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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Schwingungen sich unter Umständen gegenseitig, wie es vor der norwegischen Küste, bei den Windward-Islands und in Tahiti der Fall ist, wo allein die Sonne die unbedeutenden Fluten hervorbringt – der weit entfernte Apollo schlägt die Harfe schwächer als Diana an, so daß die Flut regelmäßig zu Mittag und um Mitternacht kommt, während morgens und abends die Ebbe eintritt.
    Die höchsten Töne der Meeresharfe werden durch Gezeitenechos in Buchten, Fjorden, Straßen und Meeresteilen hervorgerufen, die zum größten Teil von Land umgeben sind. Diese kurzen Saiten ertönen oft am lautesten, wie eine Violine oft ein Cello übertönt: die hohen Fluten von Fundy, am Severn, in Nordfrankreich, in der Magalhaesstraße, im Arabischen und Irischen Meer.
    Alle diese Saiten vibrieren nur leise, wenn die Mondgöttin sie mit leichten Fingern zupft – die Gezeiten verändern sich einen Meter auf und ab, vielleicht auch zwei oder drei, selten sechs und noch seltener mehr.
    Aber jetzt hatte der Wanderer Diana und Apollo die Meeresharfe entrissen und spielte selbst darauf – mit Fingern, die achtzigmal stärker waren. Am ersten Tag nach seinem Erscheinen am Himmel erreichten Ebbe und Flut bereits das Fünfzehnfache des gewohnten Wertes, am zweiten Tag schon das Fünfundzwanzigfache, als die Wassermassen auf das wilde Harfenspiel des Wanderers ansprachen. War früher das Wasser einen Meter gestiegen, betrug die Flut jetzt zehn Meter; hatte der Gezeitenunterschied früher zehn Meter betragen, erreichte er jetzt hundert – und mehr.
    Die riesigen Fluten folgten dem alten Zeitplan – ein neuer Spieler, aber die gleiche Harfe. Tahiti war nur einer der vielen Punkte der Erde – nicht alle weit vom Meer entfernt landeinwärts –, auf die sich die Gegenwart des Wanderers nicht auswirkte, so daß die Menschen dort den neuen Planeten nur als astronomische Kuriosität ansahen.
    Die Küsten sind vor dem Meer durch Wälle geschützt, zu deren Entstehung das Wasser selbst beigetragen hat. Nur an wenigen Stellen hat das Meer lange, flache Küstenstreifen vor sich, wo die Gezeiten täglich kilometerweit ins Land vordringen und wieder zurückweichen: in den Niederlanden, in Norddeutschland und an der Küste Nordwestafrikas.
    Aber es gibt zahlreiche flache Küsten, die nur wenige Meter über dem Meeresspiegel beginnen. Hier strömten die durch den Wanderer hervorgerufenen Fluten zehn, zwanzig, fünfzig und mehr Kilometer landeinwärts. An den Stellen, wo hohe Fluten mit deutlich abgesetzten, aber nicht allzu hohen Küsten zusammentrafen – Fundy, der Bristol-Kanal, die Mündungen der Seine und Themse –, ergossen die Wassermassen sich plötzlich nach allen Richtungen über das umliegende Land.
    Seichte Kontinentalschelfe wurde von der Ebbe leergefegt, so daß ihr Sand in den Abgründen des Meeres verschwand. Längst versunkene Riffe und Inseln tauchten wieder auf; andere wurden ebenso tief verschüttet. Seichte Meeresteile und Golfe wie der Persische Golf wurden täglich mehrmals trockengelegt; Meeresstraßen wurden tiefer, während gleichzeitig an anderen Stellen niedrige Landengen mit Salzwasser überflutet wurden. Weite Landstrecken, die ehemals fruchtbare Felder gewesen waren, verwandelten sich jetzt in Salzwüsten. Viehherden wurden fortgeschwemmt und ertranken. Bauernhöfe, Dörfer und Städte verschwanden unter den Wassermassen und wurden in Trümmer gelegt. Große Hafenstädte standen völlig unter Wasser und waren von der Außenwelt abgeschnitten.
    Obwohl die Katastrophe sich so plötzlich in diesem ungeahnten Ausmaß ereignete, kam es überall auf der Welt zu Rettungsversuchen, deren Gelingen fast an ein Wunder grenzte. Organisationen und Vereinigungen aller Art, die auf Katastrophenfälle eingerichtet waren – das Rote Kreuz, die Küstenwache, der Seenotrettungsdienst und andere – nahmen sofort die Arbeit auf; einige der Vorbereitungen für den Fall eines nuklearen Krieges erwiesen sich endlich als nützlich.
    Trotzdem mußten Millionen sterben.
    Einige sahen die Katastrophe kommen, hatten Gelegenheit zur Flucht und ergriffen sie auch. Andere – selbst in den am meisten betroffenen Gebieten – dachten nicht einmal an Flucht.

    Barbara Katz warf einen bedauernden Blick auf ihren Teller, auf dem noch immer ein halber Buttermilchpfannkuchen mit Ahornsirup lag, mußte aber zugeben, daß sie selbst bei bestem Willen nicht mehr davon essen konnte. Das war allerdings kein Wunder, denn sie hatte bereits eine reichliche Portion

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