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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Güter: Schönermark und Rauschendorf, zu verkaufen. Das Volk erzählte sich und erzählt auch heute noch, »er habe beide in einer Nacht verspielt«. Die beiden andern Güter, Meseberg und Baumgarten, blieben ihm, wiewohl tief verschuldet, bis zu seinem Tode, der im Januar oder Februar auf Schloß Meseberg erfolgte.
    Seine Frau starb erst im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts.
    In der Kirche zu Meseberg, wo die Grabsteine der Gröbens vor dem Altar liegen, und von der Wand herab, in Frommen und in Treue, die Bildnisse Ludwigs von der Gröben und seiner siebzehn Kinder blicken, ist kein Stein, der an den wilden Jäger erinnerte, der hier sechsundzwanzig Jahre lang das Land durchtobt. Seine Witwe mochte fühlen, daß das Marmorbild eines Mannes, dem alles Heilige nur Spott gewesen war, nicht in die Kirche gehöre. Seitab in einer Ecke, von einem Fetzen schwarzen Flors umwickelt, der verblaßt und staubig wie ein Stück Spinnweb aussieht, hängt der Galanteriedegen des Galans und Günstlings, und daneben ein rostiges Sporenpaar.
    Die Kinder im Dorf aber, wenn an Novemberabenden der Wind das abgefallene Laub über die Gasse fegt, fahren zusammen und murmeln ängstlich »Kaphengst kommt«.
     
Graf und Gräfin La Roche-Aymon
     
    Es ward immer stiller in Rheinsberg. Von 1796 ab scheint der Kreis nur noch aus vier Personen bestanden zu haben: aus dem Hofmarschall oder Kammerherrn Grafen Roeder, aus dem Adjutanten Graf La Roche-Aymon, aus dem Kammerrat Lebeauld und aus dem Baurat Steinert. Die beiden Wreechs waren tot, Knesebeck lebte noch, tat aber keinen Dienst mehr. Kaphengst jagte, spielte, schwur und grollte, daß der Gunst des Prinzen der goldene Boden ausgeschlagen war.
    Kein Wunder, daß der alternde Prinz (er war siebzig geworden) von Alleinsein und Stille gelegentlich mehr besaß, als ihm lieb war, und unter dem Druck einer gewissen Vereinsamung eifrig dahin strebte, die wenigen ihm treu Verbliebenen für den Rest seiner Tage festzuhalten. Er wollte nicht unter Fremden sterben.
    Baurat Steinert war ein Gegenstand seines besonderen Vertrauens. Noch wenige Tage vor seinem (des Prinzen) Tode, als sie die Pyramide besuchten, in der er beigesetzt zu werden wünschte, sagte er lächelnd zu dem vielbewährten Diener: »Stellt mich so, Steinert, daß ich nach dem Schlosse hinüberblicke, und sagt's auch den Leuten, daß ich so stehe. Das wird manchen in heilsamer Furcht halten.«
    Lebauld – Le Beauldt de Nans, wie er in andern Büchern genannt und geschrieben wird – war eigentlich Sekretär des Prinzen, erfreute sich aber des Titels eines Kammerrats oder Conseiller des chambres. Zur Belohnung für langjährige Dienstleistungen, aber zugleich auch in dem Bestreben, ihn auf die Weise zu fesseln, empfing er seitens des Prinzen zwei der zum Amte Rheinsberg gehörigen Erbzinsgüter: Schlaborn und Warenthin, die noch geraume Zeit hindurch in Händen der Lebauldschen Familie verblieben. Erst seit 1850 sind sie zurückgekauft und wieder königlicher Besitz.
    Steinert und Lebeauld waren bewährte Diener des Prinzen, aber doch nichts weiter; der Freund seiner letzten Jahre war der Graf La Roche-Aymon.
    Bei der Geschichte dieses Mannes, »die den Roman auf seinem eignen Felde schlägt«, werden wir zum Schluß noch einige Zeit zu verweilen haben.
    Antoine Charles Etienne Paul Graf La Roche-Aymon war 1775 geboren. 1792, siebzehn Jahr alt, verließ er mit andern Emigrés sein Vaterland und trat als Volontär in das Condésche Korps, nach einer andern Version, die sich auf Mitteilung von Personen stützt, die den Grafen noch persönlich gekannt haben, in die neapolitanische Armee. Gleichviel, 1794 erschien ein junger, sechs Fuß hoher Offizier von dunkelstem Kolorit und dürftigster Kleidung in Rheinsberg und gab bei »Demoiselle Aurore«, jener schon genannten Schauspielerin des prinzlichen Hoftheaters, einen Empfehlungsbrief ab. Der Brief enthielt die Bitte, den Überbringer, den jungen Grafen La Roche-Aymon, bei günstiger Gelegenheit in die Nähe des Prinzen zu bringen. Demoiselle Aurore war echte Französin, lebhaft und gutherzig, dabei Royalistin und zu Abenteuern geneigt; sie bestritt also eine passende Equipierung aus eigenen Mitteln, und vor Ablauf einer Woche war der Graf in des Prinzen Dienst. Er bezog Wohnung im Kavalierhaus und übernahm den Befehl über die vierzig Leibhusaren, die, wie mehrerwähnt, als eine spezielle Prinz-Heinrichsche Truppe zu Rheinsberg in Garnison lagen. Kurze Zeit darauf wurde er Adjutant des

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