Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Leben nicht abgesprochen hätten. S. K. M. werden auf die Art sich auf keinen Offizier noch Diener, die in Eid und Pflicht stehen, verlassen können. Denn solche Sachen, die einmal in der Welt geschehen, können öfters geschehen. Es würden aber dann alle Thäter den Prätext nehmen, wie es Katten wäre ergangen, und weil der so leicht und gut durchgekommen wäre, ihnen desgleichen geschehen müßte. S. K. M. seynd in Dero Jugend auch durch die Schule geloffen, und haben das lateinische Sprüchwort gelernet: Fiat Justitia et pereat mundus! Also wollen Sie hiermit, und zwar von Rechtswegen, daß der Katte, ob er schon nach denen Rechten verdient gehabt, wegen des begangenen Crimen Laesae Majestatis mit glühenden Zangen gerissen und aufgehenket zu werden, Er dennoch nur, in Consideration seiner Familie, mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht werden solle. Wenn das Kriegs-Recht dem Katten die Sentence publicirt, soll ihm gesagt werden, daß es Sr. K. M. leid thäte, es wäre aber besser, daß er stürbe, als daß die Justiz aus der Welt käme.
F. Wilhelm.«
Kattes letzter Tag in Berlin
Katte war all die Zeit über in seinem Arrestlokal auf der Wache des Regiments Gensdarmes verblieben. Endlich, am 2. November, ward er nach dem »Neuen Markt« auf die daselbst befindliche Auditoriatsstube gebracht, wo jene fünfzehn Offiziere, die das Kriegsgericht gebildet hatten, bereits versammelt waren, um ihm durch den Vorsitzenden, Achaz von der Schulenburg, erst das ihrerseits gefällte Urteil, danach aber die verschärfte, auf Tod lautende Sentenz des Königs mitzuteilen. Katte bewahrte gute Haltung. »Ich bin«, sagte er, »völlig in die Fügungen der Vorsehung und den Willen des Königs ergeben. Ich habe keine schlechte Handlung verübt und wenn ich sterbe, so ist es um einer guten Sache willen.«
Gleich darnach ward er vom Neuen Markt aus in sein Arrestzimmer zurückgeführt, das noch durch viele Jahre hin, bis zu seinem Abbruch, in einer seiner Fensterscheiben eine Reminiszenz an diesen seinen so berühmt gewordenen Gefangenen aufbewahrte. Es war dies ein Vers, den er während der langen Untersuchungshaft mit dem Stein seines Ringes in Glas gekritzelt hatte. Der Vers lautete:
Mit der Zeit (geduldbeflissen)
Wird uns auch ein gut Gewissen.
Wenn du fragst, wer dies geschrieben hier,
Wird der Name Katt es sagen dir.
Hoffnung läßt Zufriedenheit nicht missen.
Darunter standen die Worte: »Derjenige, den die Neugier treiben wird, diese Schrift zu lesen, wird erfahren, daß der Schreiber auf Befehl Seiner Majestät den 16. August des Jahres 1730 in Arrest gekommen ist, nicht ohne Hoffnung, die Freiheit wieder zu erhalten, obgleich die Art, wie er bewacht wird, ihn etwas Unglückseliges ahnen läßt.«
Bald nach seiner Rückkehr bat er um Tinte und Feder. Als ihm beides gebracht war, schrieb er an den König: ein Bekenntnis seiner Schuld und zugleich ein Gnadengesuch. Der Brief lautete:
»Nicht mich zu rechtfertigen, nicht meine bisherige Aufführung zu entschuldigen, noch durch viele Rechtsgründe meine Unschuld zu bezeugen, nein, sondern die wahre Reue und Leid Ew. Königl. Maj. beleidigt zu haben, verpflichten mich in aller Unterthänigkeit, mich Denenselben zu Füßen zu legen. Meiner Jugend Irrthum, Schwachheit, Unbedachtsamkeit, mein nichts Böses meynender Sinn, mein durch Liebe und Mitleid eingenommenes Herz, ein eitler Wahn der Jugend, der keine verborgene Tücke im Schilde geführt, sind es, mein König! die dehmüthigst um Gnade Erbarmen, Mitleiden, Barmherzigkeit und Erhörung bitten und flehen! Gott als der König und Herr aller Herren, läßt Gnade vor Recht ergehen, und bringet durch Erbarmen und Gnade den auf irrigem Wege gehenden Sünder und Missethäter wiederum zu seiner Pflicht: Also, mein König! Sie, als ein Gott auf Erden, lassen mir doch dieselbe Gnade, als einem gegen Ew. Königl. Maj. mißhandelnden Sünder und Missethäter zufließen. Die Hoffnung der Wiedererholung schonet noch des verdorreten Baums, und erhält ihn vor der Gluth des Feuers. Warum soll denn mein Baum, der schon wiederum neue Sprossen neuer Treue und Unterthänigkeit zeiget, nicht Gnade vor Ew. Königl. Maj. finden? Warum soll er sich schon in seiner Blüthe neigen, und nicht noch vorher Ew. Königl. Maj. Gnade und Barmherzigkeit für unverfälschte Treue und Gehorsam erwirken? Ich habe gefehlet, mein König! ich erkenne es mit treuem Herzen, also verzeihen Sie es dem redlichen Gesteher, und gewähren mir,
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