Wanderungen durch die Mark Brandenburg
durch Frankreich, das Schloß von Amboise besucht habe, um die Gemächer zu sehen, in welchen der Emir einst seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte. Abd-el-Kader lächelte verlegen, als sei ihm die Erinnerung daran eine schmerzliche. Statt aller Antwort darauf ergriff er die Hand des Prinzen und legte sie wie die eines lieben Freundes in die seinige. Trotz seines hohen Alters bewies der Emir ein ausgezeichnetes Gedächtnis und erinnerte sich z.B. mit allen nur möglichen Einzelheiten der erlauchten Person des Kronprinzen, mit dem er bei Gelegenheit der Eröffnung des Suezkanals in Ägypten reden zu dürfen die Ehre gehabt habe. Jedes Gespräch, welches auf die Ereignisse des letzten großen Krieges Frankreichs gegen Deutschland ein Streiflicht hätte werfen können, vermied er mit peinlicher Ängstlichkeit. Anderthalb Stunden später machte der Emir dem Prinzen seinen Gegenbesuch, bewegte sich hierbei freier und die bis dahin gezeigte Schüchternheit war gewichen; er sprach von seinen Studien und namentlich auch davon, wie schwer es ihm werde, den Unterhalt für seine ihm in die Verbannung gefolgten Freunde (5 000) aufzubringen. Der Abschied war der denkbar herzlichste. Der Prinz küßte den Emir zweimal und wünschte ihm ein langes und glückliches Alter. ›Vielleicht ein Wiedersehen in Deutschland.‹ Abd-el-Kader dankte gerührt. ›Mein nächstes Reiseziel wird ein anderes sein, denn ich fühle, daß meine Tage gezählt sind. Möge der Segen Gottes alle Zeit auf Ew. königlichen Hoheit ruhen‹.«
VII. Von Damaskus nach Palmyra. Zurück nach Beirut
9. März. Während des Aufenthalts in Damaskus hatte sich der Prinz schlüssig gemacht, trotz aller Unbill des Wetters, die nach Palmyra geplante Reise wirklich anzutreten. Vizekonsul Kaufmann Lütticke zu Damaskus, der Palmyra von einem früheren Besuche her schon kannte, stellte sich dem Prinzen zur Verfügung und übernahm die Führung. Am neunten früh brach man auf. »Wir waren 150 Menschen (darunter 60 Tscherkessen und kurdische Reiter) und 200 Tiere. Den ersten Gruß brachten uns 16 in rasendem Galopp über die Ebene daherjagende Beduinen, ihren Scheich an der Spitze. Ein braun und weiß gestreifter Burnus umhüllt den Körper, aus der Vermummung des Kopfes schaut ein dunkelbraunes Gesicht mit martialischem Schnurrbart; die nackten Beine stecken in unbehilflichen Stiefeln, und eine 13 bis 14 Fuß lange Lanze wird in den Händen geschwungen. Ihre Rosse, durchweg Stuten, sind von kleinem Bau«. Man kam bis zu dem Lehmdorfe Qutaife, wo man lagerte.
10. März. Fortsetzung der Reise. »Wir kampierten in der Wüste hart neben einer Ruine, die den Namen Chan-el-ahmar führte. Als die Nacht über die Wüste hereingebrochen war, veranstaltete M. Alexandre eine Soirée dansante. Unter der Beleuchtung von zwei mit brennenden Holzscheiten angefüllten Fackelständern, deren Flammen die Ruine mit einem roten Schimmer überzogen, traten alle nicht-europäischen Mitglieder der Expedition, von den Tscherkessen bis zu den Libanesen, zum Tanze an, um ihre Nationaltänze und Gesänge zum besten zu geben. So tanzten und sangen die Urahnen der heutigen Völker auf der Westseite des großen asiatischen Erdteils bereits vor tausenden von Jahren, und wenn nun jetzt die flammenden Hölzer zu erlöschen drohten und die Sänger und Tänzer nach Licht riefen, gossen ihre Kameraden ganze Flaschen voll Petroleum in die glimmenden Kohlen hinein. Zuletzt erschien ein syrischer Diener M. Alexandre's, ein wahrer Virtuose, und entlockte der syrischen Doppelflöte die wundervollsten Weisen.«
11. März. Weitermarsch. Nachtquartier in dem Jagd- und Wüstendorfe Qariatên. Der Scheich von Qariatên erscheint, um den Prinzen im Lager zu begrüßen.
12. März. Weitermarsch. Der Wüstenwind nimmt den Charakter eines Orkans an, und als man sich im »großen Zelt« zur Mittagstafel setzen will, bricht alles unter dem Sturm zusammen. Das Nachtquartier an der Quelle der »Steinböcke« war von gleichem Charakter. Schreckliche Stunden.
13. März. Weitermarsch. Unerträgliche Staubwolken. Kein Zeltaufschlagen möglich, ebenso wenig Herrichtung einer ordentlichen Mahlzeit. Spätnachmittag kam Palmyra in Sicht. Der Prinz versammelte seine Begleiter um sich und sagte, während er nach dem Trümmerfelde hinüber wies: »Es ist ein Jugendtraum, der mir im Alter in Erfüllung geht. Als ich noch ein kleiner Knabe war, empfing ich einmal ein Bilderbuch zum Geschenk, das unter anderen Darstellungen auch
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