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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Arbeitskräfte. Drei Inspektoren waren da, samt vielen Knechten und Mägden, alles in allem einhundertundsechzehn Menschen, an einer Stelle, wo seit dem Hinsterben des letzten Turmwächters auf der »Kuhburg«, kein menschlich Wesen mehr gelebt hatte. Der schönste Moment aber war der, als das erste Kind, ein Junge, auf dieser Stelle geboren wurde, was den alten Gentz das stolze Wort sprechen ließ: »Er ist der Erste hier, er soll Adam heißen.«
    Alles war in gutem Stand und Gedeihen, als Johann Christian Gentz, zwölf Jahre nach der Begründung, starb.
     
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Vom Tode des alten Johann Christian Gentz (1867) bis zum Bau des Gentzroder Herrenhauses (1877)
     
    Am 4. Oktober 1867 war der alte Gentz gestorben und vorläufig bis zur endlichen Ausführung eines für Gentzrode geplanten Mausoleums auf dem alten Ruppiner Kirchhof am Wall beigesetzt worden. Sein jüngster Sohn Alexander trat nach erfolgter Vermögensauseinandersetzung mit seinem älteren Bruder Wilhelm, dem Maler, das Gesamterbe an, das aus folgenden Hauptstücken bestand:
    aus dem Stadthaus samt Laden- und Bankgeschäft,
    aus dem sogenannten »Tempelgarten« samt Tempel vor dem Tempeltor,
    aus dem Torfgeschäft im Luch, und viertens und letztens aus Gentzrode,
    welchem letzteren der neue Besitzer von Anfang an seine volle Hingabe widmete. Bevor ich indessen erzähle, wie diese speziell Gentzrode zugute kommende Hingabe sich äußerte, gebe ich als Einleitung eine biographische Skizze des neuen Besitzers bis zu dem Zeitpunkt der Gutsübernahme. Bei der Skizze selbst aber folge ich Alexander Gentz' eigenen Aufzeichnungen.
     
Alexander Gentz
    »Ich wurde«, so schreibt er, »am 14. April 1825 geboren und zwar als der jüngste von vier Brüdern, die, von frühester Kindheit an, sämmtlich lebhaften Geistes und von gleicher Neigung beseelt waren, sich in freier Natur herumzutummeln, um Pflanzen, Käfer, Vogeleier und Schmetterlinge zu sammeln. Ein Elementarlehrer, der Weißhauer hieß, und trotz eines mehr als bescheidenen Gehalts von nur 120 Thalern sich eine wundervolle Pflanzen- und Insektensammlung angelegt hatte, wußte durch Exkursionen, auf denen wir ihn begleiten durften, unsren Eifer für naturwissenschaftliche Dinge zu steigern. Es ging meistens auf Alt-Ruppin zu bis an den Molchowsee. Die weite Sandfläche -von kleinen Hügeln unterbrochen, mit denen der Wind spielte -war so todt und öde, daß nicht einmal Fichtengestrüpp oder Haidekraut drauf wuchsen und an dieser Wüste vorbei (wenn nicht querdurch, was auch vorkam) wanderten wir bis an die ›Räuberkute‹, die wir schon um ihres Namens willen liebten und der nur leider die Räuber fehlten. Mitten im Sande begegneten wir dann plötzlich einem Sumpfloch mit wilden Enten drauf, nach denen wir vom Ufer her mit Steinen warfen, bis sie weiterflogen oder niedertauchten. Hinter der ›Räuberkute‹ lief dann, die sogenannte Schwedenschanze durchschneidend, ein alter Weg auf die Neue Mühle zu. Dies war der Ausflug, den wir am häufigsten machten, am liebsten aber war uns der Weg am Klappgraben hin und dann über diesen fort bis zu den mit Eichen und Buchen bestandenen ›drei Wällen‹, die wohl auf 1000 Schritt die Grenze zwischen der Storbecker und Kränzliner Feldmark ziehen und den Eingang zu einem prachtvollen Eichenkamp, der der ›blecherne Hahn‹ hieß, bildeten, eine landschaftlich reizende Partie mit Baumgruppen, wie sie sich, was unsere Grafschaft angeht, kaum noch auf dem schönen Ruppiner Wall und Forstrevier ›Pfefferteich‹ vorfinden. Ja, nach dem ›blechernen Hahn‹ hin, wo sich eine Meierei mit Milchwirthschaft befand, das war ein beliebter Ausflug und nur Eins gab es, was noch darüber hinausging, das war ein in der Nähe der Kahlenberge gelegenes Elsbruch, mit einem dunklen Wassertümpel in der Mitte, der den Namen der ›Gänsepfuhl‹ führte. Das klang harmlos genug, es war aber die unheimlichste Stelle in der ganzen Gegend, an die sich allerlei Spukgeschichten knüpften, Geschichten, deren Grusel noch wuchs, als es eines Morgens hieß, Uhrmacher Hettig und Rathsdiener Kalle, die hier zu fischdieben und sich zu diesem Zwecke eines am Ufer liegenden alten Fischerkahnes zu bedienen pflegten, seien in der Nacht vorher auf dem Gänsepfuhl ertrunken. Ja der Grusel wuchs, das muß ich wiederholen, aber ich kann nicht sagen, daß sich im Übrigen ein mir zur Ehre gereichendes menschliches Mitgefühl mit eingeschlichen hätte, namentlich was den Rathsdiener Kalle betraf. Dieser

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