Wanderungen durch die Mark Brandenburg
unten mit Diamanten besetzt.« Einzelheiten aus seinem Rheinsberger Leben habe ich nicht erfahren können.
Die beiden Wreichs. Baron Friedrich von Wreich, der ältere Bruder, war Hofmarschall am Rheinsberger Hofe, Baron Ludwig war Kammerherr. Beide waren Söhne jener schönen Frau von Wreich (»un teint de lis et de rose«), die den Kronprinzen Friedrich, während seines Küstriner Aufenthalts, mit einer leidenschaftlichen Zuneigung erfüllt hatte. Baron Friedrich, wegen seiner Länge »der große Wreech« geheißen, starb 1785, und Tamsel ging an Baron Ludwig, den jüngeren Bruder, über. Dieser, seit 1786 in den Grafenstand erhoben, war einer der treuesten Anhänger des Prinzen und lebte mehr in Rheinsberg und Berlin, als auf seinem ererbten Gute. Im Sommer 1787 jedoch sah man ihn monatelang in Tamsel, um Schloß und Park für den zugesagten Besuch des Prinzen Heinrich festlich herzurichten. Graf Ludwig hatte lange genug in der Nähe des Prinzen gelebt, um dem Meister auf dem Gebiete der Festlichkeiten wenigstens einiges von seiner Inszenierungskunst abgelauscht zu haben, und als der Prinz im Juli genannten Jahres wirklich in Tamsel erschien, begrüßten ihn Arrangements, wie er sie selber nicht schmeichelhafter und stilvoller hätte herstellen können. Statuen und Inschriften überall, Erinnerungen an siegreiche Schlachten und Mahnungen an Personen, die seinem Herzen teuer gewesen. Halbverdeckt unterm Rasengrün schimmerte ein weißer Sandstein zum Andenken an die schöne Lisette Tauenzien (erste Gemahlin Tauenziens von Wittenberg, eine geborene von Marschall) und die eingegrabenen Worte »Rose, elle a vécu ce que vivent les roses – l'espace du matin« weckten im Herzen des Prinzen ein wehmütiges Gefühl an die früh aus dem Rheinsberger Kreise Geschiedene. Nahe dabei waren die Büsten des Großen Kurfürsten und des Prinzen selbst nebeneinander gestellt, und französische Verse zogen Parallelen zwischen jenem, »der ein Vater flüchtiger Franzosen ward«, und diesem, »der die Herzen aller Franzosen unter das Gesetz seiner geistigen Macht und Schönheit zu zwingen wußte«.
Die Hauptüberraschung aber brachte der Abend.
Im Rücken von Tamsel, unmittelbar hinter dem Park, liegt eine Wald- und Hügelpartie, durch die sich ein Hohlweg, die Straße nach dem benachbarten Zorndorf, hinzieht. Sei es nun, daß dieser Hohlweg dem Terrain, um dessen Reproduzierung es sich handelte, wirklich ähnlich sah, oder sei es, daß man einfach nahm, was man hatte, gleichviel, der Hohlweg war auf Anordnung des Grafen Ludwig überbrückt worden, um an dieser Stelle die Erstürmung des Passes von Gabel, eine der glänzendsten Waffentaten des Prinzen, noch einmal bildlich zur Darstellung zu bringen. Unten standen die Tamseler und Küstriner, Kopf an Kopf, um Zeuge des prächtigen Schauspiels zu sein, und Feuerwerk und Leuchtkugeln erhellten die Nacht, während Graf Ludwig, von einem der zur Seite liegenden Hügel aus, den Prinzen bis an den Brückeneingang führte. Unter dem Jubel des Volkes überschritt dieser den »Paß«, an dessen Ausgang ihm drei Johanniterritter: Graf Dönhoff, von Schack und von Tauenzien in rotem Kriegskleid und schwarzen Ordensmänteln entgegentraten und auf die transparenten Worte hinwiesen:
Henry parait! il fait se rendre!
Vous fremissez fiers Autrichiens!
Si vous pouviez le voir, si vous pouviez l'entendre,
Vous béniriez le sort qui vous met dans ses mains.
Also etwa:
Heinrich erscheint und vor seinem Begegnen
Zittert Östreich und unterliegt; –
Kenntet ihr ihn, ihr würdet es segnen,
Stolze Feinde, daß Er euch besiegt.
Die Erinnerung an jenen glänzenden Abend lebt noch bis heute fort. 1795 starb Graf Ludwig Wreech, der letzte seines Geschlechts, und Tamsel ging durch Erbschaft an den Grafen von Dönhoff über. Ein halbes Jahrhundert lang hatten die Wreechs dem Rheinsberger Hofe treulich gedient und aus nicht völlig aufgeklärten Gründen ihre Lebensaufgabe darin gesetzt, den Prinzen Heinrich auf Kosten seines Bruders, des Königs – den sie geradezu haßten – zu verherrlichen.
Bogislaw von Tauenzien, der spätere Graf Tauenzien von Wittenberg, Sohn des berühmten Verteidigers von Breslau, gehörte fünfzehn Jahre lang dem Rheinsberger Hofe an. Er war ein ganz besonderer Liebling des Prinzen, der schon 1776 den damals erst sechzehnjährigen Fähnrich von Tauenzien zu seinem Adjutanten ernannte. Bis ganz vor kurzem noch befand sich ein trefflicher alter Stich im
Weitere Kostenlose Bücher