Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Rheinsberger Schloß, der die Szene darstellt, wie der Fähnrich von Tauenzien seine erste Meldung vor dem Prinzen macht. 1778, bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekrieges, folgte Tauenzien dem Prinzen nach Sachsen und Böhmen und kehrte mit ihm in das Rheinsberger Stilleben zurück, das nur noch durch die zweimalige Reise des Prinzen nach Paris, 1784 und 1788, auf längere Zeit unterbrochen wurde. Auf beiden Reisen begleitete Tauenzien den Prinzen, 1784 als Leutnant, 1788 als Kapitän, und gedachte noch in späteren Jahren eben dieses Aufenthalts in der französischen Hauptstadt mit besonderer Dankbarkeit und Vorliebe. Bis 1791, nachdem er kurz vorher zum Major befördert worden war, blieb er in Rheinsberg, dann aber trat er in die Suite des Königs und ward in den Grafenstand erhoben. Seine Stellung zum Prinzen wurde dadurch sehr schwieriger Natur, und nur Vermutungen lassen sich darüber äußern, in welcher Art er dieser Schwierigkeiten Herr wurde. Das Mißverhältnis zwischen dem König und seinem Onkel (Prinz Heinrich) war offenkundig, und Tauenzien stand zwischen zwei Gegnern, die beide Anspruch auf seine Treue und Dankbarkeit hatten. Wir müssen indes annehmen, daß er seiner Aufgabe gewachsen war, der Prinz würde sonst schwerlich eine ganze Reihe von Erinnerungen an Tauenzien um sich geduldet und wert gehalten haben, darunter ein treffliches Ölporträt, das bis diesen Tag den Zimmern des Schlosses verblieben ist.
Major von Kaphengst
Die Rheinsberger Kirchenglocke trägt auch den Namen »Major von Kaphengst« als Inschrift. Von ihm und dem Schauplatz seines späteren Lebens werden wir ausführlicher zu sprechen haben.
Christian Ludwig von Kaphengst ward ungefähr im Jahre 1740 auf seinem väterlichen Gute Gühlitz in der Priegnitz geboren. Wann er an den Rheinsberger Hof kam, ist nicht genau festzustellen gewesen; sehr wahrscheinlich lernte der Prinz ihn während des Siebenjährigen Krieges kennen (vielleicht als Offizier im Regimente Prinz Heinrich), fand Gefallen an seiner Jugend und Schönheit und nahm ihn nach erfolgtem Friedensschlusse mit nach Rheinsberg. Als Adjutant des Prinzen, eine Stellung, zu der ihn seine geistigen Gaben keineswegs befähigten, stieg er zum Kapitän und bald danach zum Major auf und beherrschte nun den Hof und den Prinzen selbst, dessen Gunstbezeugungen ihn übermütig machten. Der König, der in seiner Sanssouci-Einsamkeit von allem unterrichtet war, mißbilligte, was in Rheinsberg vorging, und wollte dem »Verhältnis« à tout prix ein Ende machen. 1774 überbrachte deshalb ein Page des Königs (von Wülknitz) dem Prinzen Heinrich ein königliches Geschenk von 10000 Stück Friedrichsdor, freilich zugleich mit der Order, »daß er den Major von Kaphengst entlassen möge«, eine Order, deren Wortlaut sich hier der Möglichkeit der Mitteilung entzieht. Der Prinz, aller Zuneigung zu seinem Günstling unerachtet, unter dessen Ungebildetheit und Eitelkeit er gelitten haben mochte, gehorchte dem Befehle sofort und tat es um so lieber, als die Entfernung Kaphengsts dem bestehenden Verhältnis nur die Last und Peinlichkeit eines unausgesetzten Verkehrs nahm, ohne das Verhältnis selbst absolut zu lösen. In der Tat, seitens des Prinzen wurde den 10000 Stück Friedrichsdors seines Bruders aus eigenen Mitteln noch ungefähr dieselbe Summe hinzugefügt und nachher unter Anzahlung von zirka 100000 Talern ein drei Meilen von Rheinsberg gelegener Graf Wartenslebenscher Güterkomplex, der die Rittergüter Meseberg, Baumgarten, Schönermark und Rauschendorf umfaßte, gekauft und deren Kaufkontrakt einige Zeit darauf dem Major von Kaphengst als Geschenk überreicht.
Kaphengst übersiedelte nunmehr nach dem am Huwenowsee gelegenen Schloß Meseberg; aber diese Übersiedlung, wie schon angedeutet, war so wenig gleichbedeutend mit Entfremdung, daß vielmehr umgekehrt das gute Einvernehmen zwischen Prinz und Günstling aus diesen zeitweiligen Trennungen nur neue Nahrung zog. Überhaupt, aller klar zutage liegenden Schwächen und Schattenseiten Kaphengsts zum Trotz, muß dem Wesen desselben ein Etwas eigen gewesen sein, das den alternden Prinzen in erklärlicher und dadurch annähernd gerechtfertigter Weise höchst sympathisch berührte. Vielleicht war es nichts weiter als Zynismus, der so leicht einen Reiz auf diejenigen ausübt, deren Beruf und Neigung im allgemeinen auf das geistig Verfeinerte geht. Es ist der Zauber des Kontrastes, ein Sichschadloshalten für anderweit empfundenen
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