . Oktober 2006 auslief, vermerkte sie: »Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Bayreuth ist nicht mehr gegeben.« Erfolgreich hatte sie Mollaths Rechtsmittel vereitelt, die Aufhebung ihrer Entscheidung verhindert.
Wieso konnte Richterin Schwarz diese schwere Rechtsbeugung wagen? Hatte sie Rückendeckung? Was war ihr Motiv?
In der Zeit der vorläufigen Entmündigung war ein wesentlicher Teil von Mollaths Vermögen verwertet worden, ohne dass er erfuhr, wie. Als sich die SZ im April 2013 beim Justizministerium und beim Sozialministerium nach dem Verbleib seiner Habe erkundigte, blieben die Fragen ohne Ergebnis. Sein in einer vornehmen Wohngegend in Nürnberg liegendes Elternhaus hatte seine geschiedene Ehefrau für nur 226 000 Euro ersteigert, weit unter Wert.
In der Anhörung vom 18 . April 2013 stellten die Verteidiger Mollaths auf meine Anregung hin die Frage, ob der anwesende Richter Schwarz der Ehemann der besagten Richterin sei. Und siehe da: Er war mit ihr verheiratet. Er hatte an den vorangegangenen rechtswidrigen Entscheidungen, Mollath weiterhin wegzusperren, mitgewirkt. Auf die Frage der Verteidigung zu seiner Befangenheit erklärte Schwarz sich forsch für nicht befangen. Munter strickte er auch am Schicksal Mollaths weiter.
Doch dessen Freilassung würden die Bayreuther Richter nicht mehr verhindern können. Die Wiederaufnahmegründe waren steinhart, das Landgericht Regensburg würde sich nicht darüber hinwegsetzen können. Justitia fiat – es geschehe Gerechtigkeit!
Doch mit der Gerechtigkeit pressierte es der dortigen Kammer ganz und gar nicht. Nach dem Gesetz ist schnellstmöglich zu entscheiden, wenn es um Freiheitsentzug geht. Indessen: Ende Mai 2013 , 15 Wochen nach dem Wiederaufnahmeantrag des Verteidigers Strate und 11 Wochen nach dem der Staatsanwaltschaft Regensburg, lehnte die Kammer sogar die vorläufige Freilassung Mollaths ab, weil sie, wie die Vorsitzende Bettina Mielke schrieb, die Erfolgsaussichten der Wiederaufnahmeanträge noch nicht beurteilen könne! Empört legte Anwalt Strate Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, drohte mit dem Bundesverfassungsgericht. In der SZ prangerte Heribert Prantl den Skandal als »alarmierend« an. Er zeigte: Solchen Richtern »kann man existenzielle Entscheidungen nicht anvertrauen.«
Die unter der Obhut der Beate Merk stehende Justiz würde Mollath, wenn überhaupt, nicht vor der Landtagswahl im September 2013 freilassen, darauf deuteten alle Anzeichen hin. Zuvor würde die CSU -Mehrheit des inzwischen eingesetzten Untersuchungsausschusses des Landtags das Handeln aller Justizorgane als völlig korrekt, das von Beate Merk als superkorrekt deklarieren.
Doch die Opposition konnte sich auf einen sensationellen Aktenfund berufen, nämlich den ursprünglichen, dem Generalstaatsanwalt Nerlich vorgelegten Entwurf der Staatsanwaltschaft Regensburg für den Wiederaufnahmeantrag. In diesem Entwurf vom 18. Dezember 2012 wurde festgestellt: »Die zahlreichen Verstöße gegen grundlegende Verfahrensvorschriften, die das gesamte Verfahren wie ein roter Faden durchziehen und ein erhebliches Gewicht haben, sind für sich schon ein tragfähiges Indiz für eine sachfremde Motivation und damit für den Vorsatz zur Rechtsbeugung.« Höchstwahrscheinlich in Absprache mit dem Justizministerium ließ Nerlich diese Feststellung der Rechtsbeugung streichen.
Am 11. Juni 2013 sagte Mollath vor dem Untersuchungsausschuss aus – über zweieinhalb Stunden, eindrucksvoll und ohne das geringste Anzeichen geistiger Verwirrtheit, wie die Presse einhellig berichtete.
Drei Tage später musste Beate Merk aussagen. Sie vermochte die massiven Vorhaltungen der Opposition nicht zu erschüttern, wohl aber die Zuhörer. Man war anschließend überzeugt: Diese Frau wird nach der anstehenden Wahl nicht mehr Ministerin.
Die Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten Seehofer und der CSU-Fraktion
Die CSU -Fraktion stellte sich im Landtag rückhaltlos hinter die Justizministerin, machte Front gegen Gustl Mollath. Seehofer sprach Merk, wie erwähnt, im Landtag sein volles Vertrauen aus – und das, obwohl er mindestens aufgrund der Hinweise aus Opposition und Presse wissen musste, dass sie den Landtag getäuscht und auch ansonsten die Unwahrheit gesagt hatte (vgl. ihre
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