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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der Sommerschule. Man sagt: die Seminaristen der Realschule wären immer solche Kerls von hohem Nagel. Der »Herr« wird ihnen da in Fleisch und Blut verwandelt. Als ich herkam, trug er Manschetten. Ich nicht. Nach Jahr und Tag legte er sie ab. Er wäre der vortrefflichste Rabulist geworden. Chef de parti ist er gern und bei jeder Gelegenheit Rat und Memorialschreiber der Bauern. Die Frau von Wülknitz sagte mal zu mir: »Ich möchte gerne meine Turmuhr abändern lassen. Rekommandieren Sie mir doch jemand.« – »Mein Küster versteht sich darauf.« – »Ach, um Gottes Willen, verschonen Sie mich mit dem Menschen! Ich hab ihn schon hier gehabt. Aber der Kopf hat mir acht Tage von seinem Geschwätz weh getan.« Übrigens warne ich meinen einstigen Nachfolger, wenn er je diese Zeilen liest: alle Leineweber stecken mit dem Küster unter einer Decke.
    1786 am 27. Mai. So hab ich ihn denn erlebt, den Anfang meines sechsundsechzigsten Jahres, nicht frisch und munter, aber doch nicht eigentlich krank oder untätig. Mein Gott, an dich sei mein erster Gedanke und mein bester Dank! Aber nun auch noch eine Bitte: Laß mich, deinen Diener, in Frieden fahren, sobald meine Kräfte nicht mehr hinreichen, meinen ganzen Beruf selbst zu bestreiten. Ich will treu arbeiten, solange ich kann, aber wenn das aufhört, dann gönne mir meine Bitte und erlöse mich von dem Übel dieses Daseins auf einmal!
    28. Mai. Herr Trappiel, Prediger in Marquardt, ist erblindet. Noch schaudert meine ganze Seele! Der Mann, in der ärmsten Lage, der wie ein Tagelöhner arbeitete, dem jede Witterung gleichviel war – er ist blind. Ich höre es, erschrecke und schwimme mit meinem Wagen durch die Wasser des Sipunts nach Marquardt... O Gott, sende ihm Hilfe! Rühre den Patron des Orts; er kann , gib ihm Wollen .
    29. Mai starb der Geheime Rat Stelter; im Zimmer des Königs, beim Vortrage, rührte ihn der Schlag. Er war homme de fortune – aus einem Kammerdiener Geheimer Rat! Doch hat er großes Lob der Geschicklichkeit und Applikation in seinem Posten. Madame und der Kommerzienrat Damm kannten sich genau.
    1787 um Neujahr trat die Fouquésche Familie mit dem Grafen Hordt in Unterhandlung wegen Rückkaufs von Sacrow . Es kam zustande. Auf Johannis war die Übergabe.
    Der Baron von Fouqué war reformiert; Graf Schmettau auch. Die Baronesse lutherisch. Die ersten Jahre ging sie jährlich zweimal zur Kommunion, immer mit der Gemeinde und immer nur als die erste von den Frauenspersonen. In den letzten Jahren war sie sehr freundschaftlich mit mir und den Meinigen.
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Sacrow von 1787 bis 1794
    Der Graf Hordt hatte in Berlin eine reiche Witwe geheiratet, die schon drei Männer und darunter einen Herrn von H. gehabt hatte. Der Sohn dieser Dame, Lieutenant im Regiment Gensdarmes, sollte nun Sacrow bewirtschaften.
    Den sechsten Sonntag Trinitatis hielt ich in Sacrow Abendmahl. Herr von H., der nunmehrige Besitzer, war da, und ich speiste wie gewöhnlich bei ihm. Ein Lieutenant, Herr von Sobbe, vom Regiment Herzog Friedrich, ingleichen ein Frauenzimmer waren auch da. Über Tisch kam eine Amme herein mit einem Kinde. »Es ist mein Sohn«, sagte er. Und nun hätte ich nur fragen dürfen: »Und die Mutter?« Aber ich vermied alle Weitläufigkeit. Es war ein allerliebstes Kind. Das Frauenzimmer wird Mamsell genannt.
    Sonntag, den 15. September, war ich wieder in Sacrow. Traf niemand. Der Lieutenant war abermals des Morgens um acht Uhr weggefahren. Auch war der Graf Hordt zweimal dagewesen, einmal mit seiner Gemahlin. Nach mir hat er nicht gefragt. Des Morgens kommen sie an, besehen sich, essen zu Mittag, fahren wieder ab.
    Weihnachten 87. Den 29. Dezember taufte ich des Küsters Söhnlein. Herr von H. war Gevatter und schickte seinen Jäger. Er kam mit der Mamsell ins Küsterhaus, als wir uns eben zu Tische setzen wollten. Sie blieb, er ging weg; dann kam er noch mal und ließ sie herausrufen. Sie kamen nicht wieder.
    (1788.) Neujahr. Der Herr Lieutenant war da, fuhr aber unter der Kirche ab.
    Sexagesima. Es fiel mir diesmal auf: gerade in der Minute, da ich an dem einen Ende hereinkam, fuhr der Dorfherr zum andern heraus. Seit dem fünfundzwanzigsten Sonntag Trinitatis vorigen Jahres hatte ich ihn nicht gesehen.
    Elften Sonntag Trinitatis hielt ich Abendmahl. Dann ins Schloß. Nebst der Herrschaft war zu Tische Herr Jäger Sonnenberg aus Gatow, cum uxore. Den 4. August fuhr ich nach Döberitz. Unterdes war Herr von H. cum amasia hier gewesen.
    Den

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