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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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erheben, drückte ihn vollends nieder. Abraham Calow und Formula Concordiae, Wittenberg und starres Luthertum, alles lag bergeschwer auf ihm, schwerer denn je zuvor, und seine Seele sehnte sich nach Freiheit oder wenigstens nach Ruhe. So beschloß er zu fliehen. Eine Reise vorschützend, machte er sich von Abraham Calow fort, und ging mit seiner Frau und fünf Kindern heimlich und in aller Stille nach Prag. Zu Anfang des Jahres 1668 legte er daselbst in einer Kirche der Jesuiten das katholische Glaubensbekenntnis ab. Nicht lange darauf wurde er in den gewöhnlichen Abstufungen zum Priester geweiht. Sein Übertritt machte Aufsehen, sowohl innerhalb der protestantischen wie katholischen Welt, und ein Jesuit, namens Tanner, entwarf einen ausführlichen Bericht über die Feierlichkeiten, die bei der Konversion stattgefunden hatten. Die Protestanten ihrerseits begnügten sich, Spottverse auf ihn zu machen, und einer stellte aus seinem Namen Andreas Fromm das Anagramm zusammen: den fraß Roma. Fromm selbst lebte noch eine Reihe von Jahren und starb 1685 als Kanonikus zu Leitmeritz in Böhmen. Während dieser seiner letzten Epoche, die, wenn nicht die glücklichste, so doch jedenfalls die friedlichste Zeit seines Lebens war, soll er, nach Ansicht Otto Schulz's (des bekannten Berliner Schulrats und Herausgebers der Paul Gerhardtschen Lieder), die Lehninschen Weissagungen geschrieben und die Muße, die ihm der Katholizismus gewährte, zu einem Verurteilungsgedicht der protestantischen Hohenzollern benutzt haben. Ich kann diese Ansicht nicht teilen. 13
    Ebensowenig kann ich mich denen anschließen, die den ehemaligen Propst von St. Petri zu einem zweideutigen, mindestens zu einem schwachen Charakter haben stempeln wollen. Er war einfach ein Mann, der in einer kirchlichen Zeit, die durchaus ein »Entweder-Oder« verlangte, sich mit Wärme für ein »Weder-Noch« entschied. Er war ein feinfühliger Mann, dem alles Gröbliche und Rücksichtslose widerstrebte, er war ein freisinniger Mann, dem alles tyrannische Wesen, gleichviel ob es Hof oder Geistlichkeit, Volk oder Regierung übte, widerstand. Als der lutherische Zelotismus drückte und peinigte, neigte er sich dem glatteren und mehr weltmännischen Calvinismus zu, als umgekehrt die Reformierten Gewissenszwang zu üben begannen, stellte er sich wieder – nicht der Dogmen halber, sondern als freier Mann – auf die lutherische Seite. Es gebrach ihm an dogmatischer Strenge, das wird zuzugeben sein, aber er hatte die schönsten Seiten des Christentums: die Liebe und die Freiheit. Wäre er eine schwache oder gar eine zweideutige Natur gewesen, hätte er sein irdisches Wohl über sein ewiges gesetzt, so hätten wir die Wandlung, die ihn wieder zu den Lutherischen zurückführte, sich nie an ihm vollziehen sehen. Seine Briefe an Stosch hatten ihn bereits halb in das Lager der Calvinisten hinübergeführt, und er brauchte auf dem betretenen Wege nur einfach weiter zu schreiten, um einer glänzenden Laufbahn sicher zu sein. Die Reformierten hätten ihn freudig begrüßt und die Lutheraner ihn ohne Verwunderung scheiden sehen. Er tat es aber nicht und hatte den Mut, auf halbem Wege stillzustehen und sich zwischen die Parteien zu stellen. Er wußte, daß sein Schicksal in Stoschs Händen lag, aber er sprach dennoch in voller Sitzung des Konsistoriums sein »Vim patitur ecclesia Lutherana«, weil, über die Klugheit und alle Berechnung hinaus, sein Herz immer bei den Unterdrückten war. Daß er sich dem Abraham Calow auf kurze Zeit überantwortete, statt gleich den Schritt in den Ruhehafen des Katholizismus zu tun, mag man tadeln, aber die Mutter dieser ängstlich nach dem Ziele tappenden Verirrung war die – Verwirrung. Pastor Reinhart, einer von den hartköpfigsten Lutheranern jener Epoche, soll freilich, lange bevor die geschilderte Katastrophe kam, über unseren Fromm geäußert haben: »der Kerl sieht aus wie ein Jesuit und er wird auch noch einer werden«, aber aus diesem Kraftspruch, der ohne Not zu einer Art Prophezeiung gemacht worden ist, ist doch einfach nur der Schluß zu ziehen, daß unser Andreas Fromm von St. Petri ein Mann von glatteren Formen war, als Elias Sigismund Reinhart von St. Nikolai. Übrigens existiert bekanntlich auch heute noch kein Geistlicher, und wenn er an der Grenze der Lichtfreundschaft stände, dem nicht irgend einmal nachgesagt worden wäre: »er säh' aus wie ein Jesuit und würd' auch noch einer werden.«
    Andreas Fromm flüchtete in den

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