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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der Weinberge hinzieht. Da paßte ich ihm auf, kam wie von ungefähr um die Ecke herum und bat um die Erlaubnis, ihn begleiten zu dürfen. Das Gespräch fing gewöhnlich mit dem Lobe seines Pferdes an; nach und nach kamen wir auf die Materie, die ich zur Sprache bringen wollte. Ich gebe hier eines dieser Gespräche, worin ich ihm, wie schon bei einer früheren Gelegenheit, ein Bündnis mit Frankreich empfahl.
    Ich (Massenbach): ›Preußen muß sich fest mit Frankreich verbinden, wenn es sich nicht unter das russische Joch beugen soll.‹
    Bischofswerder : ›Aber bedenken Sie doch, daß der König mit der Direktorialregierung kein Freundschaftsbündnis errichten kann . Unter den Direktoren befinden sich einige, die für den Tod ihres Königs gestimmt haben. Mit Königsmördern kann kein König traktieren.‹
    Ich : ›Traktieren? Wir haben ja in Basel traktiert. Und gab der staatskluge Mazarin seinem Zögling nicht den Rat, den Königsmörder Cromwell seinen »lieben Bruder« zu nennen? Das Interesse des Staates entscheidet hier allein.‹
    Bischofswerder : ›Man hat keine Garantie. Morgen werden die »Fünf Männer« von ihren Thronen gejagt und nach Südamerika geschickt. Es ist eine revolutionäre Regierung.‹
    Ich : ›Die englische Regierung ist es auch. Georg III. ist nicht nur ein schwacher Mann, er ist weniger als nichts; er ist wahnsinnig... Heute negoziieren wir mit Pitt, morgen ist ein Bute an der Spitze der Angelegenheiten. Die englische Regierung gibt uns auch keine Sicherheit. Wir haben mit der französischen Regierung unterhandelt; wir haben sie anerkannt; wir haben ihr eine diplomatische Existenz gegeben und uns dadurch den Haß aller Mächte zugezogen. Einmal mit diesem Hasse beladen, gehe man noch einen Schritt weiter...‹
    Bischofswerder : ›Sie gehen zu weit, Massenbach. Eine solche Idee dem Könige vorzutragen, kann ich nicht wagen. Auch kann ich Ihrer Meinung nicht beipflichten. Allianz mit Frankreich! Das ist zu früh. Die Dinge in Frankreich haben noch keine Konsistenz.‹«
     
    Dies war im Frühjahr 1796.
    »Die zweite, noch weit eingehendere Unterredung«, so fährt Massenbach fort, »die ich mit Bischofswerder um diese Zeit hatte, bezog sich auf die Neuorganisation des Generalquartiermeisterstabes. Ich bat um die Erlaubnis, ihm meinen Aufsatz über die Notwendigkeit einer › Verbindung der Kriegs- und Staatskunde ‹ vorlesen zu dürfen. Dies geschah denn auch an zwei Abenden, die ich bei Bischofswerder unter vier Augen zubrachte. Er machte, als ich geendet hatte, einige treffende Bemerkungen. Unter andern sagte er folgendes: ›Selbst angenommen, daß dies alles nur politisch-militärische Romane wären, so würde doch die Lektüre derselben den Prinzen des königlichen Hauses ungemein nützlich sein, nützlicher als die Lektüre von Grandison und Lovelace. Die jungen Herren würden dadurch die militärische Statistik unseres Staates und der benachbarten Staaten kennenlernen.‹
    Das Ende meines Aufsatzes«, so schließt Massenbach, »ließ er sich zweimal vorlesen. Er lächelte. Als ich in ihn drang, mir dies Lächeln zu erklären, sagte er: ›Der Generalstab wird, wenn Ihre Idee zur Ausführung kommt, eine geschlossene Gesellschaft , die einen entscheidenden Einfluß auf die Regierung des Staates haben wird. Ihr Generalquartiermeister greift in alle Staatsverhältnisse ein. Sein Einfluß wird größer als der des jetzigen Generaladjutanten. Solange Zastrow der vortragende Generaladjutant ist, wird Ihre Idee nicht ausgeführt werden. Jetzt müssen Sie diese Idee gar nicht zur Sprache bringen. Teilen Sie solche niemandem mit. Die Sache spricht sich herum, und Sie haben dann große Schwierigkeiten zu bekämpfen... Ihren Antrag wegen der Reisen der Offiziere des Generalquartiermeisterstabes will ich gern beim Könige unterstützen.‹« (Dies geschah.)
    Massenbach, der immer Gerechtigkeit gegen Bischofswerder geübt und nur seine Geheimtuerei, sein Sich-verleugnen-Lassen und sein diplomatisch-undeutliches Sprechen, das er »Bauchrednerei« nannte, gelegentlich persifliert hatte, war nach diesen Unterredungen so entzückt, daß er ihre Aufzeichnung mit den Worten begleitet: »Ich gewann den Mann lieb; er erschien mir einsichtsvoll, und ich konnte mich nicht enthalten, ihn zu embrassieren.«
    Wenn nun auch einzuräumen ist, daß der immer Pläne habende Massenbach durch ein solches Eingehen auf seine Ideen bestochen sein mußte, so muß doch auch die nüchternste Kritik, die an diese

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