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Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)

Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)

Titel: Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhianne Aile
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Kapitel 1
     
     
    London ~ Heute
     
    Tristan Northland lief in seinem Zimmer hin und her und hob alle möglichen Dinge auf, um sie in den Koffer zu packen, der offen auf dem Bett lag. Er hielt inne und überflog noch einmal den ganzen Inhalt: Kleider, Schuhe, Großmutters Buch der Schatten , sein eigenes, in Leder gebundenes Tagebuch und eine kleine, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Holzkiste, die diverse Steine, Kristalle und einige wertvolle Gerätschaften enthielt, die sorgfältig in Seide eingeschlagen waren.
    Er hatte einen ganzen Schrank voller magischer Utensilien und Nachschlagewerke in seinem Arbeitszimmer, aber er konnte nicht alles, was er möglicherweise gebrauchen könnte, übers Meer transportieren. Alles, was absolut unverzichtbar war, hatte er eingepackt. Den Rest würde er – da war er sich ziemlich sicher – auch in New York bekommen.
    William betrat das Zimmer und betrachtete seinen Bruder, der gedankenverloren auf seinen Koffer starrte.
    »Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mindestens sechs von der Sorte brauchen.«
    Tristan schreckte aus seinen Gedanken hoch, grinste seinem Zwilling entgegen und zog ihn in eine enge Umarmung, sodass seine Stirn Williams berührte. Dabei fielen ihnen die dunklen Locken wie ein Vorhang ins Gesicht und schirmten den privaten Moment vor der Außenwelt ab.
    »Ich glaube, deine Haare sind noch länger geworden als meine«, bemerkte Will. »Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst?«
    Tristan zog den Reißverschluss des Koffers zu und ließ sich daneben auf dem Bett nieder. »Ich glaube nicht, dass ich eine Wahl habe. Unsere Vorfahrin ist dafür verantwortlich, dass die Sterling-Familie jetzt schon seit fast einem halben Jahrtausend unter einem entsetzlichen Fluch leiden muss. Wenn es auch nur die geringste Chance gibt, dass ich ihn brechen kann, muss ich es versuchen.«
    »Aber vielleicht solltest du ihm zuerst schreiben. Herausfinden, ob er überhaupt möchte, dass du kommst.«
    Tristan schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will ihm nicht die Gelegenheit geben, schon vorher abzublocken. Er hat allen Grund dazu, der Northland-Familie nicht zu trauen. Ich hoffe einfach darauf, dass es für ihn schwieriger sein wird, mich wieder wegzuschicken, wenn ich erstmal da bin, als einen Brief zu zerreißen.«
    William zog seinen Zwillingsbruder auf die Füße und in eine weitere, feste Umarmung. »Sei vorsichtig. Ich habe Angst davor, die zweite Hälfte meiner Seele zu verlieren.«
    Ernst blickte Tristan seinem Bruder in die Augen. Sie hatten sich schon immer näher gestanden als normale Geschwister, sogar näher als normale Zwillinge. Sie waren in der Lage, die Gedanken und Gefühle des jeweils anderen zu lesen und teilten die übersinnlichen Fähigkeiten ihrer Großmutter.
    William hatte das zweite Gesicht geerbt, das ihm Vorahnungen bescherte und Tristan die Gabe, die Kraft der natürlichen Elemente zu bündeln. Seit dem Geschwisterpaar, das die Sterlings verflucht hatte, waren sie seit langem wieder die ersten Zwillinge, die in der Familie Northland zur Welt gekommen waren.
    Es schien auf eine schicksalhafte Weise gerecht, dass einer von ihnen den Fluch brechen würde, da eine des ersten Zwillingspaares ihn gewirkt hatte.
     
     
    ***
     
    Kolonie New York ~ 1668
     
    Edward Northland rannte durch den Wald, zitternd und schwitzend vor Angst. Die Aura schwarzer Magie lag bedrohlich in der Luft. Er konnte die Wut seiner Zwillingsschwester spüren, ihr gebrochenes Herz, das sich durch den Verrat ihres Liebsten verhärtet hatte. Er betete, dass er es noch rechtzeitig schaffen würde, und folgte der geradezu magnetischen Anziehungskraft gewaltiger Energien.
    »Bitte, bitte tu es nicht!«, flehte er seine Schwester durch ihre geistige Verbindung an und schickte seine Gebete an eine eindrucksvolle Anzahl von Gottheiten in der Hoffnung, sie würden eingreifen, bevor es zu spät war.
    Anne hatte sich immer über seine Liebe zu Büchern und Nachforschungen lustig gemacht, da sie einen sehr viel natürlicheren und ursprünglicheren Zugang zu ihrer Gabe besaß.
    Die Bäume standen inzwischen weniger dicht beieinander, als er sich der Lichtung näherte, wo der silberne Schein des Mittsommer-Vollmondes ungehindert bis auf den Waldboden hinab fiel. Jetzt konnte er die Stimme seiner Schwester hören, hart und kalt, ganz anders als ihr sonst so fröhlicher Tonfall.
    Der Rauch, der von der Lichtung aufstieg, war erfüllt vom Geruch verschiedener Kräuter.

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