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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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alles war Rechtens – und das Ergebnis erschreckend. Es war spätabends; er hatte sich auf dem Stuhl zurückgelehnt und verstanden, daß er einem Verbrechen auf die Spur gekommen war. Zuerst wollte er es nicht glauben. Aber schließlich gab es keine andere Erklärung. Erst im Morgengrauen machte er sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Irgendwo in der Nähe des Stortorg war er stehengeblieben. Der Gedanke, daß der Mann von Schloß Farnholm ein Verbrechen begangen hatte, ließ sich nicht abschütteln. Es gab keine andere Erklärung. Grobe Täuschung der Exportaufsichtsbehörde, ein gigantischer Steuerbetrug, eine Kette von Urkundenfälschungen.
     
    Danach hatte er nach dunklen Löchern in allen Dokumenten gesucht, die aus Farnholm auf seinen Tisch kamen. Und es gab |12| sie, fast immer. Langsam wurden ihm die kriminellen Dimensionen bewußt. Er wollte seinen Augen nicht trauen, bis sich die Wahrheit nicht mehr leugnen ließ.
    Dennoch hatte er nicht reagiert, hatte nicht einmal mit seinem Sohn über die Entdeckung gesprochen.
    Warum? Weil er in seinem Innersten noch nicht glauben wollte, was doch Realität war? Hatte denn sonst niemand etwas gemerkt, die Steuerbehörden zum Beispiel?
    War er einem Geheimnis auf die Spur gekommen, das es nicht gab?
    Oder war es schon von Anfang an zu spät gewesen? Schon damals, als der Mann von Schloß Farnholm Hauptklient der Anwaltskanzlei wurde?
     
    Der Nebel schien immer dichter zu werden. Vielleicht würde er sich kurz vor Ystad lichten.
    Gleichzeitig war ihm bewußt, daß es nicht mehr so weiterging. Jetzt, da er wußte, daß der Mann auf Farnholm Blut an den Händen hatte.
    Er mußte mit seinem Sohn sprechen. Trotz allem war Schweden noch ein Rechtsstaat, wenn dieser auch immer schneller ausgehöhlt und geschwächt wurde. Auch sein Schweigen war Teil dieses Prozesses. Daß er so lange die Augen verschlossen hatte, würde ein fortgesetztes Schweigen nicht entschuldigen.
    Er könnte sich nie das Leben nehmen.
    Plötzlich bremste er scharf.
    Im Licht der Scheinwerfer war etwas aufgetaucht. Zuerst glaubte er, es sei ein Hase. Dann sah er, daß sich etwas unbeweglich im Nebel auf der Fahrbahn befand.
    Er hielt und schaltete das Fernlicht aus.
    Mitten auf der Straße stand ein Stuhl. Ein einfacher Holzstuhl, auf dem eine Puppe in menschlicher Größe saß. Das Gesicht war weiß.
    Es konnte auch ein Mensch sein, der wie eine Puppe aussah.
    Er spürte, wie das Herz in der Brust krampfhaft schlug.
    Nebel waberte durch die Lichtkegel.
    |13| Der Stuhl und die Puppe waren keine Sinnestäuschung. Genausowenig wie die eigene lähmende Angst. Er schaute wieder in den Rückspiegel. Nichts als Dunkelheit. Vorsichtig fuhr er bis auf zehn Meter an Stuhl und Puppe heran.
    Die Puppe glich einem Menschen; es war keinesfalls eine beliebig zusammengesetzte Vogelscheuche.
    Das gilt mir, dachte er.
    Mit zitternder Hand stellte er das Radio ab und lauschte in den Nebel hinaus. Alles war sehr still. Er war durch und durch unentschlossen.
    Es lag nicht an dem Stuhl vor ihm im Nebel oder an der geisterhaften Puppe, daß er zögerte. Es war etwas anderes, etwas dahinter, was er nicht sehen konnte. Etwas, was vermutlich nur in ihm selbst existierte.
    Ich habe Angst, dachte er wieder. Die Furcht nimmt mir die Fähigkeit, klar zu denken.
    Schließlich löste er doch den Sicherheitsgurt und öffnete die Fahrertür. Er war überrascht, wie kühl und feucht die Luft war.
    Er stieg aus, den Blick fest auf den Stuhl und auf die Puppe geheftet, die von den Scheinwerfern angestrahlt wurden. Sein letzter Gedanke war, daß dies wie eine Theateraufführung war. Bald würden die Schauspieler die Bühne betreten.
    Dann hörte er hinter sich ein Geräusch.
    Er kam nicht mehr dazu, sich umzudrehen.
    Der Schlag traf ihn am Hinterkopf.
    Als er auf den nassen Asphalt sackte, war er bereits tot.
    Der Nebel war jetzt sehr dicht.
    Es war sieben Minuten vor zehn.

|14| 2
    Der Wind war böig und kam genau von Norden.
    Der Mann, der weit draußen am vereisten Ufer entlanglief, duckte sich gegen den Sturm. Dann und wann blieb er mit dem Rücken zum Wind stehen, zog den Kopf zwischen die Schultern und vergrub die Hände tief in den Taschen. Schließlich nahm er seinen scheinbar ziellosen Lauf wieder auf, bis er vom grauen Licht verschluckt wurde.
    Eine Frau, die täglich am Strand ihren Hund ausführte, beobachtete den Mann seit einiger Zeit mit wachsender Unruhe. Er schien sich vom Morgengrauen bis zum Einbruch der Dunkelheit

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