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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hatte sie das ganze air de grandesse. Sie sah aus wie die Ernsthaftigkeit selbst. Daher stutzte ich, als sie einst von dem liederlichen Kindleben sagte: »Er war ein allerliebster Mann, sprach gut französisch und konnte einen recht zu lachen machen.« Es heißt, daß die Ehe keine glückliche war. Die fromme Miene hatte sie ganz und besuchte oft den Weinmeister Reuter.
    Seit dieser Beerdigung habe ich den Grafen nicht wieder in Sacrow gesehen. Er war seit des Lentulus Abreise beständig bei dem König und ging 1778 mit zu Felde als Chef eines Freiregiments. Beim Ende des Krieges 1779 verzürnte er sich mit dem König, nahm seinen Abschied, wohnte zu Berlin und verkaufte Sacrow an den Baron von Fouqué, Sohn des berühmten Generals.
    Man muß dem Grafen Hordt die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er das elende Sacrow umgeschaffen hat. Das schöne Wohnhaus, der ganze Plan des Gehöftes, des Gartens und des Dörfleins, alles kommt von ihm her. Wenn ich Sacrow jetzt mit dem von 1750 vergleiche, so kann ich sagen, Sacrow war damals ein Ratzenloch. Hordt kaufte es, wie man sagt, für 15 000 Taler, baute stark, erholte sich in der Heide und verkaufte es an Fouqué für 23 000 Taler, doch inclusive vielen Meublements. Der Gräfin Zimmer blieb in statu quo. Der Graf, wenn er in Sacrow war, lebte sehr eingezogen. In meinen Jahren habe ich keine fremde Seele bei ihm getroffen. Er mochte es nicht überflüssig haben. Gegen mich hat er sich geizig betragen. Nichts von Generosität habe ich von ihm aufzuweisen. Der Schreiber Lüdicke war sein Herz und Werkzeug, tätig und wirtschaftlich, übrigens falsch wie eine Schlange und dumm wie ein Schöps.
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    Diese Aufzeichnungen sind im wesentlichen wörtlich wiedergegeben, nur selten gebot es sich, einzelne Worte, Namen, Sätze fortzulassen oder umgekehrt zur Erklärung einzuschalten. Alles trägt den Stempel des Ernstes, der Wahrheit und absoluter Phrasenlosigkeit. Das letztere führt zu einer gewissen Herbheit; nichts ist beschönigt, das Leben, eignes wie fremdes, gegeben, wie es war. Darin liegt aber, bei manchem ästhetisch Anfechtbaren, auch wieder der Wert dieser Notizen. Sie geben ein Zeit- und Sittenbild aus dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts; die Laxheit des Herrenhauses, die Kümmerlichkeit der Pfarren, beide finden eine gleich treffende Darstellung. ._.
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Sacrow unter Baron Fouqué
von 1779 bis 1787
    Der Graf Hordt hatte keine Kirchenrechnung gehalten, weil er wenig da war. Bei der neuen Herrschaft drang ich oft darauf, aber die Baronesse Fouqué antwortete darauf: »Hat doch der Graf Hordt auch keine gehalten.« – Ich habe in nachstehendem, avec pardon, immer nur von der Baronesse zu sprechen. Dès-lors règne la baronne. Der Gemahl bedeutet wenig. Monsieur le comte de Schmettau est l'aide de l'économie et – du reste.
    1779, in demselben Jahre, in dem die neue Herrschaft nach Sacrow gekommen war, starb in dem benachbarten Kartzow Herr Prediger Woltersdorf. Er war ein Schwätzer, beliebt beim großen Haufen, weil er immer »weiland« und »selig« bei der Hand hatte. Dem Branntwein ergeben bis ans Ende mit vielen Ärgernissen. Seine Witwe wurde Haushälterin beim Baron von Monteton. Sein Nachfolger war Herr Schulte, ein Jüngling voll Eigendünkel, der sich bald beflissen zeigte, unserem Orden große Schande zu machen.
    1780 den 30. November erging an mich Befehl, verschiedene Fragen hinsichtlich der Kirchenländereien mit möglichster Genauigkeit zu beantworten. Dies konnte ich nicht; Kirchenrechnung war nie gewesen. Die Herrschaft war damals in Brandenburg; der Baron hatte sein eigen Haus daselbst, wo sie den Winter zubrachten. Dazu kam, das Kirchenrechnungsbuch war noch beim Grafen Hordt. Wem muß das nicht auffallen! »Wie léger«, würde die Herrschaft ausrufen, wenn unsereiner so etwas täte.
    Zum Gesangbuchstreit . Im selben Jahre 1780, am 1. Dezember, publizierte ich das neue Gesangbuch und kündigte an, daß ich über vierzehn Tage ausführlicher von dieser Sache reden wollte.
    Währenddem entstanden schon allerhand Unruhen in dem orthodoxen Nachbardorf, gestiftet und unterhalten von dem Küster, wie das allerorten der Fall war. Madame Oberamtmann redete von nichts, als daß man wolle »neuen Schmu« machen.
    Inzwischen (am 15.) hielt ich meine Rede über Kolosser 3, 16.
    Bei der Applikation sagte ich unter anderen: »Als König David von den vielen Kriegen, die er führen mußte, zur Ruhe kam, richtete er seine ganze Sorge auf

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