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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Lukas Cranachsche Schule, der wir ja überall in den Marken begegnen. Einige, namentlich die sechs oder acht Blätter, die die eigentliche Leidensgeschichte darstellen, sind außerordentlich gut konserviert, frisch im Kolorit und nicht ganz ohne Wert. – Dagegen sind die dem siebzehnten Jahrhundert entstammenden Pastorenporträts in der Taufkapelle völlig bedeutungslos. 74
    Zwei alte Kelche und eine noch viel ältere Patene befinden sich in der Sakristei. Die beiden Kelche sind aus der Renaissancezeit; der größere, minder schöne, trägt die Jahreszahl 1609, der etwas kleinere gehört wahrscheinlich dem schon oben genannten Restaurationsjahre 1575 an. Dieser kleinere Kelch, in der damals üblichen Form, ist sehr schön und mit Medaillonporträts reich geschmückt. Die Patene, noch aus der gotischen Zeit, geht mindestens bis auf das Erbauungsjahr der Kirche, 1474, zurück. Christus, von zwei Engeln umschwebt, thront als Weltrichter; zur Rechten seines Hauptes ein Kreuz, links ein Schwert; vor dem Munde des Heilands aber berühren sie sich und zwar so, daß die Spitze des Schwertes die Verlängerung des Kreuzes trifft.
     
    Das Heilig-Geist-Hospital am Wildberger Tore
     
    Die kirchlichen Gebäude Wusterhausens, trotzdem es während der Mehrzahl seiner Jahrhunderte keine tausend Einwohner hatte, beschränkten sich nicht auf »Sankt Peter und Paul«. Da war noch die Kapelle von St. Stephan, und außer dieser das Gertruden-, das Georgen- und das Heilige-Geist-Hospital, von denen jedes wieder ein Kirchlein hatte. Das Heilige-Geist-Hospital, hart am Wildberger Tor, existiert noch. Es bietet dadurch ein besonderes Interesse, daß es früher ein Beguinenhaus (deren es ziemlich viele hier zu Lande gab) gewesen sein soll.
    Die Beguinen, wahrscheinlich vom Lambert le Beghe gestiftet und nach ihm benannt, übten eine Tätigkeit, die wir heute in den Diakonissenanstalten wiederfinden. Ihre Tätigkeit umfaßte neben Erziehung der Jugend (namentlich der Waisen) auch Armen und Krankenpflege, später auch Seelsorge. Die große Liebestätigkeit der Beguinen stellte zuzeiten die Klöster völlig in Schatten, weshalb sie von diesen mit Neid betrachtet und von seiten der Kirche nicht selten in ihrer Tätigkeit behindert wurden. Die Päpste standen verschieden zu ihnen. Unter den Machthabern waren Karl V. und Louis XIV. sehr für sie eingenommen; Joseph II., bei Aufhebung der Klöster, ließ sie fortbestehen. Im allgemeinen ist ihre Tätigkeit dieselbe geblieben; andererseits sind viele Beguinenhöfe aus Liebesanstalten zu Nutz und Frommen anderer, in bloße Versorgungsanstalten für ältere Frauen umgewandelt worden. Holland und Belgien waren immer der Hauptschauplatz ihrer Tätigkeit; berühmt bis diesen Tag ist der Beguinenhof in Gent. Einige finden sich in Nordfrankreich; bei uns in Bremen.
    Unser Wusterhauser Beguinenhaus, das bereits um 1307, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, genannt wird, ist jedenfalls jenen vorerwähnten Beguinenhöfen zuzurechnen, die zu nicht näher anzugebender Zeit aus Liebesanstalten zu bloßen Versorgungsanstalten wurden. Mit anderen Worten: unser Beguinenhaus wurde ein Spittel. Das ist es noch. Es reizte mich, diese wenigstens ehedem halbklösterliche Stiftung kennenzulernen.
    Das Gebäude (ein Eckhaus) präsentiert sich an seinen beiden Vorderfronten als ein kümmerlicher Bau aus dem vorigen Jahrhundert; nur etwas mehr nach der Vorstadt hin, auf den ersten Blick ohne rechten Zusammenhang mit den Eck- und Fronthäusern, steht noch ein gotischer Giebel, ziemlich malerisch, mit Glockennische und Storchennest. Erst nachdem man eins der Fronthäuser, gleichviel welches, durchschritten hat, nimmt man wahr, daß man sich innerhalb einer klösterlichen Anlage befindet: ein Hof, nach drei Seiten hin von Häusern umstellt; die vierte Seite, das Quadrat abschließend, eine Kapelle.
    Wie die drei Häuser, so ist auch die Kapelle bewohnt, die längst aufgehört hat, kirchlichen Verrichtungen zu dienen. Aus Altären wurden Feuerstellen, und statt des Weihrauchs zieht Torfqualm durch die Luft; gespaltenes Holz liegt hochaufgeschichtet in den Nischen, und wo sonst ein geschnitztes Christusbild zwischen den Pfeilern hing, ist jetzt ein Hängeboden gezogen, auf dem Kisten und Kasten, Urväter Hausrat, und die letzten Ausläufer alten Trödels stehn. Leitern führen hinauf, halsbrecherisch, wie der Hängeboden selbst. Der untere Raum der Kapelle wurde längst zu Wohnungen aufgeschlagen und auf dem Mittelgange

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