Wanderungen durch die Mark Brandenburg
gefangen genommen und ihnen dabei vorgehalten, daß man sie bloß vorläufig, um dieser oder jener Ursach willen, zu Pfand gesetzt habe. Denn in Auslegungen und Wortstreitigkeiten sind sie jederzeit von einer geschwinden und wunderbaren Klugheit gewesen, so daß sie Bosheit in Einsicht verwandelt und die Gerechtigkeit von der Ehre abgeschieden haben«.
Unter den Städten, die zu der genannten Zeit den Mut eines Bündnisses wider die Quitzows nicht aufzubringen vermochten, waren auch die Schwesterstädte Berlin und Kölln, die durch alle voraufgegangenen Jahre hin, und zwar im Gegensatze zu den meisten anderen Bürgerschaften der Mark, um die Gunst der mächtigen Familie gebuhlt hatten. Endlich aber, am 3. September 1410, hatte Dietrich von Quitzow, vielleicht der ewigen Rücksichtnahme, vielleicht auch kleiner Gegenforderungen und Nadelstiche müde, durch Überfall und Viehwegtreibung den Berlinischen gezeigt, daß ihr Wohlwollen und ihre Freundschaft ihm wenig, ihre Furcht aber viel bedeute, was unsern mindestens ebenso von berlinischem als Quitzowschen Antagonismus erfüllten Dom-Brandenburger (Wusterwitz) zu nachstehender, ganz ersichtlich von einer gewissen Schadenfreude diktierten Philippika hinriß: »Und nun, Ihr Berlinischen, jetzt endlich seht Ihr's, welch schöne Vergeltung Euch Eure mannigfaltigen Wohltaten gebracht haben. Als die Quitzowschen, zusammt dem Grafen zu Lindow, das Schloß Bötzow gewonnen hatten, ei, wie haben da die Berlinischen prakticiret und Anschläge gemacht, daß die Quitzows wieder zu der Hauptmannschaft in Mark Brandenburg erhoben werden möchten. Ja, wie haben sie da die Quitzows hofiret und traktiret? Da hat man gesehen, wie sie diesen Dietrich v. Quitzow zu glänzenden Banquetten geladen und ihm zu Ehren den Tisch mit schönen Frauen und Saitenspiel gezieret haben. Und wer ihn nicht hat können zu Gaste laden, ist nicht mehr unter die Reichen gezählt und von ihrer Gesellschaft ausgeschlossen worden. 6 Item, es ist nicht genugsam zu sagen, wie man ihn, eben diesen Dietrich v. Quitzow, mit Laternen, Fackeln und Freudengesängen zu seiner Herberge geführt und ihm einen Abendtanz mit schönen Jungfrauen und Weibern gehalten, desgleichen ihn mit welschem Wein verehret und beschenket hat. Und nun, Ihr Berlinischen, was ist davon gekommen? Ohne daß er Euch abgesagt hätte, hat er Euch das Vieh weggetrieben und etliche von Euren Leuten getödtet und verwundet und 16 Namhaftige gefangen genommen. Und den Nicolaus Wyns, der doch aus einem Eurer besten und altgesessenen Geschlechter gewesen, den hat er als einen öffentlichen Räuber und Dieb behandeln und ihn mit den Füßen in eiserne Fesseln legen lassen.«
So Wusterwitz aus dem Jahre 1410.
Das Quitzowansehen stand auf seiner Höhe.
5. Kapitel
Dietrich und Johann von Quitzow zur Taufe bei Kaspar Gans von Putlitz zu Tangermünde. Der Wendepunkt
So war die Machtstellung der Quitzows, als im selben Jahre noch (1410) ein die Familie schmerzlich und unerwartet treffendes Ereignis, den Wechsel der Dinge teils einleitete, teils für die Zukunft verkündete. Was diesem schmerzlichen Ereignis unmittelbar voraufging, waren besondere Fest- und Freudentage gewesen, zwei Taufen, von denen die eine zu Friesack im Dietrich von Quitzowschen Hause, die andere zu Tangermünde bei dem so nahe befreundeten Kaspar Gans zu Putlitz gefeiert worden war.
Die Quitzowsche Taufe, womit die Reihe der Festlichkeiten begann, fand, wie herkömmlich, sechs Wochen nach der Geburt des Kindes statt. Das war am 5. August. Schon drei Tage vorher hatten sich die Geladenen auf Schloß Friesack versammelt, unter ihnen die beiden Schwiegerväter der Quitzowfamilie: Schenk von Landsberg auf Teupitz und Lippold von Bredow auf Neustadt a. D., bzw. Cremmen, dazu der Bischof Henning von Bredow, Bertram von Bredow auf Bredow, Hans von Torgau, Heinrich von Stechow, Albrecht von Uchtenhagen und Werner und Pape von Holzendorf. Was aber der Feier eine besondere Weihe gab, war, daß sich bei dieser Gelegenheit die vier Quitzowschen Brüder, also einerseits Dietrich und Johann, andererseits Konrad und Henning, aller Wahrscheinlichkeit nach auf Jahre hin zum letzten Male zusammenfanden. Es war nämlich beschlossene Sache, daß unmittelbar nach Schluß dieser Friesacker Taufe, der eben erst von der Havelberger Domschule kommende, nicht mehr als siebzehn Jahre zählende Henning von Quitzow eine Studienreise nach Paris antreten sollte. Den 3. August war Kirchgang. Um zehn Uhr
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