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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Erbberechtigten, dem Grafen Karl Adolf Christian von Hardenberg zu.
    Der Fürst-Staatskanzler war acht Jahre lang im Besitz von Neu-Hardenberg; es scheint jedoch, wenn wir diese seine letzten Lebensjahre von Monat zu Monat verfolgen, daß er nicht allzuviele Mußetage für eine Villeggiatur auf seinen Gütern fand. Nur von wenigen Fällen haben wir eine bestimmte Kunde, z.B. von seinem Einzug in Quilitz, wahrscheinlich im Sommer 1816, und von der Feier seines siebzigjährigen Geburtstages am 31. Mai 1820. Über den Einzugstag leben noch einige Traditionen fort, ziemlich farblose Berichte von Triumphbogen und Eichenlaubgirlanden, von Spalier bildender Jugend und plattdeutschen Empfangsgedichten, – die letzteren von den zwei hübschesten Mädchen des Dorfes in ihrer wendischen Nationaltracht vorgetragen. Aber hiermit schließt die Reihe der halbverblaßten Bilder ab, die in der Tat nur durch den Quilitzer roten Friesrock ein bestimmtes Kolorit erhalten. Mehr schon wissen wir von dem siebzigsten Geburtstage, wiewohl der Fürst beschlossen hatte, ihn in Stille zu feiern. Mancher Gratulant traf ein: unter diesen Beglückwünschenden, freilich brieflich nur, auch Goethe. Die Zeilen, die er schrieb – wie wir offen gestehen müssen, etwas gezwungen und schwerverständlich – waren folgende:
     
    Wer die Körner wollte zählen,
    Die dem Stundenglas entrinnen,
    Würde Zeit und Ziel verfehlen,
    Solchem Strome nachzusinnen.
     
    Auch vergehn uns die Gedanken,
    Wenn wir in dein Leben schauen,
    Freien Geist in Erdesschranken,
    Festes Handeln und Vertrauen.
     
    So entrinnen jeder Stunde
    Fügsam glückliche Geschäfte.
    Segen dir von Mund zu Munde!
    Neuen Mut und frische Kräfte.
     
    Am 13. Oktober 1817 fand die festliche Einweihung der durch Schinkel restaurierten Neu-Hardenberger Kirche statt, und das Interesse, das der Staatskanzler dieser Kirche widmete (er vermachte ihr eine Dotation und fehlte nie beim Gottesdienst), läßt darauf schließen, daß er bei dieser Einweihung zugegen war.
    Auch ein anekdotenhafter Vorfall mit seinem Schwiegersohn, dem Fürsten Pückler, zeigt uns den Staatskanzler in seinem Hardenberger Schloß. Der Park hinter dem Hause war bei jedem Besuch ein Punkt freundschaftlichen Disputs zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn. Das feine Auge des letztern hatte seit langem gegen die altfränkisch-steife Anlage, die damals noch vorhanden war, protestiert, und das in andrem Sinne feine Gefühl des Schwiegervaters hatte mit gleicher Beharrlichkeit die Neuerungen abgelehnt, weil diese Neuerungen gleichbedeutend waren mit Entfernung eines Dutzend der allerschönsten Bäume. Davon wollte der Staatskanzler nichts wissen; man sieht, er hatte auch seine Pietät. Der Schwiegersohn aber, als er alle Überredungskünste scheitern sah, schritt endlich auf jede Gefahr hin zu Tat und Abhilfe. Ein Kreis nächster Freunde war bei Tisch versammelt, und in dem schon erwähnten Gartensalon aus der Prittwitzzeit herrschte jene Tafelheiterkeit, an der das Herz des Fürsten hing und auf deren Pflege und Hervorrufung er sich so wohl verstand. Nun war das Mahl beendet und Wirt und Gäste traten auf die Veranda hinaus, die den Blick hat auf Wiese und Park und Monument. Der alte Fürst stand wie getroffen, – das war der Park nicht mehr, dessen großen Mittelgang er noch vor Tisch in lebhaftem Geplauder durchschritten hatte. In der Tat, der Park war während der Stunden des Diners ein andrer geworden, ein solcher, wie er jetzt ist, wie er nach des Schwiegersohnes Ansicht werden mußte. Eine Allee war verschwunden und wo ein Elsbruch war, war eine Parkwiese entstanden, an deren Ausgang das Wasser des Kanals blitzte. Der Fürst, im ersten Augenblicke sichtlich unangenehm berüht, war doch artiger Wirt und guter Schwiegervater genug, um gute Miene zum bösen Spiele zu machen, und die jetzigen Besucher mögen sich des Einfalls freuen. Wir aber entnehmen diesem kleinen Hergang abermals das Faktum einer längeren oder kürzeren Anwesenheit des Staatskanzlers auf seinem Neu-Hardenberger Schlosse.
    Gleichviel indes, wie selten oder wie häufig seine Besuche stattfanden, jedenfalls war von Anfang an seine Sorgfalt diesem neuen Besitze zugewandt und Schloß, Park, Kirche sind in ihrer jetzigen Gestalt seine Schöpfung.
    Machen wir zuerst einen Rundgang durch die Zimmer des Schlosses. Wir werden hier einer reichen Anzahl von Kunstschätzen begegnen, die der Aufmerksamkeit des Besuchers wert sind. Das Schloß erinnert nach dieser

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