Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Fach zuckten die Achseln und mochten in der Tat aus jedem Satze Driebergs erkennen, daß es diesem an allem wissenschaftlichen Anrecht gebräche, in die Diskussion einer solchen Frage einzutreten, die Laienwelt aber, die bekanntermaßen einen natürlichen Zug der Winkeladvokatur und eine Vorliebe für die Franktireurs der Wissenschaft hat, stand günstiger zu ihm und freute sich offenbar, in der Partie »Drieberg gegen Newton« für unsern Protzener Kammerherrn, wenn auch nur ganz im stillen eintreten zu können. Der Kern der Sache war, daß von Drieberg den Luftdruck bestritt und seinerseits aufstellte, »das Quecksilber werde nicht durch eine Luftsäule von bestimmtem Gewicht emporgedrückt, sondern hänge vielmehr an dem luftleeren Raum der Barometerröhre, ziemlich genau so wie ein Eisenstab an einem Magnete hänge«. Diese Aufstellung besaß etwas Blendendes, und zwar umso mehr, als jeder luftleere Raum in der Tat eine gewisse Zug- und Saugekraft ausübt. Aber nur der Laie konnte flüchtig dadurch bestochen werden. Nach mehrmonatlichem Streit erstarb die Fehde; niemand spricht mehr davon und nur der Beiname »Luftdrucks-Drieberg« ist in der Erinnerung derer geblieben, die jene Zeit noch miterlebt haben.
Was seine kirchlichen Anschauungen angeht, so hielten sie die Höhe seiner Flugmaschine und entsprachen genau der Inschrift des vorerwähnten Protzener Kirchensiegels: Natur und Vernunft.
1852 vermählte von Drieberg seine einzige Tochter Valeska (vier andere waren vorher gestorben) an den Rittmeister von Oppen, der damals bei den Gardes du Corps in Charlottenburg stand. Von Drieberg entschloß sich deshalb, Protzen zu verkaufen. Es wurde seinem Herzen nicht leicht, aber die Liebe zu seinem Kinde siegte schließlich über die Liebe zu seinem Park. Und so übersiedelte er denn. In den fünfziger Jahren starb er und ruht auf dem Charlottenburger Kirchhofe.
Was den Drieberg-Tagen in Protzen folgt, ist von geringerem Interesse.
Das nächste Kapitel mag uns deshalb nach Garz, dem alten Besitze der Quastschen Familie, führen.
Garz
Und setzet ihr nicht das Leben ein,
Nie wird euch das Leben gewonnen sein.
Schiller
Und lachend goß er mit eigener Hand
Voll Wein den Stiefel bis an den Rand.
Pfarrius
Garz, Vichel, Rohrlack, wie schon an anderer Stelle hervorgehoben, sind zur Zeit Quastsche Güter im Westen des Ruppiner Sees. Schon seit 1419 (urkundlich nachweisbar, wahrscheinlich aber schon um vieles früher) saßen die Quaste oder Quäste auf Garz. Am Schluß des sechzehnten Jahrhunderts erblicken wir sie, neben Garz, auch auf Küdow, Karwe, Berlitt, und abermals hundert Jahre später auf Protzen.
Der Dreißigjährige Krieg, der so vieles in unserem Lande niederwarf, hob die Quäste (vgl. die Kapitel Radensleben und Protzen) auf eine Höhe des Ansehens, wie sie damals nur alle diejenigen Familien errangen, die statt das Kriegsroß stillergeben über sich hinwegschreiten zu lassen, lieber eben dies Kriegsroß bestiegen und mit dem Degen in der Hand ihr Glück versuchten. So legten die Sparrs, die Pfuels, die Barfus, die Görtzkes das Fundament zu ihrem, inzwischen freilich mehr oder weniger wieder verschwundenen Reichtume. Mit ihnen auch die Quäste. Derjenige dieses Namens, der seine Familie zuerst glänzend in die Geschichte des Landes einführte, war der schon S. 337 erwähnte Albrecht Christoph von Quast. Einer Betrachtung seines Lebens wenden wir uns jetzt zu.
Albrecht Christoph von Quast
Albrecht Christoph von Quast ward am 10. Mai 1613 auf dem Rohrschen Gute Leddin geboren. Seine Mutter war eine geborene von Rohr (gestorben 1667) aus Leddin.
Über seine Jugend ist wenig bekannt geworden, doch existieren Aufzeichnungen, wahrscheinlich einer Leichenpredigt entnommen, die, trotz einzelner Unklarheiten und Widersprüche, den Stempel der Echtheit tragen. Danach starb der Vater früh, und Albrecht Christoph wurde studierenshalber auf Schulen geschickt, höchst wahrscheinlich auf die benachbarte Ruppiner Schule. Der entsprechende Hang scheint indessen nichts weniger als groß in ihm gewesen zu sein und der Anblick der schwedischen Regimenter, die gerade damals in Stadt und Land Ruppin Quartiere bezogen, warf alle Studienpläne rasch über den Haufen. Albrecht Christoph trat, siebzehn Jahre alt, als Musketier in das Kingsche Infanterieregiment und tat seinen ersten Wachtdienst auf dem Fehrbelliner Damm, kaum eine Meile von Garz entfernt. Dies war im August 1630. 62
1631 war unser
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