Wanderungen durch die Mark Brandenburg
mochte er hoffen, durch eine Verheiratung des ehemaligen Lieblings die Dinge zum Bessern hin ändern zu können, und da von Kaphengst auf diesen Plan willfährig und ohne weiteres einging (schon um durch Nachgiebigkeit einen Anspruch auf neue Forderungen zu gewinnen), kam im Jahre 1789 zu besonderer Freude des Prinzen eine Vermählung zwischen dem Major von Kaphengst und Demoiselle Toussaint zustande. Maria Louise Therese Toussaint war die Tochter des mehr genannten Lekteurs und Bibliothekars, und hatte bei den Aufführungen auf der Rheinsberger Bühne, wie auch sonst wohl, sich die Gunst des Prinzen in hohem Grade zu erringen gewußt. Etwa um 1780 mit einem Herrn von Bilguer in erster Ehe vermählt, war durch den Tod des Herren von Bilguer ihre Hand wieder frei geworden, und als Frau von Kaphengst hielt sie nunmehr ihren Einzug in das schöne Schloß am Huwenowsee.
Die seitens des Prinzen gehegten Erwartungen besserer Wirtschaft erwiesen sich bald als eitel und irrig, und nur die Hoffnungen erfüllten sich, die Kaphengst seinerseits an diese seine Vermählung mit der ehemaligen Favoritschauspielerin geknüpft hatte. Denn eine neue Handhabe war gewonnen, sich der Gunst des Prinzen zu versichern. Der jagd- und spielliebende, der streit- und händelsüchtige, mit einem Worte der alte Kaphengst war schließlich in Rheinsberg unbequem geworden, der neue Kaphengst aber, der jetzt, wo die gefeierte Toussaint an der Spitze seines Haushalts stand, klug genug war, die Musen nach Schloß Meseberg hin zu Gast zu laden, erschien dem Prinzen in einem durchaus veränderten Lichte. Zunächst wenigstens. Die Zimmer und Säle rechts neben der großen Halle wurden als Bühne hergerichtet, Kaphengst selbst, mutmaßlich voll Hohn über die Rolle, die ihm zufiel, fungierte als Directeur du théâtre, und unter dem Vollklang französischer Alexandriner vergaß der Prinz gern, wie hohen Eintrittspreis er für all diese Aufführungen zu zahlen hatte, für ein Spiel, das ein Spiel war in jedem Sinne. Noch jetzt markiert sich der ehemalige Bühnenraum, und die kleinen Garderobenzimmer, in denen damals die Schminktöpfchen und die frivolen Bemerkungen zu Haus waren, lassen sich bis diese Stunde noch, wenn auch freilich in ebenso viele Wandschränke verwandelt, in dem zu hinterst gelegenen Parterrezimmer deutlich erkennen.
Auch für Abwechslung wußte der kluge Kaphengst zu sorgen, klug, seitdem die Französin die Honneurs des Hauses machte. Der Prinz, nach längerer Abwesenheit im Berliner Palais (länger als seit Jahren), kehrte mit dem Mai nach Rheinsberg zurück und traf, andern Tages schon, als Gast in Schloß Meseberg ein. Er mochte daselbst eine neuinszenierte tragédie, die Einlage eines neuen Tanzes oder Musikstücks erwartet haben, aber eine sehr andere Huldigung war diesmal für ihn vorbereitet. Am Plafond der großen Speisehalle, die zum Empfange des hohen Gastes mit Blumen und Orangerie dekoriert war, hatte, die raschfertige, aber immerhin geniale Hand Bernhard Rodes ein großes Deckengemälde ausgeführt, das, im Geschmack jener Zeit, die Apotheose des Prinzen Heinrich darstellte. Zur Rechten ein Ruhmestempel, dem Genien das Bild des Prinzen entgegentragen; daneben der bekannte Götterapparat: Minerva, zu deren Füßen das Schwert ruht, und an einem der Opferaltäre die Inschrift: »vota grati animi«. »Nimm dies als die Darbringung eines dankbaren Herzens.« Der Prinz, dessen Eitelkeit leicht zu fangen war, sobald die Schmeichelei nicht platt-prosaisch, sondern wohlstilisiert und im Gewande der Kunst an ihn herantrat, war überrascht und gerührt, und erwies sich wieder, auf Monate hin, als der Hilfbereite, von dessen Gunst und Gnade Gewinn zu ziehen, immer nur Zweck all dieser Huldigungen gewesen war. (Es entging an jenem Tage dem Auge des Prinzen, wie's auch dem Kaphengsts entgangen war, daß Rode, sei es aus Zufall oder aus Malice, die Inschrift: »vota grati animi« nicht ausgeschrieben, sondern die letzte Silbe fortgelassen hatte. Kaphengst, später darauf aufmerksam gemacht, ließ auch noch das i übermalen, so daß die Inschrift jetzt lautet: vota grati an. In der Umgegend lachte man herzlich und nannte ihn Gratian.)
Die Gunst des Prinzen, oft erschüttert und immer wieder befestigt, dauerte bis 1798. Um diese Zeit aber scheint er sie dem Günstling ein für allemal entzogen zu haben. Wenigstens müssen wir es aus dem Umstande schließen, daß sich Kaphengst in genanntem Jahre schuldenhalber genötigt sah, zwei seiner
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