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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Aufzeichnungen und Berichte auf Mikrofilm füllen die Planeten zweier Systeme. Sie betrachtet es als ihre wichtigste Aufgabe, alles schriftlich festzuhalten, was sich jemals ereignet hat.
    Jede Rasse, die nur einigermaßen intelligent, anständig und friedlich ist, kann erwarten, von der Regierung in ihrem Lebensstil unterstützt zu werden. Sie wendet sich stets gegen jeden Energieverbrauch, der nicht der Erhaltung oder Sicherung des bisher Erreichten gilt; sie ist gegen die Erkundung des Hyperraumes und gegen seine Nutzbarmachung, weil er nur der Fortbewegung ihrer Polizei dienen soll. Ihre größte Angst beruht auf der Möglichkeit, daß eines Tages das bestehende Universum beschädigt oder gar zerstört werden könnte, denn wenn man von dem Hyperraum absieht, gibt es keine Sicherheit im Unendlichen mehr, in die man sich flüchten könnte. Deshalb ist die lähmende Todesfurcht so weit verbreitet.
    Da sich aber selbst Unsterbliche fortpflanzen müssen – allerdings nur sehr begrenzt –, um die Illusion aufrechtzuerhalten, sie lebten noch immer wirklich, muß die Regierung ständig Platz für neue Bürger finden. Auf dieser Suche wird sie auch bald euer Sonnensystem genauer erforschen, Paul. Die bisher geübte Zurückhaltung in der Frage der unbesiedelt gebliebenen Welten ist aufgegeben worden. Früher wurden sie als Reservate betrachtet, die mit allen Mitteln geschützt werden mußten, damit das intelligente Leben sich dort ungestört entwickeln konnte. Aber jetzt werden ihre Planeten gebraucht – ihre Materie und die Energie ihrer Sonnen ebenfalls. Deshalb sollen sie in die kosmische Super-Kultur eingegliedert werden. Vorsichtig, überlegt und freundlich – aber trotzdem entschlossen, so daß die Menschen vermutlich schon innerhalb der nächsten zweihundert Jahre vor diesem erzwungenen Anschluß stehen. Und wenn der Prozeß erst einmal begonnen hat, wird er rasch abgeschlossen – zehn oder zwanzig Jahre später wird es keine Planeten im Urzustand mehr geben.
    Die Ziele und Absichten der kosmischen Regierung lassen sich am besten in der Feststellung zusammenfassen, daß sie das intelligente Leben bewahren will, bis das Universum zerfällt. Früher gab es eine Zeit, in der man glaubte, das Universum werde ›ewig‹ bestehen, aber jetzt wissen wir, daß der Höhepunkt und Abschluß zugleich dann erreicht ist, wenn alle Materie der Erhaltung des Lebens dient, wenn die natürliche Entropie so weit verlangsamt worden ist, wie das innerhalb der Grenzen des Universums überhaupt möglich ist. Sie sehen darin einen Idealzustand. Wir erkennen darin eine tödliche Gefahr.
    Mein Volk gehört zu den jüngeren Rassen der kosmischen Kultur, die seit jeher ein engeres Verhältnis zum Tod haben, die schon immer mehr Wert auf Abenteuer als auf Sicherheit gelegt haben, denen Freiheit mehr als ein voller Magen bedeutet. Wir ziehen Wachstum der Unsterblichkeit vor – deshalb fürchten wir uns auch nicht vor den Gefahren, die andere abschrecken.
    Aber vor allem wollen wir den Hyperraum erforschen und zugänglich machen, anstatt ihn nur zweckmäßigerweise für rasche Reisen zu benützen, bei denen man die Küste nie aus den Augen verlieren darf, die unseren Kosmos bezeichnet. Nein, wir möchten wie die alten Seefahrer kühn in das Unbekannte hineinfahren, in dem uns vielleicht noch größere Stürme erwarten.
    Wir sind davon überzeugt, daß dort Milliarden Trillionen anderer Systeme zu finden sein müssen – Milliarden Trillionen Blätter im Wirbelwind, Milliarden Trillionen Schneeflocken im Sturm. Vermutlich gleichen sie den unseren nicht, sondern bestehen aus anderen Grundstoffen – oder aber aus veränderlichen Kontinuitäten. Welten aus solider Materie oder aus Löchern in ihr. Welten ohne Licht. Welten, auf denen das Licht sich so rasch wie ein Gedanke oder so langsam wie das gesprochene Wort bewegt. Welten, auf denen die Materie durch Gedanken zum Wachsen gebracht werden kann, wie hier der Verstand durch Moleküle wächst. Eine chromatische Skala aller möglichen Welten, die ein vollkommenes Spektrum der Schöpfung darstellen.
    Oder wenn wir im Hyperraum keine Welten finden, können wir dort welche schaffen! Warum sollten wir nicht den Anstoß dazu geben, indem wir ein Urteilchen erzeugen? Was kümmert es uns, wenn dabei dieser Kosmos zerstört wird?
    Das ist unsere größte Aufgabe. Aber wir haben auch kleinere Forderungen zu stellen: keine Nachforschungen in unsere Angelegenheiten, unseren Planeten und unsere Gedanken!

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