Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
aber in Lützburg ließen sie doch aufs neue fühlen, was der preußischen »Frau Schwester« fehlte, die, trotzdem sie »charmant« und voll natürlicher, vielleicht sogar überlegener Klugheit war, ihrem Benehmen und Wesen nach zu dem alten ostfriesischen Hause nicht recht passen wollte.
    Wie sich um diese Zeit ihr Verhältnis zur eignen Mutter (wenn diese noch am Leben war) gestaltete, darüber erfahren wir nichts, ebenso wenig darüber, um welche Zeit unsere »Krautentochter«, nunmehrige verwitwete Baronin von Knyphausen, ihr einsames Hoppenrade verließ, um wenigstens zeitweise wieder die Rheinsberger Luft zu atmen. Es kann aber kaum später als im Sommer 1790 gewesen sein, da wir sie schon vor Eintritt des Spätherbstes in Rheinsberg wieder verlobt und noch vor Abschluß des Jahres zum dritten Male verheiratet sehen. Verheiratet mit dem, dem Prinz Heinrichschen Hofe zugehörigen Rittmeister von Arnstedt.
    An die Sitte hatte man sich dabei nicht allzu rigorös gebunden, indem bereits vierzehn Tage vor Ablauf der Trauerzeit eine große Hochzeit ausgerüstet worden war, ausgerüstet von niemand Geringerem als dem Prinzen selbst, der bekanntlich eine große Vorliebe für Festlichkeiten hatte. Das war am 16. Dezember 1790 gewesen, und die Frau Baronin von Knyphausen war nun also Frau Rittmeister von Arnstedt.
    Eigentlich war sie jetzt erst an ihrem Platz. An Elliot war sie durch Befehl, an Knyphausen, neben Dank und Liebe, durch die Verhältnisse gekommen; aber zu beiden hatte sie nicht recht gepaßt. Auch zu Knyphausen nicht. Er war ihr zu superior gewesen, zu klug, zu verständig, zu solide. Solche Vorwürfe ließen sich nun dem Rittmeister nicht machen. Er war hübsch und heiter, ein enfant gaté der Gesellschaft, ein bon camerade, ganz besonders aber kein Kopfhänger, vielmehr umgekehrt immer geneigt einen Scherz zu machen und sich über das Morgen nicht zu grämen, solange nur das Heute noch allenfalls erträglich erschien. Das entsprach ihrer eignen Natur. Vor allem war er weder Schotte noch Ostfriese, sondern ein allermärkischster Märker, der an Preußen und Rheinsberg glaubte, beides für etwas Besonderes hielt, ein Pferd über ein Buch, eine besetzte Tafel über ein Bild oder ein sonstiges Kunstwerk und einen Spieltisch über alles stellte. Das paßte. Nun gab es doch wieder Ausgelassenheiten, und an die Stelle von Elliotscher Eifersucht und Brutalität und nicht minder an die Stelle von Knyphausenscher Krankheit samt Trauer und Krepp (von Krepp, der ihr nicht einmal kleidete) konnte doch nun wieder ein Leben treten, ein Leben, das sich zu leben verlohnte. Sie lachte so gern. Und warum nicht? War sie doch noch jung. Ihr neunundzwanzigster Geburtstag fiel in die Flitterwochen ihrer dritten Ehe.
    So gingen ihre Hoffnungen, und es scheint, daß sie sich erfüllten, obwohl speziell in dem, was ihr Glück ausmachte, die Keime künftigen Unglücks bereits erkennbar waren. Aber ihrem Auge waren sie's nicht, und so wird sich denn von dem ersten Jahrzehnt ihrer dritten (von Arnstedtschen) Ehe wie von einer Reihe glücklicher und beinah ungetrübter Jahre sprechen lassen. Unbedingt waren es die glücklichsten ihres an Wechselfällen so reichen Lebens. Es wurden Kinder geboren, deren man sich freuen konnte, weil sie hübsch waren und gediehen, und der Eitelkeit der Eltern immer neue Nahrung gaben. Aus den Gütern aber mehrten sich die jährlichen Erträge. Dabei verband ein reger und beinah unausgesetzter Verkehr all jene kleinen und großen, über die ganze Grafschaft Ruppin hin ausgestreuten Edelsitze, die damals als die Dependancen und Außenwerke von Rheinsberg gelten konnten, und wenn heute die mit vier Schimmeln bespannte Chaise von Hoppenrade nach Köpernitz im Sande mahlte, so ging es morgen auf Meseberg und den dritten Tag auf Wulkow oder Wustrau zu. Heute war es die schöne Kaphengst, morgen die schöne La Roche-Aymon, der man huldigte, bis sich der Besuchszirkel in dem reichen und gastlichen und deshalb neben Rheinsberg tonangebenden Hoppenrade wieder schloß.
    Eigentliche Festins aber gab es nur dann, wenn der »Prinz« in Person und zwar in formellster Weise seinen Besuch angesagt hatte. Dann galt es, ihn zu »surprenieren«, und dem Meister im Festarrangement wenn nicht gleich, so doch nahezukommen. Und hierin exzellierte Frau von Arnstedt. Eine dieser Feiern lebt noch fort in der Erinnerung der Enkel. An der Granseer Straße hin, eine Viertelmeile südlich von Hoppenrade, zieht sich der

Weitere Kostenlose Bücher