Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Wasser gefunden. Das zweite, was er tat, war: er hielt den Lauf des Feuers auf.
Die Geschichte davon zwingt uns, auf eine Zeit vor dem erst in Sicht stehenden Abschluß der Brunnenarbeiten zurückzugehen.
Ein großer Teil des Gentzroder Gutsareals, namentlich aber die der königlichen Forst zugelegenen Reviere, waren mit Heidekraut überdeckt. Erlaubnis war nachgesucht worden, dies Heidekraut abbrennen zu dürfen, die Regierung hatte die nötige Zustimmung gegeben, und das in Frage kommende Terrain war in zwei Hälften, in eine Hälfte links und in eine andre rechts der Wittstocker Straße geteilt worden. Mit der einen Hälfte hatte man begonnen und bereits Ende August war unter Innehaltung aller üblichen Vorsichtsmaßregeln der Heidekrautbrand gefahrlos und ohne jeden Zwischenfall ausgeführt worden. Dies war zur Linken. Vier Wochen später sollte mit der Rechtshälfte vorgegangen werden.
Diese vier Wochen waren jetzt um, und wie herkömmlich in Blättern angezeigt wird: »Am heutigen Tage finden Schießübungen statt« oder »auf dem Glacis werden Sprengungen vorgenommen«, so stand auch im Ruppiner Anzeiger: »Am 27. September wird auf der Strecke rechts vom Wittstocker Wege das Gentzroder Heidekraut niedergebrannt.« Eine Warnung und eine Festankündigung zu gleicher Zeit, denn eine große Zahl von Personen fand sich ein, um dem Schauspiele beizuwohnen.
Bei Beschreibung der nun folgenden Szene laß ich den Hauptbeteiligten (Alexander Gentz, auf den ich weiterhin zurückkomme) selber sprechen:
»Es war neun Uhr früh am genannten Tage (27.), als ich, in Begleitung einiger Freunde, von Ruppin her in Gentzrode eintraf. Ein leiser Wind blies bei unbewölktem Himmel über die Kahlenberge hin. Alles gewährte einen heitern Anblick, jeder war an seinem Platze, die Zuschauer erwartungsvoll. Wir nahmen also die bereitgehaltenen Fackeln zu Hand, und ohne uns lange bei der Frage aufzuhalten, wo's wohl am geratensten sei, anzufangen, gingen wir umgekehrt davon aus: ›die nächste Stelle, die beste.‹ So denn die Fackeln hinein, und im Nu stand eine Heidestrecke von dreihundert Schritt in Brand. Noch fünf Minuten und das Feuer fing bereits an, uns Bedenken zu machen, denn der Wind war heftiger geworden. Jetzt erst kam mir der Gedanke, mich auch zu vergewissern, ob seitens meines Inspektors der vorschriftsmäßige Sicherheitsstreifen gezogen sei. Wir waren alle wie vom Teufel des Leichtsinns besessen gewesen. Die gesetzliche Vorschrift, die vier Wochen vorher aufs genaueste befolgt worden war, forderte mit Recht einen 20 Ruten breiten, tief umgegepflügten Streifen zwischen dem abzubrennenden Heideland und dem weiten Forstbestande dahinter. Und was fanden wir statt dessen! Eine Rute breit lief der Streifen, und nur mit dem Haken, statt mit dem tiefer gehenden Pfluge, war das Erdreich umgebrochen worden. Ein Angstschrei kam über meine Lippen. Dann wurden Versuche gemacht, den schmalen Sicherheitsstreifen durch Ausschlagen des Feuers mit Sträuchen und Büschen zu behaupten, aber vergebens. Die Flamme lief wie eine Schlange über das Gras hin, der Wind wurde Sturm und trieb die Lohe der königlichen Forst zu. Das Heidekraut, die 10 Fuß hohen Tannen, das Kieferngestrüpp, alles war trocken wie Stroh; das Feuer brauste bereits durch die niedrigen Kronen und ungeheure Rauchwolken stiegen auf, die fast die Sonne verdunkelten. Im Zurückeilen nach dem abgesteckten Hofe benahm uns die Hitze schon den Atem, und wir liefen Gefahr, erstickt zu werden. Ich wollte die Mannschaften zu gemeinschaftlicher Hilfe zusammenrufen, aber zerstreut irrten sie hierhin und dorthin, und mein Ruf ging unter in dem unheimlichen Toben der Feuermasse.
Da stieg aus dem Brunnen unser alter ›Maulwurf‹, Maurer Franke, hervor, der einzige, der auch jetzt wieder Geistesgegenwart genug besaß, um auf ein rettendes Mittel zu verfallen. Er wies, ohne ein Wort zu sprechen, auf die vier Gespanne Pferde hin, die weit weg auf dem Felde pflügten. In der Tat, wenn überhaupt noch eine Möglichkeit da war, die königliche Forst zu retten, so konnten es nur diese tun. In wenigen Minuten waren sie herbeigeholt, und jetzt mit ihnen in Karriere nach der Feuergrenze, wo sie es möglich machten, auf dem verhängnisvollen Streifen einige tiefe Furchen zu ziehen. Welche Spannung! Ich allein war der Betroffene. Niemand ahnte die volle Verantwortlichkeit, in der ich schwebte. Vor mir 20000 Morgen Forst, ausgedörrt vom heißen Sommer, und hinter mir das
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