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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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letzte Löwenberger Bredow gestorben und der Augenblick für den Antritt des großen Erbes gekommen sei. Das wog denn freilich so schwer, daß die Reise, nötig oder nicht, vorläufig wenigstens zurücktreten mußte; dringendste Geschäfte forderten tagtäglich Erledigung, und die Reihe jener Aufregungen und Ärgernisse begann, die von Gutsübernahmen und Erbschaftsauseinandersetzungen unzertrennlich zu sein pflegen, und wovon das, was einige Jahre vorher in Lützburg gespielt hatte, nur ein Vorgeschmack gewesen war.
    Endlich aber war alles geregelt, und der jetzt im Besitz einer großen Doppelherrschaft, einer ostfriesischen und einer märkischen, stehende Freiherr hätte sich füglich auf der Höhe des Lebens fühlen müssen. Aber er stand nur angesichts des Todes, und als es das Jahr darauf, im Sommer 1789, kein Geheimnis mehr war, wie schlecht es stehe, traf, neben anderen Besuchern, auch sein Bruder Edzard auf dem Hoppenrader Schloß ein, um den schwer krank Darniederliegenden noch einmal zu sehen. Edzard war erschüttert von dem Anblick und schrieb tags darauf in die Heimat: »Ich fand ihn sehr verändert und konnte ihn kaum noch verstehen, weil auch seine Sprachorgane gelitten haben. Außerdem aber haben seine langen und heftigen Schmerzen im Kopf, dazu seine Schlaflosigkeit und der beständige Opiumgebrauch, auf seine Seelenkräfte merklich eingewirkt und jenen hellen und glänzenden Verstand eingeschränkt, mit Hilfe dessen er sonst die schwersten Begriffe zu ordnen und überhaupt im Umgange mit der Welt so hervorragend zu gefallen wußte. Er hat nun oft Mühe, seine Gedanken so zu fügen, wie sie sich, seinem Wunsche nach, wohl fügen sollten, und gerät darüber in solchen Unmut, daß er es mehrmals vorzog, mitten im Sprechen abzubrechen. Ich habe wenig Hoffnung auf seine Wiederherstellung.«
    In der Tat, eine solche Wiederherstellung war unmöglich; aber eine lange Leidenszeit war ihm doch nichtsdestoweniger noch vorbehalten. Er wurde sehr bald nach diesem Besuch, einer vorzunehmenden Operation halber, von Hoppenrade nach Berlin geschafft, indessen stand man hier von einem chirurgischen Einschreiten ab, als man das Übel in seiner Unheilbarkeit erkannt hatte. Es war Knochenfraß und Drüsenverhärtung. So konnt' es sich nur noch um beständige Linderungen handeln. Er bekam Laudanum und Moschus. öfters wurden die Wohnungen gewechselt, um ihn wenigstens nach Möglichkeit vor Straßenlärm zu schützen. Aber all das ergab nur ein Hinfristen. Er war so elend, daß selbst kein Fieber mehr eintrat, und am 25. Dezember 1789 entschlief er und wurde die Woche darauf im Krautschen Erbbegräbnis in der Nikolaikirche beigesetzt.
    Auch hinsichtlich seines Charakters, genau so wie hinsichtlich der Charaktere seiner Schwiegereltern, also des Hofmarschalls von Kraut und der Gemahlin desselben, der späteren Madame de Verelst, gehen die zeitgenössischen Aufzeichnungen auseinander. Thiébault erwähnt des Barons mehrfach. »Unter den dem Prinzen Heinrich am aufrichtigsten ergebenen Personen«, so schreibt er, »befanden sich auch zwei Barone Knyphausen, von denen der eine, Baron Dodo von Knyphausen, längere Zeit preußischer Gesandter in Paris und dann in London gewesen war. Er führte den Beinamen ›der große Knyphausen‹ oder ›der alte‹ zur Unterscheidung von einem jüngeren Träger desselben illustren Namens, der einer der Kavaliere des Rheinsberger Hofes war und ›le beau Knyphausen‹ hieß. Er hatte nicht nur den frischesten Teint und das feingeschnittenste Profil, sondern war überhaupt von einer apollonischen Schönheit; nur schade, daß ein kaltes, stolzes und etwas steifleinenes Wesen (peu compassé) seine große Schönheit wieder in Frage stellte.« Dieser »le beau Knyphausen« ist der unsrige.
    Thiébaults Worte lauten nicht allzu günstig, und der als »kalt und stolz« Bezeichnete wird unmaßgeblich seine Schwächen und Fehler gehabt haben, vielleicht sogar solche, die sich in der Gesellschaft sehr fühlbar machten. Andererseits ist es unmöglich, seine Briefe zu lesen, ohne von der Überzeugung erfüllt zu werden, daß er dem ganzen Rest der in dieser Tragikomödie mitspielenden Personen, Elliot an der Spitze, sehr überlegen war. Und so werden denn auch die von seinem Bruder in der Lützburger Chronik über ihn geschriebenen Zeilen sehr wahrscheinlich das Richtige treffen. Sie lauten: »Er war wie von einer vorzüglichen körperlichen Schönheit, so ganz besonders auch von einem hervorragenden

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