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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Herrenhaus und ihren Park, und nur die Dorfgasse samt Kirchhof und Kirche bildet das beiden Hälften Gemeinschaftliche.
    Wir haben im Krug ein Gespräch angeknüpft und über die beiden alten Herren von Jürgaß, zwei Brüder, die nun seit dreißig Jahren und länger das Zeitliche gesegnet haben, ein wenig zu plaudern gesucht, aber sei es nun, daß unser Wirt, als »Rohrscher«, sich um die Jürgasse drüben nie recht gekümmert hat oder sei es andererseits, daß all die zwischenliegenden Aussaaten und Ernten ihre Bilder in seiner Erinnerung etwas abgeblaft haben, gleichviel, seine Mitteilungen beschränken sich darauf, »dat de een en beten streng wör« und »dat de anner et ümmer wedder good moaken un'n Daler gewen deih.« »Awers – so schloß er – he gäw' en ümmer so, dat de Broder nix merken künn.«
    Wir verabschieden uns nun und treten auf die malerische Dorfgasse hinaus. Links vom Wege, von hohen Ulmen und Linden umstellt, schimmern die weißen Wände des alten Rohrschen Herrenhauses (eines weitschichtigen Fachwerkbaues mit schwerfälligen Flügeln und Doppeldach), das halb gemütlich, halb spukhaft dreinblickt, je nach der Stimmung, in der man sich ihm nähert, oder nach der Beleuchtung, die zufällig um die Kronen der alten Ulmen spielt. Dem Rohrschen Herrenhause folgt dann die Kirche samt Schulhaus und Predigerhaus, zwischen denen ein Garten in leiser Schrägung ansteigt. Es summen Bienen drüber hin und träumerisch die Steige verfolgend, stehen wir plötzlich statt zwischen Beeten zwischen Gräbern. Unwissentlich haben wir den Schritt aus Leben in Tod getan.
    Die frühgotische Kirche hat einen Schindelturm aus späterer Zeit. Ihr Inneres ist einfach und erhält nur durch die Zweiteilung, der wir sofort auch hier wieder begegnen, einen bestimmten Charakter. Links die Rohrsche, rechts die Jürgaßsche Seite: hier ein paar Rohrsche Galanteriedegen aus der Zeit der Zöpfe, dort ein Jürgaßscher Säbel und Federhut aus der Zeit der Freiheitskriege, hier eine Rohrsche Familiengruft, dort eine Jürgaßsche. Die Jürgaßsche gleicht mehr einer in gleicher Höhe mit dem Kirchenschiffe befindlichen Grabkammer, durch deren Fensterchen man die dahinter aufgeschichteten Särge zählen kann. Anders die Rohrsche Gruft. Über ihrer Eingangstür erhebt sich eine vortreffliche Marmorbüste (vielleicht von Glume), die wohl eine andere Inschrift als die folgende verdient hätte: »Bedaure und verehre billiger Wandersmann hier noch die Asche eines Ruhmwürdigen, eines im Leben Gerechten, im Tode Unverzagten, dessen Rath Land und Leuten treulich gerathen, aber wider des Todes allgemeinen Einbruch als eines Landraths (d.h. trotzdem er ein Landrath war) nichts vermochte. Seine Schwachheit und Stärke siegen zugleich. Seine Stärke durch weisen Rath wider die Unsterblichkeit. Darum stößt die Fama durch Posaunen noch seinen Ruhm aus und die flüchtige Zeit kann seine ruhmwürdigen Thaten nicht verbergen noch zernichten. Sein Lorbeerkranz grünt mitten unter Cypressen und sein Palmbaum trägt Früchte in Apollens Garten, wo Mars ihm von ferne steht und den Zutritt scheuet wie ein Unbekannter. Die Schwachheit siegt durch's Alter und trägt die Krone des Lebens im Glauben davon am Ende.« 79
    Die Jürgaßsche Gruft ist ohne Schmuck und Bild, aber draußen auf dem Kirchhofe, zwischen Blumen und Gräbern, steht ein mächtiges Monument, das nicht einem einzelnen Toten, sondern dem ganzen aus diesem Leben geschiedenen Geschlecht errichtet ist. Die beiden letzten Jürgasse, »de strenge und de gode Herr« wiesen in ihrem Testament eine bedeutende Summe zur Aufführung desselben an, und mit Gewissenhaftigkeit sind die Vollstrecker des Testaments diesem letzten Willen nachgekommen. Es ist kein eigentliches Grabmal, sondern, wie schon hervorgehoben, ein mehr architektonisch gehaltenes Monument und stellt auf einem hohen Postamente von Sandstein, dem als Nächstes ein Eisenwürfel folgt, eine baldachinartige, nach allen vier Seiten hin geöffnete Nische dar, in der, gesenkten Blickes, ein Engel des Friedens steht. Der Eisenwürfel ist mit Inschriften überdeckt. Was im Durchlesen dieser Inschriften am meisten überrascht, ist, daß die beiden letzten Jürgaß einer überaus zahlreichen Familie von acht Brüdern und einer Schwester angehörten, daß aber alle acht Brüder starben, ohne Kinder hinterlassen zu haben. Ein neuer Beweis, wie der Prozeß des Lebens nach frischem Blute verlangt.
     
    Von den Inschriften mögen hier nur die

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