Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
schlurfen jetzt die Nachfolgerinnen der Beguinen auf und ab oder klappen mit ihren Pantinen über den Estrich hin. Eine von ihnen machte die Honneurs und zeigte mir draußen auf dem Klosterhof, an einem breiten und weit vorspringenden Pfeiler, sechs Höhlungen, in denen noch, bis vor wenig Jahrzehnten, ebenso viele festeingemauerte Beguinenschädel sichtbar gewesen seien. Ich bat, indem ich ihr dankte, noch einen Augenblick bleiben zu dürfen, worauf sie sich zurückzog. Sie war unzweifelhaft der esprit fort und die historische Autorität des Spittels.
    Ich war nun allein und sah mich mußevoll um. Wunderliches Bild. Der kaum zwanzig Schritt im Quadrat habende Hof war in zwei Teile geteilt, von denen der eine ein Blumengarten, der andre ein Dunghaufen war. An der Grenze zwischen beiden stand ein Apfelbaum und streckte seine Zweige nach links und rechts hin über Gerechte und Ungerechte; von dem links gelegenen Blumengarten her zog Resedaduft nach rechts hinüber und tat, was er konnte; aber er konnte nicht viel. Oben im Nest, am Giebelfelde der Kapelle, begann der Storch zu klappern – ein sonderbarer Genosse hier.
    Ich zog mein Notizbuch, um das Bild in wenig Strichen festzuhalten, wobei mein Hauptaugenmerk oben auf das Storchennest und unten auf den Pfeiler mit den sechs Höhlungen gerichtet war.
    Und nun war ich fertig. Noch ein Blick auf meine Zeichnung dann sah ich wieder um mich her. Aber himmlische Mächte, was war inzwischen geschehen?! Aus jedem Fenster sah ein »Beguinengesicht« und grinste mich an, alle von einer Spittel-Ausgesprochenheit, die es ihnen erlaubt hätte, ohne weitere Vorbereitung in die sechs Höhlungen einzutreten.
    Und mit verlegener Herzlichkeit grüßend, wie man es tut, wenn man sich fürchtet, empfahl ich mich und floh die Straße hinab und vor das Wildberger Tor hinaus.
     
Trieplatz
     
Ein Kapitel von den Rohrs
    Die Douglas waren immer treu.
    Schottisches Lied
     
    Trieplatz ist alter Besitz der Rohrs, wiewohl es nicht zu den Gütern zählt, die, gleich nach ihrem Erscheinen in den Marken, von ihnen erworben wurden.
    Die Rohrs kamen mutmaßlich aus Bayern und stammen, einer Familiensage nach, von jenem Grafen von Abensberg ab, der mit zweiunddreißig Söhnen am Hoflager Kaiser Heinrichs IV. erschien. 75
    Einer dieser zweiunddreißig, Adalbert mit Namen, wurde mit dem in der Nähe von Abensberg gelegenen Dorfe Rohr belehnt und nannte sich danach Adalbert von Rohr. Er war ein tapferer Kriegsmann, gegen Ende seines Lebens aber verließ er Haus und Hof und Weib und Kind und baute das Kloster Rohr, in das er nun selber eintrat. Dies war 1133. Die Kirche des damals gestifteten Klosters, zum Teil aus Salzburger Marmor aufgeführt, ist noch sehr wohlerhalten; über dem Altar befindet sich ein zweigeteiltes Gemälde, dessen eine Hälfte den Adalbert von Rohr darstellt, wie er im Ritterkleide das Gelübde ablegt, die andere Hälfte, wie er, im geistlichen Ornate bereits, vom Bischofe die Weihen empfängt.
    Die Nachkommen dieses Adalbert von Rohr waren es, die zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts im Brandenburgischen erschienen, nach einigen im Gefolge Markgraf Ludwigs von Bayern, der 1323 die Mark in Besitz nahm, nach anderen schon um beinahe zwanzig Jahre früher. Gleichviel, um die Mitte des Jahrhunderts sehen wir die Familie von Rohr in der Priegnitz und zwar in Freyenstein, Holzhausen und Meyenburg angesessen, und etwa zur Reformationszeit auch im Ruppinschen. Sie besaßen hier ganz oder teilweis: Leddin, Brunn, Trieplatz, Tramnitz, Ganzer. Leddin war, soweit die Ruppinschen Güter in Betracht kommen, am frühesten erworben worden, etwa um 1400.
    Eine Geschichte der Rohrs schreiben wollen, hieße mittelbar eine Geschichte Brandenburg-Preußens schreiben.
     
    Bei Leuthen, Lipa, Leipzig,
    An der Katzbach und an der Schlei,
    Von Fehrbellin bis Sedan, –
    Ein Rohr war immer dabei.
     
    Sie sind eiserner Bestand in den Ranglisten unserer Armee, zu allen Zeiten mit einem Dutzend Leutnants und Kapitäns vertreten. Aber auch darüber hinaus bewährt und treu befunden, finden wir sie als Generalleutnants und Generalmajors in nicht geringer Zahl. Und wie im Heer, so in Staat und Kirche. Um 1400 Otto von Rohr, Bischof von Havelberg; seitdem in langer Reihenfolge, Präsidenten und Pröbste, Amtshauptleute und Ritterschaftsräte, verschieden an Gaben und Verdienst, aber in drei Eigenschaften einig: gütig, tapfer, loyal.
    Nicht von dem Ruhm der Familie will ich in nachstehendem erzählen, nicht

Weitere Kostenlose Bücher