Wanderungen durch die Mark Brandenburg
45 und die Pferde wartend. Die Obersten, über seine Kleidung erstaunt, baten ihn, die Uniform wieder anzulegen, ehe ihn der König in diesem Aufzuge sähe. Aber eben jetzt brachte Keith die Pferde, und Friedrich schickte sich ohne weiteres an, sich in den Sattel zu werfen und davonzureiten. Nur mit Mühe gelang es den Obersten, ihn in die Scheune zurückzunötigen.
Derschau hinterbrachte das Vorgefallene dem Könige, der sich zunächst – weil es noch an eigentlichen Schuldbeweisen fehlte – gegen den Kronprinzen wie gewöhnlich zeigte. Auch in den folgenden Tagen noch, während welcher die Reise sich über Mannheim und Darmstadt fortsetzte. Nur in Darmstadt, am 6. August, konnte der König mit einer spöttischen Bemerkung gegen den Prinzen nicht zurückhalten. »Er wundere sich, ihn noch hier zu sehen; er habe ihn bereits in Paris vermutet.«
Und so blieb es bis zum 8. früh.
Am Abend vorher hatte man Frankfurt am Main erreicht, allwo der vom Rittmeister von Katte nachgesandte Kurier dem Könige den vorerwähnten kompromittierenden Brief einhändigte. Durch diesen Brief war der Schuldbeweis gegeben, und der lange zurückgehaltene Zorn brach jetzt hervor. Das erste Zusammentreffen zwischen Vater und Sohn fand am Morgen des 8. auf einem Rheinboot statt, das für die Stromfahrt nach Wesel bestimmt war. Als der Kronprinz das Schiff betrat, stürzte sich der König auf ihn und schlug ihn, bis ihn der Oberst von Waldow durch sein Zwischentreten befreite und auf ein anderes bereitliegendes Schiff brachte.
Die Reise ging nun rheinabwärts. Am 10. war man in Bonn, am 11. in Wesel. Der »Arrestant« ward am Ufer von dem Oberstleutnant von Borcke mit einem starken Kommando in Empfang genommen und in die Festung gebracht. Am anderen Morgen, den 12., erfolgte seine Vorführung vor den König.
»Warum habt Ihr entweichen wollen?«
»Weil Sie mich nicht wie Ihren Sohn, sondern wie einen gemeinen Sklaven behandelt haben.«
»Ihr seid nichts als ein feiger Deserteur, der keine Ehre hat.«
»Ich habe so viel Ehre wie Sie, und ich habe nichts getan, was Sie an meiner Stelle nicht auch getan hätten.«
Bei diesen Worten zog der König den Degen und wollte den Prinzen erstechen. Aber der tapfere Kommandant, Generalmajor von der Mosel, warf sich dazwischen und sagte: »Sire, durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes.«
Einige Tage nachher empfingen die mehrgenannten Obersten den Befehl, den Kronprinzen unter sicherer Bedeckung von Wesel nach Treuenbrietzen zu schaffen. Schon vorher (ebenfalls am 12.) hatte der König folgende Zeilen an die Oberhofmeisterin der Königin gerichtet: »Meine liebe Frau von Kameke. Fritz hat desertiren wollen. Ich habe mich genöthigt gesehen, ihn arretiren zu lassen; ich bitte Sie, auf eine gute Art meine Frau davon zu unterrichten, damit solche Neuigkeit dieselbe nicht erschrecke. Übrigens beklagen Sie einen unglücklichen Vater. F. W.«
Die Überführung des Kronprinzen erfolgte der Order des Königs gemäß. Wann er in Treuenbrietzen eintraf, ist nicht genau ersichtlich. Am 29. August wurde Generalmajor von Buddenbrock angewiesen, ihn von Treuenbrietzen nach Mittenwalde zu schaffen.
Aber auch Mittenwalde war nur Etappe, von der aus sein Weitertransport nach Küstrin am 4. September erfolgte. Tags darauf (am 5.) bezog er ein Arrestzimmer im zweiten Stocke des alten Küstriner Schlosses.
Katte vor dem König
Am 15. August wußte der in Berlin zurückgebliebene Grumbkow von dem Fluchtversuche des Kronprinzen, und am folgenden Tage war es in der Stadt herum. Gleichzeitig mit der Nachricht an Grumbkow war auch bei dem Feldmarschall von Natzmer der Befehl eingetroffen: »den Leutnant von Katte vom Regiment Gensdarmes verhaften und auf die Wache seines Regiments abführen zu lassen«.
Kein Zweifel, daß Katte, wenn er nur für seine Person besorgt gewesen wäre, vollauf Zeit gehabt hätte, sich zu retten; das ergibt sich aus den verschiedensten Angaben. Alles befleißigte sich, ihn zu warnen, und ein von Asseburg, der ihm begegnete, rief ihm zu: »Was, Katte, Sie noch hier!« Ja, man ging weiter und schob seine Verhaftung um mehrere Stunden hinaus. So wenigstens stellt es die Prinzessin Wilhelmine, die spätere Markgräfin von Bayreuth, in ihren Memoiren dar. »Der uns zugethane dänische Gesandte von Löwenör«, so schreibt sie, »hatte gehört, was sich gegen Katte vorbereitete. Sofort schrieb er an ihn und rieth ihm, aufs schnellste abzureisen, weil er unstreitig arretirt
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