Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Pöllnitz und der Markgräfin von Bayreuth 46 immer noch Irrtümer verbreitet, die den Ergebnissen einer strengeren historischen Forschung bis diesen Tag getrotzt haben. Es wird nötig sein, die betreffenden irrtümlichen Stellen aus den Memoiren der beiden Vorgenannten zunächst zu zitieren. So schreibt die Markgräfin: »Dönhoff und Linger stimmten für Pardon, aber die Anderen, um dem Könige zu Willen zu sein, verurtheilten den Kronprinzen und Katte zur Enthauptung.« Und in Übereinstimmung damit heißt es bei Pöllnitz: »Weder der Kronprinz noch Katte waren persönlich zugegen. Nichtsdestoweniger wurden sie von dem Kriegsgerichte gerichtet und verurtheilt, den Kopf zu verlieren.« Diese beiden Stellen sind in unzählige volkstümliche Geschichts- und Nachschlagebücher übergegangen, während umgekehrt das Wort »Tod« von seiten des Kriegsgerichts nicht gesprochen worden ist. Die dasselbe bildenden oder richtiger die innerhalb desselben den Ausschlag gebenden Männer fällten vielmehr über den Kronprinzen, »weil er jenseits ihrer Kompetenz läge«, gar kein Urteil und verurteilten Katte zu lebenslänglicher Festungsstrafe. Dies ist kurz das Tatsächliche.
Förster und Preuß, unter Benutzung reicher und zuverlässigerer Quellen, haben in ihren epochemachenden Werken die Dinge so gegeben, wie sie realiter liegen; aber auch ihnen scheint ein voller Einblick in die Details des Verfahrens gefehlt zu haben, und erst eine verhältnismäßig sehr neue Veröffentlichung (1861) ermöglicht einen solchen Einblick. Diese Veröffentlichung führt den Titel: »Vollständige Protokolle des Köpenicker Kriegsgerichts«, und wurde durch Professor Danneil, den Vorstand des in der Propstei zu Salzwedel befindlichen Schulenburgschen Familienarchivs, veranstaltet. In einem kurzen Vorworte gibt der Herausgeber (Danneil) zunächst Auskunft darüber, wie dieser Protokollenschatz in das ihm unterstellte Familienarchiv gelangte. Einfach dadurch, daß ein Schulenburg, und zwar der Generalleutnant Achaz von der Schulenburg, der Vorsitzende des Köpenicker Kriegsgerichts war. »Alle diese Protokolle«, heißt es dann weiter, »finden sich in Abschrift vor. Die Originale wurden dem König überreicht. Sämtliche Abschriften sind sehr sorgfältig und sicherlich auf Veranlassung des Generalleutnants von der Schulenburg selbst angefertigt worden. Ihre Orthographie, weil man sich an die Originale hielt, weicht hier und dort untereinander ab. Die von diesen Verhandlungen bisher allein bekannt gewordene Kabinettsorder vom 1. November 1730 (in der der König das nicht auf Tod lautende Urteil des Kriegsgerichts umstößt, um es seinerseits zu verschärfen) stimmt mit dem Abdruck derselben bei Preuß bis auf wenige unwesentliche Punkte überein.«
Soweit Professor Danneil. Seiner wichtigen Veröffentlichung entnehme ich nunmehr das unmittelbar Folgende. Zunächst einige Daten, die, namentlich auch was die abweichenden Zahlenangaben betrifft, auf Zuverlässigkeit Anspruch haben.
Unterm 22. Oktober wurde das Kriegsgericht von seiten des Königs ernannt. Es bestand aus fünfzehn Offizieren, die sich in fünf Ranggruppen sonderten. Und zwar:
Generalmajor von Schwerin
Generalmajor von Dönhoff
Generalmajor von Linger
Oberst von Derschau
Oberst von Stedingk
Oberst von Wacholz
Oberstleutnant von Weyher
Oberstleutnant von Schenck
Oberstleutnant von Milagsheim
Major von Einsiedel
Major von Lestwitz
Major von Lüderitz
Kapitän von Itzenplitz
Kapitän von Pudewels 47
Kapitän von Jeetze
Am 27. Oktober traten die fünfzehn Offiziere, aber zunächst noch in Gruppen gesondert, zu einer Vorberatung zusammen, um fünf schriftliche Separatvota abzugeben. Daran schloß sich als sechstes Separatvotum das des Vorsitzenden Achaz von der Schulenburg.
Der 28. war der Tag des eigentlichen Kriegsgerichts, an dem das Endurteil gefällt werden sollte und auch wirklich gefällt wurde. Dies Urteil in seiner ganzen weit gedehnten Motivierung hier zu bringen, verbietet der Raum, weshalb ich mich auf Wiedergabe des vorerwähnten Achaz von der Schulenburgschen Separatvotums beschränke. Dieses Separatvotum deckt sich inhaltlich mit dem kriegsgerichtlichen Spruch und mag deshalb in Vertretung desselben hier seine Stelle finden. Es lautete:
»Nach fleißiger und genauer Erwägung sämmtlicher dem General-Kriegs-Gericht vorgelegenen Akten finde ich, Praeses dieses Gerichtes, nach meinem Gewissen und abgestatteten Eyde mich
Weitere Kostenlose Bücher