Wanderungen durch die Mark Brandenburg
nun zum Sturme gegen die Festungswerke vor. Die Dänen aber waren wachsam, und wie ein alter Geschichtsschreiber sagt, »die weißen Hemden wurden manchem zum Leichenhemd«.
Das war im Winter von 1658 auf 1659. Aber schon im Sommer vorher waren die Truppen des »Fünf-Mächte-Bundes« in die cimbrische Halbinsel eingerückt und hatten die Schweden, die nur sechstausend Mann stark waren, vor sich hergejagt. An der Spitze der »Alliierten« stand der Kurfürst selbst. 64 Rendsburg und Schloß Gottorp wurden besetzt, Alsen und Fridericia dem Feinde wieder entrissen. Die Schweden hatten nur noch Fünen und Seeland inne. So kam der Winter.
Vielleicht hatte sich der Kurfürst der Hoffnung hingegeben, die Belte würden wieder zufrieren wie im vorigen Jahre, wo der Winter, wie wir gesehen haben, dem siegreich vordringenden Karl Gustav die Brücke zu den Inseln hinüber baute. Aber die Belte blieben offen, und die Verbündeten sahen sich gezwungen, in Schleswig und Jütland Winterquartiere zu beziehen.
Erst mit dem beginnenden Frühjahr (1659) wurde der Kampf wieder aufgenommen. Es galt nach wie vor die Eroberung der Inseln, zunächst Fünens, das inzwischen von seiten der Schweden in den besten Verteidigungszustand gesetzt worden war. Die holländische Flotte, auf deren Dienst man bei Passierung des kleinen Beltes gerechnet hatte, erwies sich indessen als saumselig, so saumselig, daß dem Führer der Flotte von seiten der Alliierten schuld gegeben ward, »er habe auf die schwedischen Fahrzeuge nur blinde Schüsse abfeuern lassen«. Politische Rücksichten, der alten Eifersucht gegen die dänische Seemacht zu geschweigen, schrieben der holländischen Flotte eine laue Haltung vor.
Unter so schwierigen Verhältnissen mußte man nach und nach und gleichsam ratenweise zu gewinnen suchen, was sich auf einen Schlag nicht erreichen ließ. Man nahm also zunächst die kleine, zwischen Jütland und Fünen gelegene Insel Fanö, und schickte sich nunmehr erst an, von diesem vorgeschobenen Posten aus das eigentliche Streitobjekt (Fünen) zu erobern. Drei Angriffe wurden versucht, aber sie scheiterten alle drei. An der dritten Attacke, die die ernsthafteste war, nahmen einzelne Schiffe teil, die schwedische Flotte jedoch, inzwischen verstärkt, vernichtete die Fahrzeuge der Alliierten, welche letzteren nicht nur unter schwerem Verluste nach Fridericia zurückkehrten, sondern auch Fanö wieder aufgeben mußten.
Diese Niederlagen wurden endlich Ursache eines großen Erfolges.
Der Kurfürst hatte mißmutig den Kriegsschauplatz in Jütland verlassen, um nach Pommern zu eilen, von wo aus eine andere Abteilung des schwedischen Heeres in die Mark einzufallen drohte. Nur vier Reiterregimenter und einige Kompanien Fußvolk waren brandenburgischerseits in Jütland geblieben. Diese standen unter der Führung unseres Albrecht Christoph von Quast, während der Gesamtoberbefehl über die in Jütland stehenden Alliierten der dänische Feldmarschall von Eberstein führte. Die Holländer, die sich, wie schon hervorgehoben, bis dahin abgeneigt gezeigt hatten, zu besonderem Nutz und Frommen Dänemarks die Kastanien aus dem Feuer zu holen, erkannten endlich, daß etwas Entscheidendes geschehen müsse, wenn nicht der Zweck des ganzen Krieges: Brechung der Übermacht Schwedens, als gescheitert betrachtet werden solle. Nebenher mochte der Unmut des Kurfürsten das seinige dazu beitragen, daß energischere Entschlüsse im Haag die Oberhand gewannen. So erschien denn Admiral de Ruyter in der Ostsee. Im Hafen zu Kiel wurde eine ziemlich bedeutende dänisch-holländische Streitmacht – die hier im Rücken des eigentlichen Kriegsschauplatzes unter Feldmarschall von Schack zusammengezogen worden war – eingeschifft und durch den großen Belt geführt, um im Norden Fünens gelandet zu werden. Gleichzeitig aber sollte das in Jütland stehengebliebene verbündete Heer einen vierten Versuch zur Überschreitung des kleinen Beltes machen. Beide Unternehmungen glückten. Feldmarschall Schack landete in Kertemünde, Feldmarschall Eberstein bei Middelfart. In Odense vereinigten sich beide Heerkörper, die nun, etwa sechzehntausend Mann stark, gegen den Pfalzgrafen von Sulzbach, der die Schweden führte, vorrückten.
Dieser hatte zunächst gehofft, die heranrückenden Armeen der Alliierten einzeln angreifen zu können; als sich dies aber als unmöglich erwies, nahm er feste Stellung vor der Festung Nyborg.
Die vom Pfalzgrafen gewählte Position war geschickt genug: in
Weitere Kostenlose Bücher